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und funkelten grün an dem hellen Wolkenhimmel. Auf den Waldpfaden und über die grünen Wiesen schwebten die bunten Kleider von Frauen und Kindern dahin, welche Wiesenblumen suchten und erschienen in weiterer Ferne wie bunte Flecken beweglichen Lichts. Unten auf der Uferpromenade zeigten die Buden und der Bazar, die pünktlich mit Beginn der Saison geöffnet werden, ihre glitzernden Kleinodien, und ihre vielfarbigen Banner flatterten prachtvoll in der balsamischen Luft. Die Kinder warfen sehnsüchtige Blicke auf die Schätze; die sonnverbrannten Mädchen strickten geduldig, indem sie auf der Promenade hin und her spazierten; die Bürger und Einwohner der Stadt, die einander auf der Promenade begegneten, grüßten höflich, und die Hilflosen und Verkrüppelten kamen, in ihren Rollstühlen sitzend, langsam zu den Uebrigen in den heitern Mittag hinaus, um sich ihren Antheil an dem gesegneten Lichte und an der lieben Sonne zu holen, die für alle scheint.

      Der Schotte schaute auf die Scene mit Augen herab, welche für die Pracht derselben blind waren, und mit einem Gemüthe das der Lehre, welche dieselbe enthielt, fern gerückt war. Er überlegte Wort für Wort, was er sagen wollte, wenn die Gattin des Kranken hereinkäme Wort für Wort formulierte er sich die Bedingungen, die er stellen wollte, ehe er am Bette des Gatten die Feder ansetzte.

      »Mrs. Armadale ist hier«, sagte plötzlich die Stimme des Arztes, ihn in seinem Sinnen unterbrechend.

      Er wandte sich augenblicklich um und erblickte vor sich in dem hellen Mittagslichte ein Weib von gemischter europäischer und afrikanischer Rasse, deren Züge die nordische Zartheit der Bildung mit südlicher Wärme der Färbung verbanden, ein Weib, in der Blüte ihrer Schönheit, das sich mit angeborener Anmuth bewegte, mit angeborenem Zauber aufschaute, deren große, schmachtende schwarze Augen dankbar auf ihm ruhten, deren bräunliche kleine Hand sich als stummer Dankesausdruck ihm entgegenstreckte. Vielleicht zum ersten Male in seinem Leben fühlte der Schotte sich von Ueberraschung ergriffen. Jedes zu seinem eigenen Schutze ersonnene Wort, das ihn vor einer Secunde beschäftigt, entfiel seinem Gedächtnisse. Seine dreimal undurchdringliche Rüstung von gewohntem Argwohn, gewohnter Selbstbeherrschung und gewohnter Zurückhaltung, die ihn noch nie zuvor in Gegenwart eines Weibes verlassen, entfiel ihm diesem Weibe gegenüber und warf ihn, einen Ueberwundenen, auf seine Kniee. Er nahm die Hand, die sie ihm darbot, und beugte sich zum Zeichen seiner ersten aufrichtigen Huldigung, die er dem weiblichen Geschlecht darbrachte, schweigend über dieselbe.

      Sie zögerte ihrerseits. Der schnelle Wahrnehmungssinn der Frauen, der unter glücklichern Verhältnissen augenblicklich das Geheimniß seiner Verlegenheit entdeckt haben würde, versagte ihr jetzt den Dienst. Sie schrieb diese seltsame Art und Weise seines Verhaltens dem Stolze, dem Widerstreben, ehe jeder andern Ursache zu, als dem unerwarteten Anblick ihrer Schönheit. »Ich finde keine Worte, um Ihnen zu danken«, sagte sie mit matter Stimme, indem sie ihn zu gewinnen versuchte. »Ich würde Sie nur betrüben, falls ich zu sprechen versuchte.« Ihre Lippen singen an zu zittern, sie trat ein wenig zurück und wandte schweigend das Haupt ab.

      Der Doctor, welcher still beobachtend auf die Seite getreten war, nahte sich Mrs. Armadale, ehe Mr. Neal etwas sagen konnte, und führte sie zu einem Sessel. »Fürchten Sie sich nicht vor ihm«, flüsterte der gutmüthige Mann, indem er ihr sanft auf die Schulter klopfte. »Er war in meinen Händen hart wie Eisen, aber seinem Aussehen nach denke ich mir, daß er in den Ihrigen weich wie Wachs werden wird. Sagen Sie, was ich Ihnen zu sagen gerathen habe, und lassen Sie uns ihn dann in das Zimmer Ihres Gemahls führen, ehe sein scharfer Verstand Zeit gehabt hat, sich wieder zu erholen.«

      Mrs. Armadale raffte all ihren Muth zusammen und ging halbwegs nach dem Fenster zu an Mr. Neal heran. »Mein gütiger Freund, der Doctor, hat mir gesagt, Sir, daß Sie einzig und allein meinetwegen zu kommen gezaudert«, sagte sie, und während sie sprach, sank ihr Kopf ein wenig und die Farbe schwand aus ihrem Gesicht. »Ich bin Ihnen von Herzen dankbar, aber ich bitte Sie, nicht an mich zu denken. Das, was mein Gatte – « ihre Stimme bebte; sie wartete einen Augenblick und erholte sich wieder. »Das, was mein Gatte in seinen letzten Augenblicken wünscht, wünsche auch ich.«

      Diesmal war Mr. Neal hinlänglich gefaßt, um zu antworten. Er bat sie mit leiser, ernster Stimme, kein Wort weiter darüber zu sagen. »Es lag mir nur vor allem daran, Ihnen jede Rücksicht zu zeigen«, sagte er, »und es liegt mir jetzt nur daran, Ihnen jeden Schmerz zu ersparen.« Während er sprach, stieg langsam ein Anflug von Farbe in sein gelbes Gesicht. Ihre Augen sahen mit sanfter Aufmerksamkeit zu ihm auf, und er gedachte mit einem Gefühle der Schuld seiner Gedanken am Fenster, ehe sie ins Zimmer gekommen war.

