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Brocken Wahrheit zu ziehen, mit dessen Hilfe er eine gute, große Lüge zusammensetzen könnte.

      »Ja, ja,« sagte der Herzog, »aber wir wollen frühstücken, wenn es Euch gefällig ist. Ihr erzählt uns Eure Liebschaft während des Frühstücks. Francinette, ein Gedeck für Herrn von Canolles. Ihr habt hoffentlich noch nicht gefrühstückt Kapitän?«

      »Nein, Monseigneur, und ich gestehe sogar, daß die frische Morgenluft meinen Appetit wunderbar geschärft hat.«

      »Sagt die Nachtlust, schlimmer Mann,« versetzte der Herzog; »denn seit gestern lauft Ihr auf der Landstraße umher.«

      »Meiner Treu,« sprach Cauvignac ganz leise, »der Schwager hat es richtig errathen. Nun, es sei, ich gestehe, die Nachtluft.«

      »Wohl,« sagte der Herzog, reichte Nanon den Arm und ging von Cauvignac gefolgt, in den Speisesaal. »Hier findet Ihr hoffentlich hinreichend Stoff, um Euren Appetit zu befriedigen, so gut er auch beschaffen sein mag.«

      Biscarros hatte sich wirklich selbst übertroffen. Die Gerichte waren nicht zahlreich, aber ausgesucht. Der gelber-Wein von Guienne und der rothe Wein von Burgund fielen wie Perlen von Gold und Cascaden von Rubinen aus der Flasche.

      Cauvignac schlang.

      »Dieser Junge arbeitet auf das Anmuthigste,« sagte der Herzog. »Aber Ihr, Nanon, eßt Ihr nicht?«

      »Monseigneur, ich habe seinen Hunger.«

      »Die liebe Schwester,« rief Cauvignac. »Und wenn ich bedenke, daß das Vergnügen, mich zu sehen, ihr den Appetit benommen hat! In der That, ich bin ihr böse, daß sie mich in diesem Grade liebt.«

      »Dieses Hühnerflügelchen,« sagte der Herzog.

      »Für meinen Bruder, Monseigneur,« erwiederte die junge Frau, welche sah, wie sich der Teller von Cauvignac mit einer furchtbaren Geschwindigkeit leerte, und die Wiederkehr seiner Spöttereien nach dem Verschwinden der Speisen befürchtete.

      Cauvignac bot seinen Teller mit dem dankbarsten Lächeln. Der Herzog legte den Flügel auf den Teller, und Cauvignac setzte seinen Teller vor sich.

      »Was macht Ihr Gutes, Canolles?« sprach der Herzog mit einer Vertraulichkeit, welche Cauvignac als ein bezauberndes Vorzeichen erschien. »Wohl verstanden, ich spreche nicht von der Liebe.«

      »Sprecht im Gegentheil davon, Monseigneur, thut Euch keinen Zwang auf,« sagte der junge Mann, welchem der Medoc und der Chambertin, durch auf einander folgende und gleiche Dosen zusammengefügt, die Zunge zu lösen anfingen.

      »Oh! Monseigneur, er versteht sehr gut einen Spaß,« sagte Nanon.

      »Wir können ihn also auf das Kapitel von dem kleinen Edelmann bringen?« fragte der Herzog.

      »Ja;« sagte Nanon, »von dem kleinen Edelmann, den Ihr gestern Abend getroffen habt.«

      »Ah! ja, auf meinem Wege,« sprach Cauvignac.

      »Und dann im Gasthause von Meister Biscarros,« fügte der Herzog bei.

      »Und dann in dem Gasthause von Meister Biscarros,« versetzte Cauvignac. »Das ist meiner Treue wahr!«

      »Ihr seid ihm also wirklich begegnet?« fragte Nanon.

      »Diesem kleinen Edelmann? Ja.«

      »Wie sah er aus? Laßt hören, sagt es mir offenherzig.«

      »Meiner Treue,« versetzte Cauvignac, »es war ein reizendes Männchen, blond, schlank, zierliche.«

      »So ist es,« sprach Nanon, sich in die Lippen beißend.

      »Und Ihr seid verliebt in ihn?«

      »In wen?«

      »In den blonden, kleinen, schlanken, zierlichen Edelmann.«

      »Oho! Monseigneur! Was wollt Ihr damit sagen?« rief Cauvignac.

      »Tragt Ihr immer noch den kleinen perlgrauen Handschuh an Eurem Herzen?« fuhr der Herzog lachend fort.

