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zu erheben haben?«

      »Gegen den Mann, der ihre Tochter aufgenommen hat, welche sie verließen? der sie erzogen hat wie das Kind seiner Mutter, der sie von der Schande gerettet hat! . . . Ah! gehen Sie!«

      »Also Sie, General, wenn Sie Vater wären, wenn in Ihrer Abwesenheit Ihr Kind die Gefahren gelaufen wäre, welche die Braut von Justin läuft, Sie würden dem Manne vergeben, der, fern von Ihnen, über das Loos Ihrer Tochter verfügt hätte?«

      »Ich würde ihm nicht nur die Arme öffnen als Gatten meines Kindes, sondern ich würde ihn auch als ihren Retter segnen.«

      »Ah! General, dann geht Alles gut, und hätte ich einen letzten Zweifel, Ihre Versicherung benähme ihn mir … In acht Tagen werden Justin und seine Braut außer Frankreich sein, und wir werden jede Freiheit haben, Park und Schloß Viry zu besichtigen.«

      Herr Lebastard de Prémont machte ein paar Schritte aus dem Gehölze hinaus, um sich unter einem Mondstrahle zu befinden. Salvator folgte ihm.

      An dem Orte angelangt, der ihm günstig schien, zog der General aus seiner Tasche ein kleines Portefeuille, schrieb auf ein Blatt ein paar Worte mit Bleistift, riß das Blatt heraus, reichte es Salvator und sagte:

      »Nehmen Sie, mein Herr.«

      »Was ist das?« fragte Salvator.

      »Was ich Ihnen gegeben habe, ist eine Anweisung von hunderttausend Franken auf Herrn von Marande.«

      »Ich habe Ihnen gesagt, General, fünfzigtausend würden mehr als genügen.«

      »Sie werden mir über den Rest Rechenschaft ablegen, mein Herr; bei einer Sache von dieser Wichtigkeit dürfen wir nicht durch eine Bagatelle aufgehalten werden.«

      Salvator verbeugte sich.

      Der General schaute ihn einen Augenblick an; dann streckte er die Hand gegen ihn aus und sagte:

      »Ihre Hand, mein Herr!«

      Salvator ergriff die Hand des Grafen de Prémont und drückte sie lebhaft.

      »Ich kenne Sie erst seit einer Stunde,« sprach der General mit einer gewissen Gemüthsbewegung: »ich weiß nicht, wer Sie sind, doch ich habe viel gesehen, viel beobachtet, viel gelebt; ich habe die Gesichter aller Typen und aller Farben studiert, und ich glaube mich auf die Menschen zu verstehen: nun wohl, Herr Salvator, ich sage es Ihnen, – und das ist nur der schwache Ausdruck meines Gedankens, – Sie sind für mich einer der sympathetischsten Menschen, die ich getroffen habe.«

      Und das war in der That, wir glauben es schon gesagt zu haben, die Wirkung, welche der schöne, redliche junge Mann auf Alle hervorbrachte, die sich ihm näherten. Beim ersten Anblicke fühlte man sich unüberwindlich angezogen, hingerissen: er übte eine Art von Bezauberung aus, und ein menschliches Gesicht annehmend, hätte das Gewissen kein sanfteres und ausdrucksvolleres angenommen.

      Die zwei neuen Freunde drückten sich zum zweiten Male die Hand, und sich unter die Sycomorenallee vertiefend, erreichten sie den Keller, durch den eine Stunde vorher schon die anderen neunzehn Geschworenen weggegangen waren.

       XI

      Der Morgen eines Commissionärs

      Zwei Tage nachher, Morgens um sieben Uhr, klopfte Salvator an die Thüre von Petrus.

      Der junge Maler schlief noch gewiegt von jenen Träumen, welche über den Häupten eines Verliebten flattern. Er sprang aus dem Bette, machte die Thüre auf und empfing Salvator mit weit geöffneten Armen, aber halb geschlossenen Augen.