      Der Doctor benutzte die Gelegenheit. Er öffnete die Thür, die in Mr. Armadale’s Zimmer führte, und blieb stumm wartend an derselben stehen Mrs. Armadale ging zuerst hinein. Eine Minute später schloß die Thür sich wieder, und Mr. Neal stand mit der Verantwortlichkeit, die man ihm aufgedrungen hatte,« unwiderruflich beladen auf der andern Seite derselben.

      Das Zimmer war nach der prunkhaften Mode des Festlandes decorirt, und der warme Sonnenschein strömte wohlthuend durch die Fenster herein. Die Zimmerdecke war mit Blumen und Liebesgöttern bemalt; die weißen Fenstervorhänge wurden von bunten Bändern zurückgehalten; eine säubere vergoldete Stutzuhr tickte auf dem sammetüberzogenen Kaminsimse; die Wände waren mit glänzenden Spiegeln bedeckt und in dem Teppiche funkelten Blumen in allen Farben des Regenbogens. Inmitten all dieses Schmucks und Flitterstaats und Sonnenscheins lag der Gelähmte mit seinen unstäten Augen und seinem leblosen untern Gesicht, den Kopf vermittelst vieler Kissen emporgerichtet; die hilflosen Hände waren gleich denen eines Leichnams auf der Bettdecke ausgestreckt. Am Kopfende des Bettes stand grimmig ausschauend und schweigend die runzlige alte schwarze Kinderwärterin, und auf dem Bette, zwischen den ausgestreckten Händen des Vaters, saß das Kind in seinem kleinen weißen Kleidchen, in seine Freude an einem neuen Spielzeug versunken. Als die Thür sich öffnete und Mrs. Armadale ihre Begleiter hereinführte, war der Kleine eben damit beschäftigt, sein Spielzeug – einen Soldaten zu Pferde – über die hilflosen Hände seines Vaters hin und her zu fahren, und die unstäten Augen des Vaters folgten dem Spielzeuge mit einer verstohlenen unausgesetzten Wachsamkeit hin und her, einer Wachsamkeit, gleich der eines wilden Thieres, welche fürchterlich anzusehen war.

      Sowie Mr. Neal in der Thür erschien, hielten jene rastlosen Augen in ihrem wilden Hin- und her schweifen inne, sahen empor und hefteten sich mit begierig forschendem Blick auf den Fremden. Die regungslosen Lippen rangen langsam nach Bewegung. Mit zögernder schwerfälliger, Artikulation formten sie die stumme Frage der Augen in Worte.

      »Sind Sie der Mann?«

      Mr. Neal trat an das Bett, während Mrs. Armadale, indem er sich näherte, zurücktrat und mit dem Doctor am andern Ende des Zimmers wartete. Das Kind blickte, mit dem Spielzeug in der Hand, auf, als der Fremde näher trat; es öffnete weit in momentanem Erstaunen die klaren braunen Augen und setzte dann sein Spiel fort.

      »Ich bin von Ihrer traurigen Lage unterrichtet worden, Sir«, sagte Mr. Neal. »Und ich komme, um meine Dienste zu Ihrer Verfügung zu stellen, Dienste, die, wie Ihr Arzt mir sagt, Niemand anders in diesem fremden Orte Ihnen zu leisten im Stande ist. Mein Name ist Neal, ich schreibe für das Signet-Journal in Edinburg und darf wohl sagen, daß ich das Zutrauen, welches Sie in mich zusetzen wünschen, zu mißbrauchen unfähig bin.«

      Die Augen der schönen Gattin verwirrten ihn jetzt nicht. Er sprach ernst und ruhig und ohne seine gewohnte Barschheit zu dem Gatten, und dazu mit einem ernsten Mitleid in seinem Wesen, das ihn in seinem vortheilhaftesten Lichte erscheinen ließ. Der Anblick des Sterbelagers hatte seinen Eindruck nicht verfehlt.

      »Sie wünschen, daß ich etwas für Sie schreibe?« fuhr er fort, nachdem er vergebens auf eine Erwiderung gewartet hatte.

      »Ja!« sagte der Sterbende, indem die überwältigende Ungeduld, die seine Zunge auszusprechen machtlos war, sich zornig in seinen Augen ausdrückte. »Meine Hand versagt mir den Dienst, und meine Zunge wird bald sprachlos sein. Schreiben Sie!«

      Ehe er noch etwas erwidern konnte, hörte Mr. Neal das Rauschen eines Frauenkleides und ein rollendes Geräusch hinter sich auf dem Teppiche Mrs. Armadale schob den Schreibtisch vom entgegengesetzten Ende des Zimmers an das Fußende des Bettes. Falls er von den Maßregeln Gebrauch machen wollte, die er ersonnen, um sich gegen Tadel zu sichern, wenn sein Verfahren mißliche Folgen haben sollte, so mußte er dies jetzt thun oder nie. Er blieb, Mrs.

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