      »Den kleinen perlgrauen Handschuh?«

      »Ja, den welchen Ihr gestern Abend so leidenschaftlich berochet und küßtet.«

      Cauvignac verstand nichts von Allem dem.

      »Den Handschuh, der Euch den Betrug, die Me-ta-mor-pho-se (der Herzog legte auf jede Sylbe einen Nachdruck) errathen ließ.«

      Cauvignac begriff aus diesem einzigen Worte Alles.

      »Ah!« rief er, »der Edelmann war also eine Frau? Bei meinem Ehrenworte! ich vermuthete es.«

      »Es unterliegt keinem Zweifel mehr,« murmelte Nanon.

      »Gebt mir doch zu trinken,« meine Schwester,« sagte Cauvignac. »Ich weiß nicht, wer die Flasche geleert hat, welche vor mir steht, er es ist nichts mehr darin.«

      »Nun, nun,« rief der Herzog, »da gibt es Mittel; denn seine Liebe hindert ihn nicht zu essen und zu trinken, und die Angelegenheiten des Königs werden nicht darunter leiden.«

      »Die Angelegenheiten des Königs darunter leiden! Nie! Die Angelegenheiten des Königs vor allen Dingen. Die Angelegenheiten des Königs, das ist heilig! Aus die Gesundheit Seiner Majestät, Monseigneur!«

      »Man kann also auf Eure Ergebenheit zählen, Baron?«

      »Auf meine Ergebenheit für den König!«

      »Ja.«

      »Ich glaube wohl, daß man darauf zählen kann. Ich würde mich für ihn in Stücke hauen lassen.«

      »Und das ist ganz einfach,« sprach Nanon, welche befürchtete, Cauvignac könnte in seiner Begeisterung für den Medoc und den Chambertin die Person vergessen, deren Rolle er spielte, um in seine eigene Individualität zurückzufallen, »und das ist ganz einfach, Seid Ihr nicht durch die Güte des Herrn Herzogs Kapitän im Dienste Seiner Majestät?«

      »Ich werde es nie vergessen,« sprach Cauvignac mit einer thränenreichen Rührung, während er die Hand auf sein Herz legte.

      »Wir werden es noch besser machen, Baron, wir werden es in der Zukunft besser machen.«

      »Ich danke, Monseigneur, ich danke.«

      »Und wir haben bereits angefangen.«

      »Wirklich!«

      »Ja, Ihr seid zu schüchtern, mein junger Freund,« versetzte der Herzog von Epernon. »Wenn Ihr einer Protection bedürft, wendet Euch an mich; nun, da es unnöthig ist, Umwege zu machen, nun, da Ihr Euch nicht mehr zu verbergen braucht, nun, da ich weiß, daß Ihr der Bruder von Nanon seid . . .«

      »Monseigneur,« rief Cauvignac, »ich werde mich fortan unmittelbar an Euch wenden.«

      »Ihr versprecht es mir?«

      »Ich gelobe es.«

      »Ihr werdet wohl daran thun. Indessen soll Euch Eure Schwester erklären, um was es sich handelt. Sie hat Euch einen Brief von mir zu übergeben. Vielleicht liegt Euer Glück in der Botschaft, die ich Euch auf ihre Empfehlung anvertraue. Nehmt den Rath Eurer Schwester, nehmt ihn, junger Mann, nehmt ihren Rath, es ist ein guter Kopf, ein ausgezeichneter Geist, ein edles Herz; liebt Eure Schwester, Baron, und Ihr könnt meiner Gunst versichert sein.«

      »Monseigneur,«« rief Cauvignac, »meine Schwester weiß, wie sehr ich sie liebe, und daß ich nichts Anderes wünsche, als sie glücklich, mächtig und reich zu sehen . . .«

      »Diese Wärme gefällt,mir,« sagte der Herzog. »Bleibt also bei Nanon, während ich mich mit einem gewissen Burschen beschäftigte. Doch bei dieser Gelegenheit Baron,« fuhr der Herzog fort, »Ihr könntet mir vielleicht Auskunft über diesen Banditen geben?«

      »Gern,« antwortete Cauvignac, »nur muß ich wissen, von welchem Banditen Monseigneur spricht; es gibt viele und aller Art zur Zeit.«

      »Ihr habt Recht; aber dieser ist einer von den Unverschämtesten, welche mir je vorgekommen sind.«

      »Wirklich!« rief Cauvignac.

      »Denkt Euch, daß mir dieser Elende für den Brief, den Eure Schwester gestern an Euch schrieb und den er sich

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