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den Mann, der mich hiervon in Kenntniß setzte, ob Mr. Blanchard von der Abreise seiner Tochter unterrichtet sei. Er hatte dieselbe erfahren, doch erst nachdem das Schiff bereits abgesegelt war. Diesmal nahm ich mir Ingleby’s Schlauheit zur Lehre. Anstatt mich in Mr. Blanchards Hause zu zeigen, ging ich nach dem Hafen hinunter und nahm Mr. Blanchard’s Jacht in Augenschein.

      Das Schiff sagte mir, daß der Bcsitzer desselben wohl die Wahrheit verschwiegen haben mochte. Ich fand dasselbe in der Verwirrung eines unerwarteten plötzlichen in See Stechens vor. Die Mannschaft befand sich an Bord, mit Ausnahme von ein paar Leuten, die auf Urlaub landeinwärts gegangen waren, Niemand wußte wohin. Sowie ich entdeckte, daß der Kapitän diese durch die ersten besten Leute zu ersetzen beabsichtigte, deren er in der Eile habhaft werden konnte, hatte ich augenblicklich meinen Entschluß gefaßt. Ich war sehr wohl mit dem Dienste an Bord einer Jacht bekannt, da ich selbst eine solche besessen und commandirt hatte. Ich eilte in die Stadt, rauschte meinen Rock und Hut gegen die Jacke und den Hut eines Matrosen um, kehrte nach dem Hafen zurück und erbot mich, unter den Freiwilligen zu dienen. Ich weiß nicht, was der Kapitän in meinem Gesichte sah; meine Antworten auf seine Fragen stellten ihn zufrieden und dennoch saher mich scharf an und zögerte. Doch es fehlte an Leuten und ich ward endlich angenommen. Eine Stunde später langte Mr. Blanchard, an Geist und Körper leidend, auf dem Schiffe an und ward in seine Kajüte geschafft. Abermals eine Stunde später befanden wir uns unter einem sternlosen Wolkenhimmel und vor einer straffen Brise auf offener See.

      Wie ich vermuthet hatte, galt es der Verfolgung des Schiffes, in welchem Ingleby und seine Gattin an jenem Nachmittage die Insel verlassen hatten. Das Schiff war ein französisches und zum Holzhandel bestimmt, sein Name La Gráce de Dieu. Es war nichts weiter über dasselbe bekannt, als daß es, nach Lissabon bestimmt, aus seinem Curs getrieben worden sei und aus Mangel an Leuten und Proviant vor Madeira angelegt hatte. Dem letzteren Mangel war abgeholfen worden, doch nicht dem erstem. Die Matrosen mißtrauten dem Fahrzeuge in Bezug auf seine Seetüchtigkeit und es mißfiel ihnen das Aussehen der vagabondenartigen Mannschaft. Als man Mr. Blanchard diese beiden ernsten Thatsachen mittheilte, hatte er sich bereits über die harten Worte, die er im ersten Augenblicke nach der Entdeckung, daß sein Kind ihn zu hintergehen behilflich gewesen, zu diesem gesprochen, bittere Vorwürfe gemacht Er beschloß augenblicklich, seiner Tochter auf seinem eigenen Schiffe eine Zufluchtsstätte zu bieten und sie zu beruhigen, indem er ihren Gatten vor allem Unheil, das ihm von meinen Händen drohen konnte, schützte. Die Jacht segelte dreimal so schnell als das andere Schiff. Es unterlag keinem Zweifel, daß wir dasselbe einholen würden; die einzige Befürchtung war die, daß wir des Nachts an dem Schiffe vorbei segeln könnten.

      Nachdem wir eine kleine Weile auf dem Wasser gewesen, legte sich plötzlich der Wind, und an seine Stelle trat eine drückende Stille. Als der Befehl ertheilt ward, die Topmasten aufs Verdeck zu schaffen und die großen Segel umzulegen, wußten wir alle, was wir zu erwarten hatten. In wenig mehr als einer Stunde hatte der Sturm uns ereilt, der Donner rollte über unsern Häuptern und das Schiff flog vor dem Winde dahin. Es war ein kräftiges, wie ein Schooner getakeltes Fahrzeug von dreihundert Tonnen, so stark, wie Holz und Eisen es nur zu machen im Stande sind, es ward von einem Kapitän befehligt, der sein Handwerk gründlich verstand, und es gehorchte ihm vortrefflich. Als der Morgen anbrach, ließ die Wuth des Windes, der noch immer aus Südwesten kam, etwas nach und die See ging weniger hoch. Kurz vor Tagesanbruch hörten wir durch das Geheul des Sturms hindurch den Knall einer Kanone. Die Leute, welche besorgnißvoll auf dem Verdeck versammelt standen, schauten einander an und sagten: »Das ist das Schiff!«

      Als der Tag angebrochen war, sahen wir das Schiff. Es war in der That das Holzschiff. Dasselbe wurde von den Wellen hin und her geworfen, Fockmast und Hauptmast waren verschwunden und das Fahrzeug ein hilfloses Wrack. Die Jacht führte drei Boote bei sich, von denen das eine sich auf dem Verdeck befand, die beiden andern aber an den Schiffsseiten aufgehangen waren. Da der Kapitän aus gewissen Zeichen des Wetters entnahm, daß der Sturm bald wieder losbrechen werde, beschloß er, solange die Stille noch währte, die beiden Seitenboote auszusetzen. Mochten sich auch nur wenig Leute an Bord des Wracks befinden, so waren es doch zu viel, um alle in einem einzigen Boote gerettet zu werden, und es ward für minder gefahrvoll erachtet, beide Boote zugleich abzusenden, als in diesem kritischen Zustande des Wetters zwei Hin- und Herfahrten zwischen der Iacht und dem Holzschiffe zu wagen.

