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ganz vergessen hatte.«

      »Nun sagt mir nur, was ihr für kuriose Dinge treibt?« rief dieser, während er sich durch die Büsche hindurchzwängte, »wo ist denn der Bär?«

      »Assowaum stößt ihn den Fluß hinunter, bis zu Bahrens’ Haus«, antwortete ihm Roberts. »Wir selber wollen aber zurück zu unseren Pferden gehen und am Schilfbruch hinabreiten, bis wir an den schmalen Weg kommen, der zu des alten Jägers Wohnung führt. Auf die Art erreichten wir sie am besten, denn sie liegt so tief im Dickicht versteckt, daß man sie sonst nur durch Zufall oder morgens, wenn die Hähne krähen, finden kann.«

      »Ja, was hilft mir denn da aber meine Bärenjagd?« klagte Hartford, »wenn ich nicht einmal den Bären zu sehen bekomme!«

      »Sollt ihn schon sehen, Mann«, rief Harper, »aber jetzt vorwärts! Die Sonne ist keine Stunde mehr hoch, und aus diesem Dickicht möcht’ ich doch gern heraus, ehe es dunkel wird. Hallo da, ihr Hunde – auf mit euch, heut abend sollt ihr auch ordentliches Fressen haben – so recht, Watch, so schön, Poppy – geht den anderen mit gutem Beispiel voran!«

      Die Hunde, die sich erschöpft gelagert hatten, sprangen, von Harpers Stimme ermuntert, in die Höhe und folgten den Jägern. Diese benutzten eine am Fluß hinabführende lichte Stelle und hielten dann erst, gegenüber den Hügeln, als der Krämer plötzlich stehenblieb und Roberts’ Arm faßte.

      »Pst – seht ihr dort nicht – das da?« rief er mit unterdrückter Stimme.

      »Was denn? Wo denn?« fragte Roberts.

      »Dort im Busch – das Rote!«

      »Ah – wahrhaftig, ein Hirsch – er ist eben aufgestanden. Schießt, ehe ihn die Hunde wittern, sonst ist’s zu spät!«

      Der Krämer hob schnell die Büchse, zielte einen Augenblick, und beim Krach sprang der Hirsch in die Höhe und floh mit gewaltigen Sätzen in das Dickicht.

      »Der hat’s – der hat’s!« jubelte der Krämer, der schnell nach der Stelle hingelaufen war, wo er glaubte, daß der Hirsch gestanden habe.

      »Seht Ihr? Da ist Blut, und Poppy, das gute Tier, spürt ihn auch schon – er wittert das Blut.«

      Die Hunde benahmen sich übrigens sehr sonderbar dabei. Eddy und einige der übrigen folgten allerdings dem flüchtigen Hirsch. Watch dagegen schnupperte höchst eifrig und aufmerksam in den Büschen herum, ohne auf das einladende Geheul der anderen Hunde zu achten, und Poppy setzte sich gar nieder, hob die Nase in die Höhe und heulte, daß es einen Stein hätte erbarmen mögen.

      »Was, zum Teufel, haben denn die Viecher?« rief Roberts, verwundert näher kommend. »Der heult wohl, weil Ihr den Hirsch gefehlt habt?«

      »Gefehlt?« sagte der Krämer höchst entrüstet, »schaut her – sieht das aus wie gefehlt? Und da – und hier? Und dort, nennt Ihr das gefehlt?«

      »Wahrhaftig, da ist Schweiß genug«, sagte Curtis verwundert, »aber – wie ist mir denn, lief der Hirsch nicht dort hinüber, wohin die Hunde auch folgten? Mir war’s doch, als wenn ich seinen weißen Wedel zwischen jenen Greenbriars hätte durchschimmern sehen?«

      »Jawohl«, antwortete Harper, »da zwischen den beiden Zypressen ist er verschwunden.«

      »Nun, dann ist dies hier auch anderer Schweiß«, rief Curtis, »dieser führt nach dem Fluß zu.«

      »Nicht möglich – war denn der Bär hier?«

      »I bewahre – ein gut Stück weiter oben.«

      »Kann man denn keine Fährte erkennen?«

      »Nein – doch ja – hier ist der Jäger gegangen, da ist der Fuß eines Mannes«, rief Curtis, sich hinunter zur Erde beugend, »und da noch einer – es müssen zwei gewesen sein, und sie haben sich sorgsam an beiden Seiten vom Schweiß gehalten, um die Zeichen nicht zu verwischen.«

      »Was heißt denn das nur?« brummte Roberts vor sich hin, »der Boden ist doch weich genug hier, und ich kann nicht eine einzige Fährte im Schweiß erkennen!«

