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Nieren, aber sie wollte eben alles oder nichts. Nachdem er ihr gesagt hatte, dass er sich im Moment noch nicht binden wolle, hat sie sich mit einem anderen Mann eingelassen und David hat sich mit dem neuen Sportwagen getröstet.“

      „Dabei hätten wir so gerne Enkelkinder gehabt“, ergänzt seine Frau.

      „Gab es in der Firma jemanden der ihm den schnellen Aufstieg nicht gegönnt hat?“, will Petersen wissen.

      Dr. Dorn überlegt. „Nicht, dass ich wüsste. Wir haben viel über seine Arbeit in der Firma gesprochen. Natürlich gibt es immer mal Kollegen, die neidisch sind. David erzählte mir zwar mal was von fragwürdigen Laborergebnissen und von einem ebensolchen Mitarbeiter, aber ich habe der Sache keine große Bedeutung zugemessen, und an den Namen kann ich mich beim besten Willen nicht mehr erinnern.“

      Petersen rümpft unmerklich die Nase und wendet sich zum Gehen.

      „Ich bedanke mich sehr für Ihre Offenheit. Zum Schluss habe ich noch ein Anliegen: Um ganz sicher zu gehen, dass kein Fremdverschulden vorliegt, möchten wir Ihren Sohn obduzieren lassen.“

      Frau Dorn schaut den Beamten entsetzt an. In ihren Augen spiegelt sich das blanke Entsetzen wider. „Sie meinen doch nicht etwa..?“

      „Doch Frau Dorn, so leid mir das tut.“

      Sie wirft sich schluchzend in die Arme ihres Mannes. Dieser kann den Schmerz seiner Frau nur schwer ertragen und wird langsam wütend. „Wenn es denn unbedingt sein muss!“, sagt er mit vorwurfsvollem Unterton.

      Petersen verabschiedet sich. „Wir werden Sie selbstverständlich über alle Ergebnisse informieren.

      Unter der Haustür dreht er sich noch einmal um. „Entschuldigen Sie, Herr Dr. Dorn. Eine allerletzte Frage: Hat Ihr Sohn in letzter Zeit eine Lebensversicherung abgeschlossen?“

      Dr. Dorn ist sichtlich entrüstet. Das „Nein!“ kommt wie aus der Pistole geschossen aus seinem Mund. Wütend schlägt er Petersen die Tür vor der Nase zu.

      Wie ein geprügelter Hund verlässt Petersen den Bungalow. Als er in seinen Wagen steigt, ist er unendlich erleichtert, dass er diese heikle Aufgabe hinter sich hat. Er schnappt sich die Schnupftabaksdose und zieht sich eine ordentliche Prise in die Nase.

      6. Kapitel

      Zur gleichen Zeit kneift Frau Hinerk, eine resolute Fünfzigerin im Vorzimmer von Herrn Kriminaldirektor Behrendtsen, ihre strichförmigen Lippen zusammen. Das macht sie immer, wenn sie versucht, über die Kopfhörer des Diktiergerätes ein Diktat ihres Chefs zu verstehen. Dies ist ein schwieriges Unterfangen, da Behrendtsen während des Diktierens gerne mal in Rage gerät und so laut brüllt, dass die Aufnahme übersteuert.

      Völlig konzentriert tippt sie gerade den letzten Satz ab, als Bramme mit jugendlichem Elan ihr Büro betritt.

      „Moin Frau Hinerk!“, ruft ihr Bramme im Vorbeigehen zu, „ich muss dringend mit dem Chef sprechen.“

      Frau Hinerk hebt den Kopf und schaut ihn entgeistert an. Sie registriert in Panik, dass Bramme fast die Tür zum Büro des Chefs erreicht hat, reißt sich die Kopfhörer herunter, holt ihn mit ein paar Sätzen ein und versperrt ihm den Weg.

      „Der Chef hat Besuch. Da können Sie jetzt nicht rein.“

      Bramme bleibt abrupt stehen. Mit ihrer strengen Hochsteckfrisur und der weit vorne auf der Nase sitzenden Brille erinnert sie ihn irgendwie an seine Mutter.

      „Okay, dann sagen Sie ihm bitte, dass ich ihn dringend sprechen muss. Es geht um einen Mord.“

      Sie zieht erstaunt die Augenbrauen hoch und schnappt sich einen Kugelschreiber und ein Blatt Papier. Noch bevor sie sich Brammes Wunsch notieren kann, kommt Behrendtsen in Begleitung eines Mannes aus seinem Büro heraus. Der Kriminaldirektor, ein glatzköpfiger Mann um die Sechzig, klopft seinem Begleiter zum Abschied jovial auf die Schulter.

