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Thüre, die Köchinnen der Küche, der Stallknecht im Stall, riefen alle nach:

      »Hoch lebe der große Präsident Minard!«

      »Dank, meine Freunde, Dank!« sagte der Präsident mit salbungsvoller Stimme, »Dank! Aber zwei Männer, zwei große Männer, zwei Prinzen haben auch ein Recht auf diese Lobsprüche, die Ihr an mich verschwendet: ohne sie, ohne ihre Unterstützung, ohne ihren Einfluß, würde ich diesen glorreichen Handel niemals zu Ende geführt haben. Diese beiden Männer, meine Freunde, sind der Herzog von Guise und Seine Eminenz der Cardinal von Lothringen. Nachdem Ihr auf meine Gesundheit getrunken, meine Freunde, laßt uns auch auf die ihrige trinken, und möge Gott diesen beiden großen Staatsmännern ein langes Leben schenken!«

      Man brachte die Gesundheit des Herzogs von Guise und des Cardinals von Lothringen aus; aber Frau Minard bemerkte, daß ihr huldreicher Gemahl das Glas kaum mit seinen Lippen berührte und es wieder auf den Tisch stellte, während irgend eine Erinnerung wie eine Wolke über seinen Kopf hinzog und mit ihrem Schatten seine Stirne verdüsterte.

      »Was habt Ihr mein Lieber?« fragte sie, »und woher kommt diese plötzliche Traurigkeit?«

      »Ach!« sagte der Präsident, »es gibt keinen vollständigen Triumph, keine ungemischte Freude! Eine melancholische Erinnerung drängt sich nur auf.«

      »Und welche melancholische Erinnerung kann sich Euch im schönsten Augenblick Eures Triumphes aufdrängen, theurer Gemahl?« fragte die Präsidentin.

      »Im Augenblick, als ich auf ein langes Leben für Herrn von Guise und seinen Bruder trank, fiel es mir ein, daß gestern ein Mensch ermordet worden ist, welchen sie an mich abzusenden mir die Ehre erwiesen.

      »Ein Mensch!« rief die Familie

      »Das heißt ein Canzleischreiber,« versetzte Minard.

      »Wie! Einer Eurer Canzleischreiber ist gestern ermordet worden.«

      »Ach mein Gott, ja.«

      »Wirklich?«

      »Ihr kennt doch Julian Fresne?« fragte der Präsident Minard.

      »Julian Fresne?« rief ein Verwandter, »ja, Wir kennen ihn allerdings.«

      »Ein eifriger Katholik,« sagte ein Zweiter.

      »Ein sehr rechtschaffener Mann,« bemerkte ein Dritter.

      »Ich habe ihn gestern in der Rue Barre-du-Bec getroffen, als er gerade aus dem Hotel Guise kam und, wie er mir sagte, nach dem Palais gehen wollte.«

      »Nun wohl, Das ist es gerade: er wollte dem Herrn Cardinal von Lothringen aus Auftrag seines Bruders, des Herzoge von Guise, eine Depesche überbringen, die mir mitgetheilt werden sollte. und da wurde er in der Nähe der Notre-Damebrücke ermordet.«

      »Oh!« rief die Präsidentin, »welch ein Gräuel!«

      »Ermordet!« wiederholte die Familie im Chor, »ermordet! Abermals ein Märtyrer!«

      »Man hat doch wenigstens den Mörder verhaftet?« fragte die Präsidentin ihren Gemahl.

      »Man kennt ihn nicht«« antwortete Dieser.

      »Man hat doch Vermuthungen?« fragte die Präsidentin.

      »Man hat sogar Gewißheiten.«

      »Gewißheiten?«

      »Ja; wer soll es anders sein, als ein Freund von Dubourg?«

      »Ganz gewiß ist es ein Freund von Dubourg,« wiederholte die ganze Familie; »wer soll es bei Gott anders sein, als ein Freund von Dubourg?«

      »Hut; man Jemand verhaftet?« fragte die Präsidentin.

      »Ungefähr hundert Personen; ich selbst habe mehr als dreißig bezeichnet.«

      »Man müßte sehr Unglück haben,« sagte eine Stimme, »wenn sich der Mörder nicht unter diesen hundert Personen vorfinden sollte.«

      »Wenn er nicht darunter ist,« erklärte der Präsident, »so wird man noch hundert andere, ja noch zwei oder dreihundert verhaften.«

      »Die Schurken!« meinte ein achtzehnjähriges Fräulein, »man sollte sie Alle zusammen verbrennen.«

      »Man denkt daran,« antwortete der Präsident, »und der Tag, wo man den massenhaften Tod der Protestanten beschlossen haben wird, wird ein schöner Tag für mich sein.«

      »Oh welch ein rechtschaffener Mann Ihr seid, mein Gemahl!« sagte die Präsidentin mit Thränen in den Augen.

