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abwusch, und nachher hing er mir die Cholera an.«

      »Dieser – hup! – Lump.« stieß Bon-Bon hervor, »diese – hup! – Mißgeburt einer Pillenschachtel.« – und der Philosoph vergoß eine Träne.

      »Schließlich,« fuhr der Besucher fort, »schließlich, wenn ein Teuf ... wenn ein Mann leben will, muß er mehr als ein oder zwei Talente haben; und bei uns gilt ein fettes Gesicht als Zeichen diplomatischer Veranlagung.«

      »Wieso?«

      »Es geht uns manchmal äußerst schlecht mit der Ernährung. Du mußt wissen, daß in einem so drückend heißen Klima, wie das meine ist, oft keine Möglichkeit besteht, einen Geist länger als zwei bis drei Stunden am Leben zu erhalten; nach dem Tode aber – riechen sie – du verstehst doch, nicht? – wenigstens wenn sie nicht augenblicklich eingepökelt werden (und eingepökelter Geist schmeckt nicht gut). Es besteht immer die Gefahr der Verwesung, wenn die Seelen uns auf dem gewöhnlichen Wege zugesandt werden.«

      »Hup! – hup! – heiliger Gott. wie richten Sie es denn ein?«

      In diesem Moment hob die eiserne Lampe mit verdoppelter Gewalt hin- und herzuschwingen an, und der Teufel fuhr halb von seinem Sitze auf. Bald jedoch faßte er sich wieder, stieß einen leisen Seufzer aus und sprachmit leiser Stimme: »Ich will dir etwas sagen, Pierre Bon-Bon, wir dürfen keine Verwünschungen mehr laut werden lassen.«

      Der Wirt stürzte wieder einen Humpen voll hinab, um dadurch seine Einwilligung und sein volles Verständnis auszudrücken, und der Besucher fuhr fort:

      »Nun also, man kann sich auf verschiedene Weise einrichten. Die meisten von den Unsrigen verschmachten, einige begnügen sich mit Eingepökeltem; ich meinerseits ziehe es vor, die Geister vivente corpore zu kaufen; ich finde, auf diese Art halten sie sich sehr gut.«

      »Aber der Körper! – hup! – der Körper!«

      »Der Körper, der Körper – nun was soll die Frage? – Ach! ja! ich verstehe. Nun, der Körper wird durch den Handel gar nicht in Mitleidenschaft gezogen. Ich habe in meinem Leben zahllose Geschäfte dieser Art abgeschlossen, und die andere Partei hat sich nie irgendwie dadurch belästigt gefühlt. Kain, Nimrod, Nero, Caligula, Dionys, Pisistratus und – und tausend andere wußten im späteren Lebensalter nichts davon, was es heißt, eine Seele zu haben; trotzdem waren diese Männer eine Zierde der Gesellschaft. Und dann A ..., den Sie so gut kennen wie ich? Ist er nicht im Vollbesitze seiner geistigen und körperlichen Fähigkeiten? Wer schreibt ein scharfsinnigeres Epigramm? Wer urteilt geistreicher? Wer – aber halt! sein Pakt steht ja in meinem Taschenbuche.«

      Mit diesen Worten zog er eine flache Brieftasche aus rotem Leder aus seiner Tasche und entnahm ihr eine Anzahl Papiere. Bon-Bon gelang es, auf dem einen oder anderen einige unzusammenhängende Silben zu erspähen: »Machi ..., Maza ..., Robesp ...« – dann auch ganze Worte: »Caligula, George, Elisabeth.« Seine Majestätsuchte einen schmalen Pergamentstreifen heraus und las laut die folgenden Worte vor:

      »In Anerkennung gewisser geistiger Gaben, auf deren Aufzählung hier einzugehen nicht nötig ist, außerdem in Anerkennung von eintausend Louis d'or trete ich hiermit dem Inhaber dieses Paktes alle meine Rechte, Titel, und Pertinenzien an dem Schatten ab, der sich meine Seele nennt. (gezeichnet) A .....«[3] (Nun nannte Seine Majestät einen Namen. Ich fühle mich nicht berechtigt, ihn in klarerer Weise anzudeuten.)