      „Und lassen Sie sich bloß nicht abweisen!“, gibt er seinem Gesprächspartner mit auf den Weg. Inzwischen bemerkt er Bramme. Sofort wendet er sich dem Hautkommissar zu.

      „Gut, dass Sie da sind, Bramme!“ Mit einer einladenden Handbewegung weist er Bramme den Weg in sein Büro. Frau Hinerk wirft den Beiden einen verärgerten Blick nach.

      „Ich habe gehört, dass es einen neuen Mordfall geben soll. Ist denn was dran an der Sache?“

      „Viel konnten wir in der kurzen Zeit noch nicht herausfinden. Bei dem Toten handelt es sich um Dr. David Dorn, einen Pharmakologen. Wir haben die Obduktion der Leiche veranlasst und der Wagen, beziehungsweise das, was von ihm übrig blieb, ist bei der Spurensicherung. Das Labor hat unsere Vermutung, dass der Unfall durch eine Ölschicht absichtlich herbeigeführt wurde, bestätigt. Wir haben es hier mit einem äußerst raffinierten Verbrechen zu tun, das nur durch glückliche Umstände entdeckt worden ist.“

      „Den Vater des Toten kenne ich gut. Wir sind im selben Golfclub. Der alte Dorn war sehr stolz auf seinen Sohn. Das muss ein harter Schlag für ihn sein. Sie haben ihm hoffentlich nichts von den Verdachtsmomenten erzählt!?“

      „Nein, nein! Petersen hat die Befragung sehr diskret durchgeführt. Wegen der Obduktion waren die Eltern allerdings etwas irritiert.“

      „Gut, bleiben Sie am Ball, Bramme. Schauen Sie sich mal in der Pharma-Welt um. Es versteht sich ja von selbst, dass das mit der notwendigen Zurückhaltung zu geschehen hat. Nicht, dass es da vorzeitig zu irgendwelchen unsinnigen Rückschlüssen kommt. Der Inhaber der Firma, Dr. Tabor und sein Geschäftsführer Professor Cano sind anerkannte Wissenschaftler, mit denen man sicher vernünftig reden kann. Legen Sie sich ins Zeug! Ich möchte meinem Golffreund beweisen, dass wir eine schlagkräftige Truppe sind. Vermeiden Sie aber auf alle Fälle jedes unnötige Aufsehen und halten Sie die Presse raus. Ich möchte keine Klagen hören. Haben wir uns verstanden?“

      „Sie können sich ganz auf uns verlassen!“

      7. Kapitel

      „Na, was sagt denn der werte Herr Kriminaldirektor zu unseren tollkühnen Vermutungen?“, fragt Petersen, als er in das Industriegebiet abbiegt.

      „Wir sollen dranbleiben. Er will wie immer so schnell wie möglich Ergebnisse sehen“, sagt Bramme verbiestert.

      „Das ist doch immer das Gleiche. Er will halt mal wieder eine Pressekonferenz abhalten und sich im Licht unserer Erfolge sonnen.“

      Bramme guckt ihn pikiert an und verschluckt die Antwort. Sie fahren auf ein gläsernes Hochhaus zu, das schon von außen klinisch rein wirkt. Petersen hält vor einer Schranke. Ein Pförtner schlurft aus seinem Häuschen heraus. Bramme lässt das Fenster herunter.

      „Zu wem wollen Sie? Haben Sie einen Termin?“, fragt der gehbehinderte Mann höflich.

      „Wir brauchen keinen Termin“, sagt Bramme und hält ihm seine Dienstmarke unter die Nase.

      „Zu wem wollen Sie?“, fragt der Mann noch einmal.

      „Zu Professor Cano.“

      „Parken Sie dort“, sagt der Pförtner und zeigt auf die Besucherparkplätze. „Ich melde Sie an.“

      Petersen stellt das Fahrzeug ab. „Hier sieht alles so steril aus. Wie mag hier erst der Kaffee schmecken?“, fragt er beim Aussteigen.

      „Ich hoffe nach Kaffee“, antwortet Bramme lapidar.

      Die beiden ungleichen Männer betreten die Eingangshalle. An der Wand hängt das Porträt des Firmengründers Dr. Tabor, eingerahmt von dem Firmen-Logo. An der Fensterfront stehen einige Gummibaumgewächse.

      Während sie warten, legt Petersen, dessen Vater vor zwei Jahren an einer Tablettenvergiftung gestorben ist, richtig los: „Alle, die mit Medizin und Pharmazie zu tun haben, halte ich schlichtweg für Scharlatane und Verbrecher. Auf eine Gelegenheit, diesen Giftmischern einmal kräftig auf die Finger zu klopfen, habe ich schon lange gewartet.“

      „Du hältst dich schön im Zaum!“, pfeift ihn Bramme

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