      Die beiden Töchter des Herrn Minard begannen ihren Vater zu küssen.«

      »Und weiß man, was der Brief des Herzogs enthielt?« fragte die Präsidentin.

      »Nein,««antwortete Minard, »gerade das hat den Hof heute so lebhaft beschäftigt; aber man wird es morgen erfahren, da der Herr Cardinal von Lothringen heute Abend seinen erlauchten Bruder besuchen wird.«

      »Der Brief ist also gestohlen worden?«

      »Ohne Zweifel, und es ist sogar wahrscheinlich, daß der arme Julian Fresne blos deswegen er mordet wurde, weil er Ueberbringet dieses Briefes war. Nachdem der Mörder sich desselben bemächtigt und die Flucht ergriffen, hat man Bogenschützen ausgeschickt, um auf ihn zu fahnden. Die ganze Schaarwache und sämmtliche Mannschaft des Herrn von Monchy sind heute früh auf den Beinen; aber diesen Abend um fünf Uhr hatte man noch keine Nachrichten.«

      In diesem Augenblick trat eine Dienerin ein und meldete Herrn Minard, daß ein Unbekannter als Ueberbringer des Briefs, der gestern Abend Julian Fresne durch einen Mörder entwendet worden« ihn augenblicklich zu sprechen verlange.

      »Oh, laßt ihn sogleich hereinkommen!« rief der Präsident strahlend vor Freude. »Gott belohnt meinen Eifer für seine heilige Sache, indem er diese kostbare Depesche in weine Hände fallen läßt.«

      Fünf Minuten nachher führte die Dienerin den Unbekannten ein, und Herr Minard sah einen jungen Manns von vier- bis fünfundzwanzig Jahren mit rothen Haaren, blondem Bart, lebhaftem eindringlichem Blick und blassem Gesichte. Auf die Einladung des Präsidenten setzte er sich auf der andern Seite des Tisches ihm gegenüber.

      Es war derselbe junge Mann, der, als er sich auf dem Ufer zurückzog, zu den Mördern seines Freundes Medardus gesagt hatte, man würde vielleicht eines Tags von ihm hören.

      Es war Robert Stuart.

      Der junge Mann hatte, bevor er sich setzte, höflich und mit einem Lächeln auf den Lippen die ganze Gesellschaft begrüßt; dann hatte er einen Stuhl genommen, so daß er den Präsidenten vor und die Thüre hinter sich hatte.

      »Mein Herr,« sagte Robert Stuart, indem er sich an den Präsidenten selbst wandte, »ich habe doch wohl die Ehre mit dem Herrn Präsidenten Anton Minard zu sprechen?«

      »Ja wohl, mein Herr, gewiß,« antwortete der Präsident sehr erstaunt darüber, daß man in der Phosiognomik Ignorant genug sein könne, um nicht auf seinem Gesicht zu lesen, daß nur er allein der berühmte Minard sein könne und wirklich sei. »Ja, mein Herr, ich bin der Präsident Minard.«

      »Seht gut, mein Herr,« fuhr der Unbekannte fort, »und wenn ich diese Frage an Euch gerichtet habe, die Euch auf den ersten Blick indiscret erscheinen könnte, so werdet Ihr aus der Folge er sehen, daß ich dieß blos that, weil ich durchaus jede Verwechslung zu vermeiden wünsche.«

      »Um was handelt es sich, mein Herr?« fragte der Beamte. »Man hat mir gesagt, daß Ihr Mir die Depesche zu übergeben wünschet, welche der unglückliche Julian Fresne bei sich trug, als er ermordet wurde.«

      »Man ist vielleicht etwas zu weit gegangen, mein Herr,« sagte der junge Mann mit unendlicher Höflichkeit »wenn man Euch meldete, daß ich Euch diese Depesche überreichen würde. Ich habe in dieser Beziehung Nichts versprochen, und ich werde sie Euch geben oder auch behalten, je nachdem Ihr mir eine Frage beantwortet, die ich an Euch zu stellen die Ehre haben werde: Ihr begreift, mein Herr, daß ich, um in den Besitz eines so wichtigen Papieres zu kommen, mein Leben riskiren mußte Man riskirt sein Leben nicht, wenn man nicht ein großes Interesse dabei hat, das wißt Ihr, der Ihr im menschlichen Herzen zu lesen gewohnt seid, Recht wohl. Damit also auch hierüber kein

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