      »Glaub’s gern«, lachte Harper, »das ist kein Wild mehr, das sie verfolgt, sondern ein Tier, das sie erlegt haben. Seht Ihr denn nicht, wie tief hier ihre Fersen eingedrückt sind! Zum Fluß haben sie’s getragen, und es sollte mich gar nicht wundern, wenn es Bahrens gewesen wäre und wir heut abend ein gut Stück Wildbret in seinem Hause fänden.«

      »Bahrens trägt nie etwas anderes als Mokassins«, meinte Curtis kopfschüttelnd, »aber der eine hier hat grobe Schuhe angehabt und der andere ein Paar von den Ladenstiefeln, wie sich Brown kürzlich welche von Little Rock mitbrachte. Aber trotzdem kann es sein, daß sie ihre Beute nach Bahrens’ Hause hingeschafft haben.«

      »Oh, kommt, Leute, laßt die Fährte in Ruhe«, rief Roberts jetzt, »die Sonne ist bald untergegangen, und wir müssen wirklich machen, daß wir aus diesem verwünschten Schilfbruch herauskommen. Haben sie das Wild nach Bahrens’ Haus geschafft, und ist der alte Bahrens wirklich dabeigewesen, so finden wir sie dort heut abend und werden eine gewaltige Geschichte anhören müssen, das ist sicher; also vorwärts!«

      »Aber so seht nur, wie sonderbar sich der Hund beträgt«, sagte Harper. »Poppy – schämst du dich denn nicht? Das ist ja ein Geheul zum Rasendwerden.«

      Poppy schien aber diesmal wirklich gar nicht auf seinen Herrn zu achten, sondern beschnupperte nur von Zeit zu Zeit die Schweißflecke und fing dann wieder so jämmerlich an zu heulen, daß sich die von der nutzlosen Hirschjagd zurückkehrenden Hunde um ihn sammelten und, ebenfalls die Schnauzen emporhebend, in das schauerliche Klagelied mit einstimmten.

      »Gentlemen!« rief Roberts, plötzlich stehenbleibend, indem er seinen Hund scharf ansah, »hier ist etwas nicht in Ordnung. Poppy ist ein zu gescheites Tier, um unnütz solche Gefühle zu verraten, mit dem Schweiß dort ist’s nicht richtig, – das ist kein Schweiß, das ist Menschenblut!«

      »Den Teufel auch!« sagte Curtis und sah ängstlich den Gefährten an.

      »Laßt uns der Fährte bis zum Fluß folgen«, fuhr Roberts fort, »dort werden wir Aufklärung erhalten oder wenigstens den Platz kenntlich machen können, an dem wir morgen früh die Untersuchung fortsetzen werden. Hier geht die Spur – deutlich genug – alle kleineren Büsche sind niedergetreten, der Körper muß schwer gewesen sein. Bei einem Stück Wild wären die Träger vorn und hinten gegangen, also in einer Reihe, und hier sind die Spuren auf beiden Seiten der Last.«

      »Mir graust’s, wenn ich das Blut sehe«, sagte der Krämer und wandte sich schaudernd ab.

      »Das kommt davon, weil Ihr noch nicht lange in Arkansas seid«, meinte Curtis; »lebt Ihr erst einmal wie ich, Eure zehn Jahre im Staate, denn werdet Ihr gleichgültig gegen derartige Sachen. Ich habe manche Leiche gesehen, seit ich hier bin, manchen Ermordeten mit begraben helfen – man gewöhnt sich wirklich dran. Nur einmal – einmal war mir’s doch bald zuviel…«

      »Jetzt hört auf mit Eurer Geschichte«, unterbrach ihn Roberts unwillig, »wir haben hier Schreckliches genug vor Augen, als daß Ihr noch mit Eurer großen ’Leichenschau‹ herauszurücken hättet – laßt die Toten ruhen.«

      »Die Geschichte müßt Ihr mir erzählen«, rief der Krämer, »ich höre so etwas für mein Leben gern.«

      »Ein andermal«, erwiderte Curtis, »aber dort ist der Fluß, nun werden wir wohl finden, was wir suchen.«

      »Hier haben sie ihre Last abgelegt«, sagte Roberts, auf einen etwas niedergedrückten Platz deutend. »Hirsch oder Mensch, von da aus muß er in den Fluß geschafft sein.«

      Curtis kniete neben die Stelle hin und bog sein Gesicht tief hinunter, aufmerksam den geringsten Eindruck im weichen Boden untersuchend. Plötzlich sprang er auf und rief:

      »Es war ein Mensch – da – da ist der Eindruck eines Knopfes. Ihr könnt es deutlich erkennen – dort – gleich neben dem schwarzen Blutstreifen – vor dem gelben Blatt da.«

      »Ja wahrhaftig«, sagte Roberts, der die Stelle ebenfalls betrachtet hatte, »es war ein Mensch – hier ist auch die Stelle, wo seine Hand gelegen hat. Gentlemen, hier ist ein Mord verübt – das unterliegt

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