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Menalkes der umliegenden Dörfer Gesangskämpfe vorzuschlagen? Niemand. Sicherlich hatte Pitou mehr als einmal auf dem Chor gesungen, und wenn er nicht von dem Abbé Fortier, der ihn sogleich mit seiner gewöhnlichen Strenge der Würde als Chorknabe entsetzte, beim Austrinken des Weines der Meßkännchen ertappt worden wäre, so konnte ihn dieses Talent weit führen. Er verstand es allerdings nicht, die Hirtenflöte zu blasen, aber er wußte in allen Tonarten das Röhrchen zu spielen, was sich ungemein gleichen mußte. Er schnitt zwar seine Flöte nicht selbst aus Röhren von ungleicher Größe, aber aus Zweigen vom Lindenbaum und vom Kastanienbaum machte er Pfeifen, deren Vollkommenheit ihm den Beifall seiner Kameraden eintrug. Pitou konnte also Schäfer sein, ohne sich zu sehr herabzuwürdigen; er stieg zu diesem in neuerer Zeit schlecht geschätzten Stande nicht herab, er hob ihn vielmehr zu sich hinauf.

      Überdies waren die Schäfereien unter die Leitung von Mademoiselle Billot gestellt, und Befehle aus dem Munde Katharinens erhalten, hieß nicht Befehle erhalten.

      Doch Katharine wachte ihrerseits über der Würde von Pitou.

      Als an demselben Abend der junge Mann auf sie zutrat und sie fragte, um welche Stunde er abgehen müsse, um mit den Schäfern zusammenzutreffen, antwortete Katharine lächelnd:

      »Sie werden nicht abgehen.«

      »Warum nicht?« fragte Pitou erstaunt.

      »Ich habe meinem Vater begreiflich gemacht, die Erziehung, die Sie erhielten, stelle Sie über die Beschäftigung, die er Ihnen zugeschieden. Sie werden im Pachthofe bleiben.«

      »Ah! desto besser,« rief Pitou; »somit werde ich Sie nicht verlassen.«

      Der Ausruf war dem naiven Pitou entschlüpft. Doch er war nicht so bald aus seinem Munde, als ihm die Röte bis über die Ohren stieg, während Katharine ihrerseits den Kopf senkte und lächelte.

      »Ach! verzeihen Sie, das ist mir unwillkürlich aus dem Herzen gekommen. Sie dürfen mir darum nicht grollen,« sagte Pitou.

      »Ich grolle Ihnen auch nicht, Herr Pitou,« erwiderte Katharine, »es ist nicht Ihre Schuld, wenn Sie ein Vergnügen daran finden, bei mir zu bleiben.«

      Hier trat ein kurzes Stillschweigen ein. Darüber darf man sich nicht wundern; die zwei armen Kinder hatten sich so viele Dinge in so wenig Worten gesagt!

      »Aber ich kann nicht im Pachthofe bleiben, ohne hier etwas zu thun. Was werde ich im Pachthofe thun?« fragte Pitou.

      »Sie werden thun, was ich that. Sie werden die Schreibereien, die Abrechnungen mit den Taglöhnern besorgen, die Einnahmen und Ausgaben verzeichnen. Sie können doch rechnen, nicht wahr?«

      »Ich weiß meine vier Regeln,« antwortete Pitou stolz.

      »Also eine mehr als ich,« sagte Katharine. »Ich habe es nie über die dritte bringen können. Sie sehen wohl, mein Vater wird dabei gewinnen, daß er Sie als Rechnungsführer hat; und da ich meinerseits dabei gewinnen werde, und da Sie Ihrerseits dabei gewinnen werden, so wird alle Welt gewinnen«.

      »Und was gewinnen Sie dabei, Mademoiselle Katharine?« fragte Pitou.

      »Ich gewinne dabei Zeit, und während dieser Zeit werde ich mir Hauben machen, um hübscher zu sein.«

      »Ah!« rief Pitou, »ich finde Sie schon sehr hübsch ohne Haube.«

      »Wohl möglich! doch das ist Ihr eigentümlicher Geschmack,« erwiderte lachend das Mädchen. Übrigens kann ich am Sonntag nicht in Villers-Cotterets tanzen, ohne eine Art von Haube auf dem Kopfe zu haben. Das ist gut für die vornehmen Damen, die Puder zu nehmen und mit bloßem Kopfe zu gehen berechtigt sind.«

      »Ich finde Ihre Haare schöner, als wenn sie Puder hätten.«

      »Ah! ah! ich sehe, Sie sind gekommen, um mir Komplimente zu machen.«

      »Nein, Mademoiselle Katharine, das verstehe ich nicht. Beim Abbé Fortier hat man das nicht gelernt.«

      »Hat man dort tanzen gelernt?«

      »Tanzen?« fragte Pitou erstaunt.

