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beiden jungen Leute stiegen ein.

      »An den bewußten Ort,« sagte der Mann im Wagen zum Kutscher. Und der Wagen ging im Galopp ab, drehte sich am Ende des Pont-Neuf und eilte auf dem Quai de l’Ecole fort.

       XXXIV

      Herr Jackal

      Erzählen wir unsern Lesern, was Salvator Jean Robert zu erzählen nicht für geeignet erachtet hatte. Als er Justin und Jean Robert in der Rue du Faubourg Saint-Jacques verließ, ging Salvator, wie gesagt, nach der Polizei.

      Er gelangte in die abscheuliche Gasse, genannt Rue de Jerusalem, – ein schmaler, kothiger, düsterer Weg, über den die Sonne nur sich verschleiernd hinzieht.

      Salvator trat durch die Thüre der Präfectur mit der leichten, ungezwungenen Manier eines Vertrauten von diesem finsteren Hotel ein.

      Es war sieben Uhr Morgens, das heißt kaum Dämmerung.

      Der Concierge hielt ihn an.

      »He! mein Herr!« rief er ihm zu: »wohin gehen Sie? . . . He! mein Herr!«

      »Nun? Versetzte Salvator, indem er sich umwandte.

      »Ah! verzeihen Sie, Herr Salvator, ich erkannte Sie nicht,« sagte der Concierge.

      Und er fügte lachend bei:

      »Das ist Ihre Schuld: Sie sind gekleidet wie ein Herr!«

      »Ist Herr Jackal schon in seinem Bureau? Fragte Salvator.

      »Das heißt, er ist noch dort, er ist dort über Nacht gewesen.«

      Salvator durchschritt den Hof, ging unter das der Thüre gegenüberliegende Gewölbe, betrat eine kleine Treppe links, stieg zwei Stockwerte hinauf, kam in einen Corridor und fragte den Huissier nach Herrn Jackal.

      »Er ist in diesem Augenblicke sehr beschäftigt.« erwiderte der Hussier.

      »Sagen Sie ihm, Salvator, der Commissionär der Rue aux Fers, sei da.«

      Der Huissier verschwand durch eine Thüre und kam sogleich wieder zurück.

      »Ja zehn Minuten gehört Herr Jackal Ihnen.«

      Einen Moment nachher öffnete sich wirklich die Thüre wieder, und ehe man Jemand sah, hörte man eine Stimme rufen:

      »Suchet die Frau! bei Gott! suchet die Frau!«

      Dann erschien der Mann, dessen Stimme man gehört.

      Unternehmen wir es, das Portrait von Herrn Jackal zu zeichnen.

      Es war ein Mann von ungefähr vierzig Jahren, mit übermäßig langem, magerem, dünnem, nach dem Ausdrucke der Naturforscher, wurmförmigen Halse und dabei mit kurzen, nervigen Beinen.

      Sein Körper offenbarte Geschmeidigkeit; seine Beine bezeichneten Behendigkeit.

      Der Kopf schien zugleich allen Klassen der Ordnung der fleischfressenden, auf den Zehen gehenden Thiere anzugehören: das Haar, oder die Mähne, oder das Fell, wie man will, war gräulich fahl; die langen, am Kopfe emporgespitzten und mit Haaren versehenen Ohren glichen denen des Jaguars; am Abend in Gelb, am Tage in Grün spielend, hielten die Augen die Mitte zwischen denen des Luchses und denen des Wolfes; senkrecht verlängert und der der Katze ähnlich, zog sich die Pupille zusammen oder erweiterte sich, je nach dem Grade von Dunkelheit oder Licht, in dem sie operierte; die Nase und das Kinn, die Schnauze, wollen wir sagen, war zugespitzt wie die eines Windhundes.

      Der Kopf eines Fuchses und der Leib eines Iltisses.

      Die Beine, von denen wir ein Wort gesagt haben, deuteten übrigens an, dieser Mensch könne, den Mardern ähnlich, überallhin schlüpfen und durch die kleinsten Oeffnungen passieren, vorausgesetzt, daß der Kopf einzudringen vermöge.

