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type="note">[113] zurück, irgendwoher kamen auch die beiden von der Patrouille, die Sascha verhaftet hatten. Offenbar wollten sie das Protokoll schreiben … Alle drei wurden plötzlich von einem durchdringenden Klingeln an der Tür der Wachstube aufgeschreckt.

      Zuerst ging der Sergeant – wahrscheinlich, um die Tür zu öffnen. Eine Minute später hörte Sascha deutlich gutturale Stimmen mit dem charakteristischen Akzent.

      »Sascha, sie sind da, um dich rauszuholen!«, dachte er laut vor sich hin.

      Tatsächlich, die Zellentür wurde rasch geöffnet und der Kaukasier hinausgeführt.

      Die Jungs lachten ein wenig über alles. Ein Wort gab das andere – sie erinnerten sich an die Schlägerei; Wenja erzählte belustigt, wie er das lange Metallstück auf der Straße gefunden und damit – wie ein Verrückter die Mücken – alle von sich weggescheucht hatte.

      »Sonst hätten sie dich mit ihren gekrümmten Nasen massakriert …«, feixte plötzlich der melancholische Negativ, für den Scherze absolut untypisch waren.

      »Nein, jetzt überlegen wir mal!« Sascha kehrte noch einmal zu dem Thema zurück, das er noch nicht verdaut hatte. »Haben sie uns für die Schlägerei verhaftet? Aber wo ist …«

      »Das Objekt unseres Rassenhasses«, setzte Rogow im selben Ton fort. Es war natürlich ein Scherz.

      »Ja, wo sind sie?«, fragte Sascha. »Das heißt, wir haben uns gegenseitig verprügelt?«

      »Wenja, warum hast du das Metallteil eigentlich mitten auf der Straße geschwungen?«, interessierte sich Rogow und verfiel in lyrische Ironie. »Wen wolltest du damit erschrecken?«

      »Es hat die vorbeifahrenden Autos behindert, und ich wollte es entsorgen«, antwortete Wenja.

      Sie hätten so bis zum Morgen weiterpalavert, aber die Tür knarrte abermals, zuerst im Schloss, dann in den ungeölten Scharnieren, und der auftauchende Sergeant sagte leise: »Zum Teufel, kommt raus!«

      »Sollen wir das Väterchen da auch wecken?«, fragte Negativ und zeigte auf den Penner.

      »Was ist dir der für ein Vater, dieses Wrack?«[114]

      Der Kerl bewegte sich nicht. Er hatte sich auf den Boden gelegt und schlief. Alle gingen hinaus, der Typ blieb allein in der Zelle zurück.

      Die Jungs standen unsicher im Vorraum der Milizstation herum.

      »Ich würde diese schwarzarschigen Wanzen selbst verprügeln …«, sagte der Sergeant und öffnete die Tür zur Straße.

      »Wir haben sie nicht geschlagen …«, sagte Sascha, »sie haben selbst …«

      »Ja, klar, nicht geschlagen«, lachte der Sergeant und erhob plötzlich, wenn auch mit freundlicher Intonation, die Stimme. »Einem von denen wurde das halbe Gesicht wie eine Tomate zermatscht … Aber sie haben keine Anzeige gegen euch erstattet. Und es gibt auch keine Meldung wegen euch. Verschwindet. Ihr Kämpfer …«

      Sascha war der familiäre Ton des Milizionärs unangenehm, auch dessen Überzeugung, dass die Jungs die Schlägerei begonnen hätten. Und außerdem war es irgendwie abstoßend, dass der Milizionär offenbar dachte, die Jungs könnten mit ihm einer Meinung sein – in Bezug auf jene, die er als »schwarzarschig« bezeichnete. Nur waren sie darin ganz und gar nicht einer Meinung …

      Auf der Straße stand das Milizauto mit den Typen vom Patrouillendienst, die Sascha verhaftet hatten. Kaum waren die Jungs rausgegangen, ging im Auto das Licht aus.

      »Ich glaub’s nicht, dass die da gerade Geld zählen …«, sagte Wenja.

      Sie streckten sich und rieben ihre Glieder und machten sich dann auf den Weg. Sie beschlossen, bei Sascha zu übernachten.

      »Und wenn sie uns abfangen, San?«, fragte Negativ.

      »Wie?«, fragte Sascha nach, er zitterte vor Kälte. »Sie haben uns doch eben erst laufen lassen.«

      »Ich meine es ernst.«

      »Sie werden uns nicht abfangen. Irgendwo müssen wir übernachten. Richtig, Jungs?«

      »Natürlich müssen wir irgendwo übernachten«, bestätigte Rogow.