      »Ein gewandter Bursche,« fuhr jener fort; »aber, wie du, lieber Bon-Bon, war er gründlich über die Seele im Irrtum. Du lieber Gott, die Seele ein Schatten. Die Seele ein Schatten! Ha! ha! ha! – he! he! he! – hu! hu! hu! Stell dir nur einmal einen frikassierten Schatten vor!«

      »Man stelle sich – hup! – einen frikassierten Schatten vor!« rief unser Held, dessen Geisteskräfte durch die tiefsinnigen Reden Seiner Majestät aufs äußerste angefeuerte wurden. »Man stelle – hup.–sich einen frikassierten Schatten vor. Nun, hol mich der Teufel! – hup! – hm! Als ob ich solch ein – hup! – Einfaltspinsel wäre! Meine Seele, Herr – hm!«

      »Ihre Seele, Herr Bon-Bon?«

      »Ja! mein Herr – hup! – meine Seele ist – –«

      »Was, mein Herr?«

      »Kein Schatten, zum Teufel nochmal!«

      »Wollten Sie vielleicht behaupten – – –«

      »Ja, mein Herr, meine Seele ist – hup! – hm! – ja, mein Herr.«

      »Hatten Sie nicht die Absicht, zu erklären – – –«

      »Meine Seele ist – hup! – besonders geeignet für – hup! – ein – – –«

      »Was, mein Herr?«

      »Stew.«

      »Ha!«

      »Soufflee.«

      »Oh.«

      »Frikassee.«

      »In der Tat.«

      »Ragout und Frikandeau – und nun paß auf, mein guter Bursch. Ich werde es dir zukommen lassen – hup! ein Handel.« Er klopfte Seine Majestät auf den Rücken.

      »Ausgeschlossen«, sagte letztere ruhig, und damit erhob sie sich. Der Metaphysiker starrte sie an.

      »Für den Augenblick bin ich genügend versehen,« sagte Seine Majestät.

      »Hu – up! – wa–as?« sprach der Philosoph.

      »Momentan ohne Pekunia.«

      »Was?«

      »Außerdem wäre es meinerseits sehr schofel – – –«

      »Mein Herr.«

      »Vorteil ziehen zu wollen – von – – –«

      »Hup.«

      »Ihrer gegenwärtigen widerlichen und unschicklichen Verfassung.«

      Der Besucher verbeugte sich und zog sich zurück – wie er dies bewerkstelligte, konnte nicht genau festgestellt werden –, der Metaphysik aber machte eine Anstrengung, eine Flasche nach »dem Schurken« zu schleudern, die dünne Kette, die vom Plafond herabhing, riß auseinander, und der Philosoph wurde durch die herabstürzende Lampe zu Boden gestreckt.

      Alle die tausend kränkenden Reden Fortunatos ertrug ich, so gut ich konnte, als er aber Beleidigungen und Beschimpfungen wagte, schwor ich ihm Rache. Ihr werdet doch nicht annehmen – ihr, die ihr so gut das Wesen meiner Seele kennt –, daß ich eine Drohung laut werden ließ. Einmal würde ich gerächt sein! Aber die Bestimmtheit, mit der ich meinen Entschluß faßte, verbot mir alles, was mein Vorhaben gefährden konnte. Ein Unrecht ist nicht bestraft, wenn den Rächer Vergeltung trifft für seine Rachetat; es ist auch nicht bestraft, wenn es dem Rächer nicht gelingt, sich als solcher seinem Opfer zu zeigen.

      Es muß vorausgeschickt werden, daß ich Fortunato weder mit Wort noch Tat Grund gab, meine gute Gesinnung anzuzweifeln. Ich fuhr fort, liebenswürdig zu ihm zu sein, und er gewahrte nicht, daß mein Lächeln jetzt dem Gedanken seiner Vernichtung galt.

      Er hatte eine Schwäche, dieser Fortunato – obschon er in anderer Hinsicht ein geachteter und sogar gefürchteter Mann war. Er brüstete sich damit, daß er ein Weinkenner sei. Nur wenige Italiener besitzen den wahren Kunstverstand. Sie begeistern sich meist nur für eine einzige Sache: für betrügerische Manipulationen gegenüber britischen und österreichischen Millionären. In der Beurteilung von Bildern und Edelsteinen war Fortunato, gleich seinen Landsleuten, ein unwissender Prahlhans, in bezug auf alte Weine aber hatte er ein ehrliches und sicheres Urteil. Hierin stand ich selbst ihm kaum nach; ich kannte den italienischen Wein gut und kaufte viel, sooft sich mir günstige Gelegenheit bot.

      Es war in der tollen Karnevalszeit, als ich an einem dämmerigen Abend meinem Freunde begegnete. Er begrüßte mich mit übertriebener Wärme, denn er hatte viel getrunken. Der Mann war maskiert. Er trug ein enganliegendes, zur Hälfte gestreiftes

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