      »Was gibt es Neues?« fragte Petrus lächelnd; »bringen Sie mir Neuigkeiten, oder kommen Sie abermals, um mir einen Dienst zu leisten?«

      »Im Gegentheile, mein lieber Petrus,« antwortete Salvator, »ich komme, um einen von Ihnen zu verlangen.«

      »Sprechen Sie, mein Freund,« sagte Petrus, indem er ihm die Hand reichte; »ich wünsche nur, der Dienst möge groß sein. Sie wissen, daß ich ganz einfach die Gelegenheit suche, mich für Sie ins Feuer zu stürzen.«

      »Ich habe es nie bezweifelt, Petrus . . . Hören Sie, um was es sich handelt. – Ich hatte einen Paß, ich habe ihn vor einem Monat Dominique gegeben, der nach Italien abging und verhaftet zu werden befürchtete, wenn er unter seinem wahren Namen reise. Heute reist aus einem Grunde, den ich Ihnen später sagen werde, Justin ebenfalls ab . . . «

      »Er reist?«

      »In dieser Nacht oder in der nächsten.«

      »Es widerfährt ihm kein Unglück, wie ich hoffe?« fragte Petrus.

      »Nein, im Gegentheile! nur muß er abreisen, ohne daß es irgend Jemand weiß, und zu diesem Ende muß er, wie Dominique, unter einem andern Namen als dem seinigen reisen. Zwischen ihm und Ihnen ist nur ein Unterschied von zwei Jahren; alle Signalements gleichen sich . . . Haben Sie Justin einen Paß zu geben?«

      »Ich bin in Verzweiflung, mein lieber Salvator,« erwiderte Petrus; »doch Sie wissen, durch welche süße Ursache ich in Paris seit sechs Monaten zurückgehalten werde; ich habe nur meinen alten Paß von Rom, der seit einem Jahre abgelaufen ist.«

      »Teufel!« rief Salvator, »das ist ärgerlich!

      Justin kann keinen Paß auf der Polizei verlangen: das würde die Augen über ihn öffnen; ich will zu Jean Robert gehen; doch Jean Robert ist einen Kopf größer als Justin!«

      »Warten Sie doch . . . «

      »Gut! das beruhigt mich.«

      »Liegt Justin mehr an einem Lande, als einem andern?«

      »Durchaus nicht, wenn er nur aus Frankreich hinauskommt.«

      »Dann habe ich, was er braucht.«

      »Wie so?«

      »Ich will Ihnen einen Paß von Ludovic geben.«

      »Einen Paß von Ludovic? und wie kommen Sie zu einem Passe von Ludovic?«

      »Das ist ganz einfach: er hat eine Reise nach Holland gemacht und ist vorgestern zurückgekommen; ich hatte ihm einen kleinen Koffer geliehen, und er hat seinen Paß in der Tasche gelassen.«

      »Gut! doch wenn Ludovic zufällig seinen Paß nöthig hätte, um nach Holland zurückzukehren?«

      »Das ist nicht wahrscheinlich; in diesem Falle würde er aber sagen, er habe ihn verloren, und einen andern verlangen.«

      »Es ist gut!«

      Petrus ging an die Truhe und zog ein Papier heraus.

      »Hier ist der Paß,« sagte er; »und glückliche Reise dem Freunde Justin!«

      »Ich danke für ihn.«

      Die zwei jungen Leute drückten sich die Hand und trennten sich.

      Als er die Rue de l’Quest verließ, ging Salvator längs der Allée de l’Observatoire hin, trat in die Rue d’Enfer, auf der Seite der Barrière, ein, und beim Hospice des Enfants-Troupés angelangt, suchte er einen Moment mit dem Blicke ein Haus, das er endlich gesunden zu haben schien: es war das Haus eines Stellmachers.

      Der Meister stand vor der Thüre; Salvator klopfte ihm aus die Schulter.

      Der Stellmacher wandte sich um, erkannte den jungen Mann und empfing ihn mit einem zugleich freundschaftlichen und ehrerbietigen Gruße.

      »Ich habe mit Ihnen zu sprechen, Meister,« sagte Salvator.

      »Mit mir?«

      »Ja.«

      »Zu Ihren Diensten, Herr Salvator! Ist es Ihnen gefällig, einzutreten?«

      Salvator nickte bejahend mit dem Kopfe, und sie traten ein.

      Nachdem er den Laden durchschritten hatte, ging Salvator in den Hof, und im Hintergrunde dieses Hofes, unter einem ungeheuren Schoppen, fand er eine Art von Reisecaleche, von der er ohne Zweifel wußte, sie sei hier, da er gerade aus dieselbe zuschritt.

      »Ah!« sagte er, »hier ist, was ich suche.«

      »Oh! eine gute Caleche, Herr Salvator! eine vortreffliche

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