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geglaubt, diese Blitze kommen aus einer Gewitterwolke hervor.

      Sodann ihre Lippen, einst von Purpur; ihre Lippen, welche nach ihrer Ohnmacht so viel Mühe gehabt hatten, um wieder zum Leben zurückzukehren, ihre Lippen hatten ihre ursprüngliche Farbe nicht wieder annehmen können; sie hatten nur, und zwar mit großer Mühe, die bleiche Nuance der rosenfarbenen Koralle erlangt, doch, man muß sagen, gerade hierdurch vervollständigten sie trefflich das seltsame Ganze, das immer aus Carmelite eine Schönheit ersten Rangs machte, aber dieser Schönheit eine fantastische Tinte gab.

      Sie war einfach, indessen anbetungswürdig gekleidet.

      Durch ihre drei Freundinnen angetrieben, in die Soirée von Lydie zu kommen, und mehr noch unterstützt durch ihren Entschluß, sich schnell unabhängig zu machen, war die Frage der Toilette, in der sie erscheinen wurde, lange erörtert worden. Es versteht sich von selbst, daß Carmelite an der Debatte keinen Antheil genommen hatte; sie hatte von Anfang erklärt, sie sei die Witwe von Colombau, um den sie ihr Leben lang trauern werde, und sie werde nur in schwarzem Kleide kommen: Fragola, Lydie und Regina konnten nun dieses Kleid schneiden und ordnen, wie es ihnen beliebte.

      Regina beschloß, das Kleid sollte von schwarzen Spitzen auf Leib und Rock von schwarzem Atlaß sein, und sie sollte, statt jeder Verzierung, eine Guirlande von jenen düsteren, veilchenblauen Blumen, dem Embleme der Traurigkeit haben, die man Alzei nennt; mit den Blumen sollten Cypressenzweige vermengt sein.

      Der von Fragola, der Gelehrtesten von den Dreien bei dieser geschickten Blumenvermählung, bei dieser verständigen Verschmelzung von Nuancen, geflochtene Kranz bestand wie die Guirlande des Kleides, wie der Strauß des Leibes, aus Cypressenzweigen und Alzeibläthen.

      Ein Collier von schwarzen Perlen, ein kostbares Geschenk von Regina, umschloß den Hals.

      Als Carmelite, bleich und dennoch geschmückt, aus dem Schlafzimmer von Frau von Marande heraustrat, gaben diejenigen, welche sie erwarteten, aber nicht so zu sehen erwarteten, einen Ausruf von sich, in welchem sich die Bewunderung und der Schrecken vermengten. Man hätte denken sollen, es sei eine antike Erscheinung, die Norma oder die Medea. Ein Schauer durchlief alle Adern.

      Der alte General, so sehr er Skeptiker war, begriff, es sei hier etwas Heiliges wie die Ergebenheit, etwas Großes wie das Märtyrerthum. Er stand auf und wartete.

      Regina ihrerseits lief auf Carmelite zu, sobald sie erschien.

      Das glänzende Gespenst trat zwischen die von Leben und Glück strahlenden zwei Frauen.

      Jedermann folgte mit dem Blicke dieser stillen Gruppe mit einer gewissen Neugierde, welche an die Gemüthserregung grenzte.

      »Ah! wie bleich bist Du, meine arme Schwester!« sagte Regina.

      »Wie schön bist Du, o Carmelite!« sagte Frau von Marande.«

      »Ich habe Euren dringenden Bitten nachgegeben, meine Vielgeliebten,« sprach die junge Frau; »doch wahrhaftig, Ihr müßtet vielleicht, während es noch Zeit ist, mich zurücktreten heißen.«

      »Warum dies?«

      »Wißt Ihr, daß ich kein Klavier geöffnet habe, seitdem wir, er und ich, mit einander unsern Abschied vom Leben gesungen? Wenn mich die Stimme verließet wenn ich Alles vergessen hätte!«

      »Man vergißt nicht, was man nicht gelernt hat, Carmelite,« sagte Regina. »Du sangst wie die Vögel: verlernen die Vögel zu singen?«

      »Regina hat Recht,« sprach Frau von Marande; »und ich bin Deiner sicher, wie Du selbst Deiner sicher bist. Singe also ohne Befangenheit, meine gute Geliebte! Nie, dafür stehe ich Dir, wird ein Künstler, um gehört zu werden, ein mehr sympathetisches Auditorium gehabt haben!

