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bitte Eure Hoheit aufrichtigst um Entschuldigung.«

      »Es ist wahrhaftig nicht der Mühe werth, Herzog,« sagte der letztangekommene Gast in einem ungezwungenen überlegenen Ton, der bei ihm zur Gewohnheit geworden war. »Und durch welchen Zufall befindet Ihr Euch hier? Ich glaubte Euch in Eurer Grafschaft Nanteuil.«

      »Ich komme wirklich davon her, Prinz.«

      »Ueber St. Denis?«

      »Wir haben einen Abstecher nach Gonesse gemacht, um im Vorbeigehen die Landimesse mitanzusehen.«

      »Ihr, Herzog! Das könnte man etwa mir hingehen lassen, da mein Leichtsinn, Dank meinen Freunden, sprichwörtlich zu werden anfängt. Aber wie kann der ernste, der strenge Herzog von Guise von seinem Wege abgehen, um ein Studentenfest mitanzusehen?«

      »Ich bin auch nicht auf diese Idee gekommen, Prinz ich reiste mit dem Marschall von St. André, und seine Tochter, meine Pathin Charlotte, eine Kleine, die ihre Capricen hat, wollte sehen, was diese berühmte Landimesse eigentlich sei; dann aber wurden wir von dem Regen überrascht und haben hier eingestellt.«

      »Der Marschall ist also hier?« fragte der Prinz.

      »Da ist er,« sagte der Herzog, indem er die beiden Personen zum Vorschein kommen ließ, welche der Prinz zwar im Halbschatten bemerkt hatte, aber ohne ihre Züge zu erkennen. Der Marschall machte eine Anstrengung und stand auf, indem er sich auf seinen Lehnstuhl stützte.

      »Marschall,« sagte der Prinz, auf ihn zugehend, »entschuldigt mich, daß ich Euch nicht erkannt habe; aber außerdem, daß dieser Saal dunkel wie ein Keller oder vielmehr dieser Keller düster wie ein Gefängniß ist, hat mich der Regen dermaßen geblendet, daß ich, wie der Herr Herzog, im Stande wäre einen Edelmann mit einem Bauern zu verwechseln. Glücklicherweise, mein Fräulein,« fuhr der Prinz gegen das junge Mädchen fort, das er mit Bewunderung anschaute, »glücklicherweise stellt sich meine Sehkraft allmählig wieder ein und ich beklage von ganzem Herzen die Blinden denen es nicht vergönnt ist ein Gesicht wie das Eurige betrachten zu dürfen.«

      Dieses vom Zaun gerissene Compliment trieb die Röthe in die Wangen des Mädchens. Sie schlug ihre Augen auf, um den Mann anzusehen, der ihr vielleicht die erste Schmeichelei gesagt, die sie sei empfangen hatte; aber sie senkte sie sogleich wieder, weil die Blitze aus den Augen des Prinzen sie blendeten.

      Wir wissen nicht, welcher Art ihr Eindruck war, aber gewiß war er voll Lieblichkeit und Zauber, denn ein junges Mädchen von vierzehn Jahren konnte nicht wohl ein einnehmenderes Gesicht zu sehen bekommen, als diesen Cavalier von neunundzwanzig Jahren, den man Prinz nannte und mit dem Titel Hoheit begrüßte

      Ludwig I. von Bourbon, Prinz von Condé, war in der That ein vollendeter Cavalier.

      Geboten am 7. Mai 1530, ging er zur Zeit, wo diese Erzählung beginnt, in sein dreißigstes Jahr.

      Er war eher klein als groß, aber von bewundernswürdiger Taille. Seine kastanienbraunen Haare, die kurz geschnitten waren beschatteten glänzende Schläfe, worin ein Phrenolog unserer Zeit alle Beulen der höchsten Intelligenz gefunden haben würde. Seine Augen, blau wie Lasurstein, drückten eine unaussprechliche Sanftmuth und Zärtlichkeit aus, und hätten nicht dichte Brauen diesem Gesicht einigermaßen eine Härte gegeben, die ein blonder Bart noch milderte, so hätte man den Prinzen für einen schönen Studenten gehalten, der ganz frisch aus dem Mutterhaus käme. Gleichwohl trug dieses prächtige, gleich dem Azur des Himmels, helle Auge manchmal ein Gepräge trotziger Energie, so daß die Schöngeister jener Zeit es mit einem Flusse verglichen« der ruhig sei, je nach den Strahlen, die ihn beleuchten, aber furchtbar, je nach den Stürmen, die ihn aufregen. Mit einem Wort, er trug auf seinem Gesicht seinen vorherrschenden Character, d. h. Physischen Muth und Liebesbedürfniß, beide auf den höchsten Grad getrieben.