      »Ja, tanzen.«

      »Tanzen, beim Abbé Fortier? Jesus! Mademoiselle Katharine, ah! ja wohl, tanzen!«

      »Also können Sie nicht tanzen?«

      »Nein.«

      »Nun! so werden Sie mich am nächsten Sonntag zum Tanze begleiten und zusehen, wie Herr von Charny tanzt; er tanzt am besten von allen jungen Leuten der Umgegend.«

      »Wer ist das, Herr von Charny?«

      »Er ist der Eigentümer des Schlosses Boursonne.«

      »Er wird also am Sonntag tanzen?«

      »Gewiß.«

      »Und mit wem?«

      »Mit mir.«

      Das Herz von Pitou schnürte sich zusammen, ohne daß er wußte, warum.

      »Also um mit ihm zu tanzen, wollen Sie sich schön machen?«

      »Um mit ihm zu tanzen, um mit den anderen zu tanzen, um mit aller Welt zu tanzen.«

      »Mit mir ausgenommen.«

      »Und warum nicht mit Ihnen?«

      »Weil ich nicht zu tanzen verstehe.«

      »Sie werden es lernen.«

      »Ah! wenn Sie es mir zeigen wollten, Sie, Mademoiselle Katharine, so würde ich es viel besser lernen, als wenn ich Herrn von Charny zuschaue, das versichere ich Sie.«

      »Wir werden sehen,« sagte Katharine; »mittlerweile ist es Zeit, zu Bette zu gehen; gute Nacht, Pitou.«

      »Gute Nacht, Mademoiselle Katharine.«

      Es war Gutes und Schlimmes in dem, was Katharine Pitou gesagt hatte: das Gute, daß er von der Stelle eines Hirten zu der eines Buchhalters erhoben worden war; das Schlimme, daß er nicht tanzen konnte, während es Herr von Charny konnte; nach der Aussage von Katharine tanzte dieser sogar besser als alle anderen.

      Pitou träumte die ganze Nacht, er sähe Herrn von Charny tanzen, und er tanze sehr schlecht.

      Am andern Tage ging Pitou unter der Leitung von Katharine ans Geschäft; da fiel ihm eines auf: wie nämlich das Studieren bei gewissen Lehrern eine sehr angenehme Sache ist. Nach zwei Stunden war er vollkommen in seiner Arbeit bewandert.

      »Ah! Mademoiselle Katharine,« sagte er, »wenn Sie mich das Lateinische gelehrt hätten, statt daß es der Abbé Fortier that, ich glaube, ich hätte keine Barbarismen gemacht.«

      »Und Sie wären Abbé geworden?«

      »Und ich wäre Abbé geworden.«

      »Somit hätten Sie sich in ein Seminar eingeschlossen, in das nie eine Frau hätte kommen können?«

      »Ah!« rief Pitou, »daran habe ich nie gedacht, Mademoiselle Katharine  . . . ich will lieber nicht Abbé sein.«

      Um neun Uhr kam der Vater Billot zurück; er war weggegangen, ehe sich Pitou von seinem Lager erhoben hatte. Jeden Morgen um drei Uhr beaufsichtigte der Pächter persönlich den Abgang seiner Pferde und seiner Fuhrleute; dann lief er bis um neun Uhr auf den Feldern umher, um zu sehen, ob jedermann an seinem Posten sei, und ob alle ihre Arbeit verrichteten; um neun lehrte er zum Frühstück zurück, um zehn Uhr begab er sich abermals von Hause weg; um ein Uhr aß man zu Mittag, und der Nachmittag, wie die Stunden des Vormittags, war der Beaufsichtigung gewidmet. Die Geschäfte des Vaters Billot gingen auch vortrefflich. Er besaß, wie er gesagt hatte, seine sechzig Morgen in der Sonne und eintausend Louisd'or im Schatten,

      Beim Frühstück eröffnete der Pächter Pitou, die erste Vorlesung des Werkes von Doktor Gilbert werde in zwei Tagen in der Scheune, um zehn Uhr morgens, stattfinden.

      Pitou bemerkte hierauf schüchtern, zehn Uhr morgens sei die Stunde der Messe; aber der Pächter erwiderte, er habe gerade diese Stunde gewählt, um seine Arbeiter auf die Probe zu stellen.

      Der Vater Billot war, wie gesagt, Philosoph.

      Er haßte die Priester als Apostel der Tyrannei, und fand er eine Gelegenheit, Altar gegen Altar

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