      »Ah! singen Sie, singen Sie, Madame!« sagten alle Stimmen, – außer den Stimmen von Susanne und Lorédan, denen des Bruders und der Schwester, welche, der Bruder mit Erstaunen, die Schwester mit Neid, diese düstere, aber glänzende Schönheit anschauten.

      Carmelite dankte den Kopf neigend und ging weiter auf das Klavier und zugleich auf den Grafen Herbel zu.

      Dieser machte zwei Schritte ihr entgegen und verbeugte sich.

      »Herr Graf,« sagte Frau von Marande, »ich habe die Ehre, Ihnen meine theuerste Freundin vorzustellen; denn von meinen drei Freundinnen ist diese die unglücklichste.«

      Der General verbeugte sich zum zweiten Male und sprach mit einer der ritterlichen Zeiten würdigen Höflichkeit:

      »Mein Fräulein, ich bedaure, daß mir Frau von Marande nicht eine schwierigere Aufgabe beschieden hat, als die, Ihr Lob zu verkündigen. Glauben Sie mir, daß ich mit ganzer Seele hierfür besorgt sein, und dennoch mich als Ihren Schuldner betrachten werde.«

      »Oh! singen Sie, singen Sie, Madame!« riefen einige Stimmen mit dem Ausdrucke der Bitte.

      »Du siehst, liebe Schwester,« sagte Frau von Marande, »Jedermann wartet mit Ungeduld . . . Willst Du anfangen?«

      »Auf der Stelle, wenn man es wünscht,« antwortete einfach Carmelite.

      »Was willst Du singen?« fragte Regina.

      »Wählet selbst.«

      »Du gibst keinen Vorzugs«

      »Keinen.«

      »Ich habe den ganzen Othello hier.«

      »Also Othello.«

      »Begleitest Du Dich selbst?« fragte Lydie.

      »Wenn ich es nicht anders machen kann,« antwortete Carmelite.

      »Ich werde Dich begleiten,« sagte rasch Regina.

      »Und ich, ich werde die Blätter umwenden,« fügte Frau von Marande bei,« Zwischen uns Beiden wirst Du keine Angst haben?«

      »Ich werde keine Angst haben . . . « erwiderte Carmelite schwermüthig den Kopf schüttelnd.

      Carmelite war in der That vollkommen ruhig.

      Sie legte ihre kalte Hand auf die Hand von Frau von Marande; ihre Stirne drückte eine unaussprechliche Seelenheiterkeit aus.

      Frau von Marande wandte sich nach dem Klavier und nahm aus den aufgehäuften Partituren die von Othello.

      Carmelite blieb auf Regina gestützt ungefähr bei zwei Dritteln des Boudoir stehen.

      Jedermann hatte sich gesetzt; man hörte aus Aller Brust keinen Hauch mehr hervorkommen.

      Frau von Marande legte die Partitur auf das Klavier, während Regina, ebenfalls hinzutretend, sich setzte und rasch das Klavier in einem glänzenden Vorspiele durchlief.

      »Willst Du die Romanze von der Weide singen ?«

      »Gern,« erwiderte Carmelite.

      Frau von Marande öffnete die Partitur bei der vorletzten Scene des letzten Actes.

      Regina wandte sich, die Hände ausgestreckt und ganz bereit, zu beginnen, gegen Carmelite um.

      In diesem Augenblicke meldete der Diener:

      »Herr und Frau Camille von Rozan.«

       XVI

      Die Romance von der Weide

      Ein langer, dumpfer, peinlicher Seufzer, von drei oder vier Punkten des Salon ausgehend, folgte auf diese Meldung; ein tiefes Stillschweigen herrschte nach diesem Ausrufe des Schmerzes. Man hätte glauben sollen, alle hier gegenwärtige Personen kennen die Geschichte von Carmelite, und der Schrecken habe ihrer Brust diesen schmerzlichen Seufzer entrissen, den sie nicht zurückzuhalten vermocht, als sie diese Meldung gehört, und plötzlich, das Feuer in den Augen, die Freude auf den Lippen, die Sorglosigkeit auf der Stirne, diesen jungen Mann haben erscheinen sehen, den man gewisser Maßen als den Mörder von Colombau betrachten konnte.

      Dieser Seufzer war zugleich von Jean Robert, von Petrus, von Regina und von Frau von Marande ausgestoßen worden.

      Was Carmelite betrifft, sie hatte nicht nur weder geschrien, noch geseufzt, sondern sie war sogar athemlos, unbeweglich wie eine Bildsäule geblieben.

      Herr von Marande allein,

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