      Ja diesem Augenblick beleuchtete sich die Wirthsstube in Folge der geschlossenen Thüre und des im Herd flammenden Feuers mit phantastischen Scheinen, die capriciös auf die beiden Gruppen im rechten und im linken Winkel fielen; überdieß fielen zwischen den obern Oeffnungen von Zeit zu Zeit Blitze herein, welche auf die Gesichter einen bläulichen Wiederschein warfen, wodurch selbst die Jüngsten und Lebenskräftigsten das Ansehen von Bewohnern einer andern Welt erhielten. Dieser Eindruck war so stark, daß er selbst den Wirth ergriff. Als er sah, daß, obschon es kaum sieben Uhr war, die Nacht schon gänzlich hereingebrochen schien, zündete er eine Lampe an und stellte sie auf den Kaminmantel über der Gruppe des Prinzen von Condé des Herzogs von Guise, des Marschalls von St. André und seiner Tochter.

      Der Regen nahm nicht nur nicht ab, sondern wurde immer stärkere an eine Weiterreise war also nicht zu denken. Ueberdieß kam zu dem Regen noch vom Fluß her ein so furchtbarer Wind, daß die Fensterläden gegen die Mauer schlugen und das Haus selbst vom Gipfel bis zu seiner Grundlage zitterte. Wäre die Kutsche auf der Straße gewesen, so würde sie ohne allen Zweifel vom Sturm fortgeweht worden sein: die Reisenden beschlossen also im Wirthshaus zu bleiben, so lange dieser entsetzliche Orkan dauern würde.

      Auf einmal hörte man mitten in diesem schrecklichen Tumult der Elemente, während der Regen auf die Köpfe herabrieselte, die Läden gegen die Mauer schlugen, die Ziegel vorn Dach herabgeweht wurden und auf der Erde zerbrachen, an die Thüre klopfen, und eine ächzende Stimme wiederholte in einem Ton, der jedes mal schwächer wurde.

      »Oeffnet! Öffnet! im Namen unseres Herrn und Heilandes, öffnet!«

      Der Wirth, der an die Ankunft eines neuen Reisenden glaubte, hatte sich, als er klopfen hörte, schnell aufgemacht, um die Thüre zu öffnen; aber als er die Stimme erkannte, blieb er mitten im Saal stehen und sagte kopfschüttelnd:

      »Du täuschest Dich in der Thüre, alte Hexe. Nicht hier mußt Du klopfen, wenn Du willst, daß man Dir öffnen soll.«

      »Oeffnet, Herr Wirth,« wiederholte dieselbe klagende Stimme; »es ist eine wahre Sünde ein armes altes Weib bei solchem Wetter draußen zu lassen.«

      »Kehre Deinen Besenstiel nach einer andern Seite, Du Teufelsbraut,« antwortete der Wirth durch die Thüre hindurch; »die Gesellschaft hier ist zu vornehm für Dich.«

      »Und warum?« fragte der Prinz von Condé, den die Hartherzigkeit des Wirthes empörte, »warum öffnest Du dieser armen Frau nicht?«

      »Weil sie eine Hexe ist, Euer Hoheit, die Hexe von Andilly, eine alte Halunkin, die man des Exempels wegen mitten auf der Ebene von St. Denis verbrennen sollte, weil sie von Nichts als Wunden und Beulen träumt, Nichts als Hagel und Donner prophezeit. Ich bin überzeugt, daß sie sich an irgend einem armen Bauern gerächt haben wird und daß sie an diesem verfluchten Wetter Schuld ist.«

      »Herr oder nicht«« sagte der Prinz, »auf, öffne ihr. Es ist nicht erlaubt ein menschliches Geschöpf bei einem solchen Sturm vor der Thüre zu lassen.«

      »Da Euer Hoheit es wünscht,« sagte der Wirth, »so will ich dieser alten Ketzerin öffnen; aber ich wünsche nur daß Euer Hoheit es nicht bereuen möge, denn es geschieht überall ein Unglück, wo sie hinkommt.«

      Der Wirth, der trotz seines Widerwillens gehorchen mußte, öffnete die Thüre, und nun sah man eine alte Frau mit zerzausten fliegenden grauen Haaren hereintreten oder vielmehr hereinfallen. Sie trug ein ganz zerrissenes rothes Wollkleid und einen großen Mantel, der sich im selben Zustand wie das Kleid befand und bis aus ihre Ferse hinabreichte.

      Der Prinz von Condé trat trotz seiner prinzlichen Würde vor, um der Hexe ausstehen zu helfen, denn er war das beste Herz von der Welt. Aber der Wirth warf sich dazwischen, stellte die Alte wieder auf ihre Beine und sagte zu ihr:

      »Dann dem Herrn Prinzen von Condé, Hexe, denn ohne ihn hätte ich Dich, das darfst Du mir glauben, zum Wohl der Stadt und ihrer Umgegend vor der Thüre crepiren lassen.«

      Die Hexe ging ohne zu fragen, wer der Prinz sei, gerade auf ihn zu, kniete nieder und küßte den Saum seines Mantels.

      Der Prinz ließ einen Blick voll innigen Mitleids auf das arme Geschöpf fallen.

      »Wirth,« sagte er, »gib dieser armen Frau einen Krug Wein und zwar von Deinem besten. Geh, trink ein wenig, Alte,« fuhr er fort, »das wird Dich wärmen.«

      Die Alte setzte sich. an

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