ТОП просматриваемых книг сайта:
Ingénue. Александр Дюма
Читать онлайн.Название Ingénue
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
»Ach! die Vergleichung ist nicht richtig, und ich liefere den Beweis; er ist mir vor nicht langer Zeit auf folgende Art gegeben worden. Vor acht Tagen trat ich in ein Kaffeehaus ein; drei oder vier Americaner saßen um einen Tisch: der Eine von ihnen las die öffentlichen Blätter, die Andern sprachen vom Negerhandel; die Neugierde beweg mich in ihre Nähe zu sitzen, und ich horchte. Vernehmen Sie Wort für Wort die Berechnung, die ich Einen von ihnen machen hörte:
»»Meine Neger,«« sagte er, »»kommen mich Einer in den Andern gerechnet auf vierzig Guineen. Jeder von ihnen trägt mir ungefähr, nach Abzug aller Kosten, sieben Guineen Nutzen, wenn ich sie nähre, wie das sein soll; breche ich aber von ihrer Nahrung nur den Werth von zwei Pence täglich ab, so gibt mir diese Erparniß an jedem Neger drei Pfund Sterling Profit, also neunhundert Pfund Sterling an meinen dreihundert Negern, außer den sieben Pfund Sterling, die mir schon Jeder trug. Durch dieses Mittel gelingt es mir, jährlich auf Jedem von meinen Sklaven zehn Guineen Nutzen zu machen; was den Reinertrag meines Gutes auf dreitausend Pfund Sterling erhöht. Es ist wahr,«« fügte er bei, »»befolge ich den Plan dieser ökonomischen Verwaltung, so dauern meine Neger höchstens acht bis neun Jahre, doch was liegt daran, da am Ende von vier Jahren jeder Neger mir wiedergegeben hat, was er mich gekostet? Sollte er also nur noch vier bis fünf Jahre leben, so ist das seine Sache, da der Ueberschuß der vier Jahre ein reiner Nutzen ist. Der Mann stirbt, glückliche Reise! mit dem Profit allein, den ich in sieben bis acht Jahren an seiner Nahrung gemacht habe, besitze ich Mittel, um einen andern jungen, kräftigen Neger zu kaufen, statt eines erschöpften Menschen, der zu nichts mehr taugt, und Sie begreifen, bei dreihundert Sklaven ist die Ersparniß ungeheuer!««
»Das ist es, was dieser Mensch oder vielmehr dieser Tiger mit einem menschlichen Gesichte sagte! das ist es, was ich gehört habe, und ich schämte mich, daß derjenige, welcher dies sagte, ein Weißer war wie ich!
»O Europäer!« rief der Redner, indem er mit dem Willen, ihn zu unterbrechen, den Schauer unterbrach, den seine letzten Worte in der Versammlung erregt hatten, »werdet Ihr immer grausame Tyrannen sein, während Ihr wohlthätige Beschützer sein könnt? Die Wesen, die Ihr verfolgt, sind doch empfangen und geboren, wie Ihr, im Leibe einer Frau; sie hat sie neun Monate in ihrem Schooße getragen, wie Eure Mütter Euch getragen haben; sie hat sie zur Welt gebracht mit denselben Schmerzen und denselben Gefahren, mit denen Eure Frauen ihre Kinder zur Welt bringen! Sind sie nicht mit Milch gesäugt worden wie Ihr? mit derselben Zärtlichkeit wie Ihr aufgezogen worden? sind sie nicht Menschen wie Ihr? ist es nicht derselbe Schöpfer, der sie gebildet hat? ist es nicht dieselbe Erde, die uns getragen hat, und die uns nährt? ist es nicht dieselbe Sonne, die uns leuchtet? ist es nicht derselbe Vater des Weltalls, den wir Alle anbeten? haben sie nicht ein Herz, eine Seele, dieselben Neigungen der Zärtlichkeit und der Menschenliebe? Weil die Farbe ihrer Haut nicht der unsern gleicht, ist das ein gesetzlicher Titel, um sie umzubringen, um ihre Frauen zu entführen, ihre Kinder zu stehlen, ihre Väter in Fesseln zu schlagen, um sie auf dem Lande und auf dem Meere die abscheulichsten Grausamkeiten erdulden zu lassen?