      Die ganze Physiognomie offenbarte, wie die des Luchses, List, Schlauheit, Feinheit; man fühlte, daß Herr Jackal, der nächtliche Jäger der Kaninchen und der Hühner, sein Dickicht in der Rue de Jerusalem, um auf die Jagd zu geben, nur bei Einbruch der Nacht verlassen konnte.

      Er blinzelte mit den Augen und erblickte im Halbschatten des Corridors denjenigen, welchen man ihm gemeldet hatte.

      »Ah! Sie sind es, Herr Salvator?« sagte er, indem er mit großem Eifer auf ihn zuging. »Was verschafft mir das Vergnügen, Sie so frühe am Morgen zu sehen?«

      »Man hat mir gesagt, mein Herr, Sie seien sehr beschäftigt,« antwortete Salvator, der mit großer Mühe den Widerwillen, den ihm der Polizeimann einflößte, zu überwinden schien.

      »Das ist wahr, mein lieber Herr Salvator; doch Sie wissen wohl, daß es keine Beschäftigung gibt, die ich nicht auf der Stelle verlasse, um das Vergnügen zuhaben, mit Ihnen zu plaudern.«

      »So treten wir in Ihr Cabinet ein,« sagte Salvator, ohne auf die complimentöse Phrase von Herrn Jackal zu antworten.

      »Das ist unmöglich; ich habe zwanzig Personen, die auf mich warten.«

      »Haben Sie mit diesen zwanzig Personen lange zuthun?«

      »Ungefähr zwanzig Minuten: eine Minute für die Person. Ich muß um neun Uhr im Bas-Meudon sein.«

      »Im Bas-Meudon?«

      »Ja.«

      »Was Teufels wollen Sie dort machen?«

      »Eine Erstickung constatiren.«

      »Eine Erstickung?«

      »Zwei junge Leute, die sich das Leben genommen haben, ja . . . Der Aeltere von beiden ist vierundzwanzig Jahre alt, wie es scheint.«

      »Arme junge Leute!« sagte Salvator mit einem Seufzer.

      Dann-zur Sache von Justin zurückkehrend:

      »Teufel! es ist mir höchst ärgerlich, daß ich Sie nicht bequem sprechen kann; ich hatte Ihnen etwas sehr Ernstes mitzutheilen.«

      »Eine Idee . . . «

      »Nun?«

      »Ich fahre und bin allein in meinem Wagen; kommen Sie mit mir: Sie werden mir Ihren Fall unter Weges erzählen. Mit zwei Worten, um was handelt es sich?«

      »Um eine Entführung.«

      »Suchet die Frau!«

      »Beim Teufel! das ist es, was wir suchen.«

      »Oh! Nein, nicht die entführte Frau.«

      »Welche denn?«

      »Die welche die Andere entführen läßt.«

      »Sie glauben, es stecke eine Frau dahinter?«

      »Es ist eine Frau bei Allem, Herr Salvator: das ist es, was unser Handwerk so schwierig macht . . . Gestern meldet man mir, ein Decker habe vom Dache fallend das Leben eingebüßt.«

      »Sie haben gesagt: ›Suchet die Frau!«

      »Das war das Erste, was ich sagte.«

      »Nun?«

      »Sie spotteten über mich; sie behaupteten, ich habe die verrückte Gewohnheit, so zu antworten! Man sucht die Frau, und man findet sie.«

      »Gut! wie dies?«

      »Der Bursche hatte sich umgedreht, um eine Frau zu sehen, die sich in einer Mansarde gegenüber ankleidete, und, bei meiner Treue! er fand so viel Vergnügen an der Anschauung, daß er nicht mehr darauf Acht gab, wo er war; der Fuß glitscht ihm aus, und plumps, daliegt er!«

      »Er ist todt?«

      »Er war mausetodt, der Dummkopf! . . . Nun! Ist das beschlossen, kommen Sie mit mir nach dem Bas-Meudon?«

      »Ja, doch ich habe einen Freund.«

      »Es sind vier Plätze im Wangen. – Fargeau,« sagte Herr Jackal zum Huissier, »lassen Sie anspannen.«

      »Ich muß zuvor nach der Rue Triperet gehen und werde von dort zurückkommen.«

      »Ich gebe Ihnen eine halbe Stunde.«

      »Wo werden wir uns wiederfinden?«

      »Rendez-vous bei der Statue Heinrich

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