      Die Boote wurden mit Freiwilligen bemannt und ich befand mich in dem zweiten. Als das erste Boot an der Schiffsseite des Wracks anlangte, was nur mit unsäglichen Schwierigkeiten und großer Gefahr bewerkstelligt ward, stürzten die Leute an Bord des letzteren alle zugleich herbei, um alle auf einmal das Wrack zu verlassen. Wäre das Boot nicht abgestoßen, ehe sie alle hineinspringen konnten, so würde dasselbe mit seinen Insassen unfehlbar zu Grunde gegangen sein. Wie unser Boot sich daraus dem Wrack näherte, kamen wir überein, daß vier von uns an Bord gehen sollten, nämlich ich und ein Andern, um Mr. Blanchard’s Tochter in Sicherheit zu bringen, während zwei Andere die noch übrigen feigen Gesellen abzuwehren hatten, falls sie sich zuerst in das Boot zu drängen versuchten. Der Bootführer aber und zwei Ruderer sollten im Boote zurückbleiben, um dafür zu sorgen, daß dasselbe nicht von dem sich umherwälzenden Wrack zermalmt werde. Was die Andern sahen, als sie aufs Verdeck der Grace de Dieu sprangen, weiß ich nicht; ich sah nur das Weib, welches ich verloren, das Weib, das mir schändlich gestohlen worden, in tiefer Ohnmacht auf dem Verdeck liegen. Wir ließen sie, bewußtlos wie sie war, in das Boot hinab. Dann erst durfte die übrige Mannschaft, fünf an der Zahl, folgen, und zwar Einer nach dem Andern und in minutenlangen Zwischenräumen, wie die Sicherheit des Bootes es erforderte. Ich war der Letzte, der das Wrack verließ; und wie das Schiff das nächste Mal zu uns herüber rollte, sagte das leere Verdeck, auf dem vom Spiegel bis zum Bugspriet kein lebendes Wesen mehr zu sehen war, unsern Leuten, daß ihr Werk vollendet sei. Das immer lauter werdende Heulen des sich erhebenden Sturmes mahnte sie, ums Leben zu rudern, wenn sie die Jacht erreichen wollten.

      Eine Reihe heftiger Windstöße hatte den Curs des im Anzuge begriffenen Sturmes von Süden nach Norden umgelegt, und der Kapitän hatte die Jacht vom Winde abfallen lassen, um auf den Sturm gefaßt zu sein, der denn auch, noch ehe der Letzte unserer Leute wieder an Bord war, mit der Wuth eines Orkans über uns losbrach. Unser Boot ward vom Wasser verschlungen, doch kein einziges Menschenleben ging dabei verloren. Und abermals flogen wir, der Gewalt des Windes preisgegeben, in südlicher Richtung vor diesem dahin. Ich stand mit den Uebrigen auf dem Verdeck und beobachtete den einzigen Fetzen von Segel, den wir auszuspannen wagen durften, bereit, dasselbe durch ein frisches zu ersetzen, falls der Wind es aus den Segelsäumen riß. Da trat der Steuermann hart an mich heran und durch das Sturmgetöse brüllte er mir ins Ohr: »Sie ist in der Kajüte wieder zu sich gekommen und fragt nach ihrem Gatten; wo ist er?« Kein Mensch an Bord wußte dies. Man durchsuchte die Jacht von einem Ende zum andern, ohne ihn zu finden. Die Leute wurden, trotz des Unwetters, gemustert; er befand sich nicht unter ihnen. Die Mannschaften der beiden Boote wurden befragt. Aber alles, was die Mannschaft des ersten Bootes zu sagen vermochte, war, daß sie, als die Leute vom Wrack auf das Boot losgestürzt, fort gerudert sei und nicht wisse, wen sie aufgenommen und wen zurückgelassen habe. Die Mannschaft des zweiten Bootes konnte nur berichten, daß sie jede lebende Seele, die das erste Boot auf dem Verdeck des Schiffes zurückgelassen, nach der Jacht zurückgebracht hatte. Niemand traf ein Tadel; aber gleichwohl blieb es eine Thatsache, daß der Mann fehlte.

      Der Sturm, welcher den ganzen Tag nicht zu toben aufhörte, schnitt uns jede Möglichkeit ab, zu dem Wrack zurückzukehren und dasselbe zu durchsuchen. War doch unsre eigne Jacht gezwungen, sich einfach vom Winde treiben zu lassen. Erst gegen Abend ließ der Sturm, der uns südlich von Madeira hinab gejagt, ein wenig nach, und da der Wind jetzt umsprang, konnten wir der Insel zusteuern. Am folgenden Morgen früh langten wir wieder im Hafen an. Mr. Blanchard und seine Tochter wurden ans Land gesetzt, und der Kapitän begleitete sie, nachdem er uns angekündigt, daß er bei seiner Rückkehr uns etwas zu sagen habe, das die ganze Mannschaft nahe angehe.

      Nach der Rückkehr des Kapitäns wurden wir auf dem Verdeck gemustert und von ihm angeredet. Er habe Befehl von Mr. Blanchard, unverzüglich nach der Grace de Dieu zurückzukehren und den Fehlenden aufzusuchen. Dies seien wir Mr. Blanchard und namentlich seiner Tochter schuldig, welche, wie die Aerzte befürchteten, den Verstand verlieren würde, falls nichts geschehe, sie zu beruhigen. Wir dürften fast überzeugt sein, das Schiff noch über Wasser zu finden,

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