»Leset die Geschichte aller Völker und aller Nationen der Erde, in keinem Reiche, in keinem Jahrhundert, selbst in den barbarischsten, werdet Ihr das Beispiel von einer so überlegten und so beharrlichen Grausamkeit finden. Warum müßt Ihr in einer Zeit, wo die gesunde Philosophie und die umfassendsten Kenntnisse Europa durch die erhabensten Entdeckungen erleuchten, noch der Schrecken der Africaner, der Abscheu von Eures Gleichen, die Verfolger des Menschengeschlechts sein? Laßt, es ist noch Zeit hierzu, so viele Grausamkeiten dadurch vergessen, daß Ihr der ganzen Erde das Beispiel der Humanität und der Wohlthätigkeit gebt: macht die Neger frei, zerbrecht ihre Ketten, schafft ihnen eine erträgliche Lage, und seid sicher, daß Ihr besser bedient werdet durch Freigelassene, welche Euch wie ihre Väter lieben werden, als durch Sklaven, die Euch hassen wie Henker!«
Dieser in einer Antithese endigende Redeschluß riß das Auditorium fort: Beifallklatschen, Bravos, stürmische Rufe erschollen von allen Seiten; die Männer stürzten nach der Tribune; die Frauen schwenkten ihre Taschentücher, und der Redner stieg unter dem enthusiastischen Geschrei: »Freiheit! Freiheit!« herab.
Danton wandte sich gegen Marat um; zwei- oder dreimal war er auf dem Punkte gewesen, sich der allgemeinen Hinreißung zu überlassen; doch er fühlte in seiner Nähe, in seinem Gefährten, etwas wie einen schlecht verhaltenen Spott, etwas wie eine Verachtung, welche loszubrechen im Begriffe, und das drängte ihn wieder zurück.
Als indessen der Redner geendigt hatte, wandte sich Danton, wie gesagt, gegen Marat um.
»Nun,« fragte er ihn, »was denken Sie hiervon?«
»Ich denke,« erwiederte Marat, »man müßte viele Sitzungen wie diese und viele Redner wie diesen brauchen, um zu machen, daß die Menschheit einen Schritt thun würde.«
»Die Sache, die er vertheidigt, ist jedoch schön!« versetzte Danton, der, an diese philosophische Phraseologie gewöhnt, wenigstens kämpfen wollte, ehe er sich ergab.
»Allerdings, aber es gibt eine Sache, deren Vertheidigung noch dringlicher ist, als die der Sklaven
Americas.«
»Welche?«
»Die der Leibeigenen Frankreichs.«
»Ich verstehe.«
»Sie haben versprochen, mir zu folgen?«
»Ja.«
»Kommen Sie.«
»Wohin gehen wir?«
»Nicht wahr, Sie haben mich unter die Aristokraten geführt, welche die Befreiung der Schwarzen verhandeln?«
»Allerdings.«
»Nun wohl, ich werde Sie unter die Demokraten führen, die sich mit der Befreiung der Weißen beschäftigen.«
Nach diesen Worten gingen Marat und Danton weg, ohne daß es Jemand bemerkte, – so merkwürdig sie waren, – dergestalt hatte sich die allgemeine Aufmerksamkeit beim Redner concentrirt, welcher unter den Glückwünschen der Versammlung von der Tribune herabstieg.
VII
Der Clubb der Menschenrechte
Nachdem sie ein paar Schritte gemacht, befanden sich Marat und Danton wieder im Palais-Royal, das schon etwas weniger zu dieser Stunde bevölkert war, als in der, wo sie angekommen, denn es fing an spät zu werden, und wenn die Beredtsamkeit von Malouet auch die Macht gehabt hatte, die Zeit vergessen zu machen, so hatte sie doch nicht die gehabt, dieselbe zu hemmen. Ueberdies, statt daß es Danton war, der Marat als Führer diente, war es Marat, der Danton führte, und den düstern Mann schien es zu drängen, das Ziel des Weges zu erreichen, als wäre er zu einem Rendez-vous gegangen.
Die zwei Gefährten gelangten in die Gallerie, welche längs der Rue de Valois hinläuft, und machten einige Schritte in dieser Gallerie; dann trat Marat rechts in eine kleine Passage, Danton folgte ihm, und Beide befanden sich bald außer dem Palais-Royal.
Die Rue de Valois war noch viel öder zu jener Zeit, als sie es heute ist; in der That, die Eigenthümer der Hotels, deren Aussicht durch die neuen Gebäude von Monseigneur dem Herzog von Orleans beschränkt worden war, hatten noch nicht Lust gehabt, Nutzen aus ihren Höfen und ihren Gärten dadurch zu ziehen, daß sie selbst bauen ließen; überdies war die ganze Facade des Palais-Royal, welche auf diese Seite ging, noch nicht vollendet und stellenweise der Durchgang, der den Wagen verboten, da Steine darin aufgehäuft lagen, kaum für die Fußgänger benutzbar.
Marat fand sich unter allen diesen Gerüsten, unter allen diesen zur Bearbeitung und Benützung bereit liegenden Steinen aus, als hätte er in seiner Hand den Faden dieses andern Labyrinths gehalten, und von Zeit zu Zeit sich umwendend, um zu sehen, ob sein Gefährte ihm folgte, führte er Danton an den Eingang von einer Art von Keller, in welchen man gelangte, nachdem man ein Dutzend Stufen hinabgestiegen war.
Alles schlief oder schien in der Straße zu schlafen, dieses Kellerloch ausgenommen, aus welchem