      »Und fressen will ich jetzt auch was …«, sagte Wenja.

      Kapitel 4

      In diesem Winter bestellten sie einen kleinen Autobus – die Mutter hatte beschlossen, der Vater müsste auf dem Dorf begraben werden. Dort, wo er geboren worden war.

      Sascha widersprach nicht.

      »Was meinst du, Söhnchen?«, fragte die Mutter in einem vollkommen neuen Ton. Bis jetzt war ein anderer Mensch an ihrer Seite gewesen, dessen Stimme alles entschieden hatte. Und jetzt war er gestorben, dieser Mensch.

      »Irgendwie werden wir durchkommen«[115], antwortete Sascha, obwohl er fast überzeugt war, dass es nicht gelingen würde, durchzukommen.

      In dieser ekelhaften Stadt, die Sascha immer widerwärtig gewesen war, durfte der Vater jedenfalls nicht begraben werden.

      Überhaupt war es unerträglich, den Großeltern mitzuteilen, dass der Vater gestorben war, und dabei zu wissen, dass sie nicht nur nicht zum Begräbnis fahren, sondern überhaupt erst im Frühjahr zum Grab des Sohnes kommen könnten.

      Dem Fahrer erklärten sie nichts Genaues, hätte er gewusst, wohin die Reise ging, er hätte es sofort abgelehnt. Stattdessen hatten sie ihm gesagt: »Aufs Land … Wir zeigen den Weg …« Er fragte nicht nach, wohin aufs Land. Es war ein bescheidener Mann, von ruhigem Gemüt, wie es zunächst schien.

      Vaters Freunde kamen, um sich zu verabschieden, einige Lehrer, einige Schüler. Sascha wollte jeden, der gekommen war, um sein Beileid auszudrücken, die Treppe hinunterschmeißen[116]. Welches Beileid, zum Teufel, was versteht ihr schon … Sascha hielt sich von allen fern, er wollte niemanden sehen. Zufällig hörte er, wie die Mutter fragte: »Vielleicht fährt jemand mit zum Begräbnis?«

      Es war widerwärtig, dass alle schwiegen.

      Jemand sagte mit entschuldigendem Unterton: »Die Arbeit …«

      »Ich werde mitkommen«, sagte eine einzige Person. Besletow.

      Er kam am Morgen des nächsten Tages, stand mit Pelzjacke und Schuhen im Vorzimmer, wollte die Handschuhe nicht wirklich ablegen. Einige Male zog er sie aus und an.

      Sascha begrüßte ihn nicht.

      »Aleksej«, bemerkte die Mutter mit fast lebloser, verweinter Stimme, »du wirst in diesen Schuhen frieren.«

      Der zog ein merkwürdig schiefes Gesicht, als wäre es ihm sehr unangenehm.[117]

      »Macht nichts«, antwortete er dumpf und ging sofort hinaus.

      Er stand auf der Straße. Er rauchte nicht.

      Sascha schaute aus dem Fenster, sah Besletow, musterte stumpf dessen Rücken.

      Die Mutter setzte sich immer wieder an den Küchentisch und begann zu weinen.

      »Wie werde ich ihn denn hinbringen«, fragte sie, »was werden Mutter und Vater mir sagen? … Hast du dort angerufen, Sasch? Bei den Nachbarn?«

      »Ich hab angerufen.«

      »Was haben sie gesagt?«

      »Sie haben gesagt, dass sie es ihnen ausrichten.«

      Die Mutter begann wieder zu weinen.

      Der Fahrer kam herein, er stand schweigend in der Tür.

      »Fahren wir«, sagte Sascha ein wenig gereizt zur Mutter. »Worauf warten wir?«

      Sie trugen den Sarg hinaus – Besletow, Sascha, der Fahrer, Nachbarn halfen.

      Sie stellten ihn vor das Haus.

      Nicht weit entfernt scharten sich Kinder, die von den in der Kälte aberwitzig knarrenden Schaukeln gekrochen

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<p>114</p>

»Was ist dir der für ein Vater, dieses Wrack?« – «Какой он тебе отец, этот отморозок?»

<p>115</p>

»Irgendwie werden wir durchkommen« – «Проедем как-нибудь»

<p>116</p>

die Treppe hinunterschmeißen – спустить с лестницы

<p>117</p>

Der zog ein merkwürdig schiefes Gesicht, als wäre es ihm sehr unangenehm. – Он так странно скривил лицо, как будто ему было очень неприятно.