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es kann nicht jeder dort ankommen.«

      »Das ist es ja, was ich sage«, entgegnete Ferdie Fane, »und deshalb weiß ich auch, daß er mich nicht nehmen wird. Sie müssen mich schon bei sich behalten, daran kann ich nichts ändern.«

      »Ich habe durchaus nichts dagegen, daß Sie bei mir wohnen«, erklärte der Wirt schnell. »Sie geben mir keinen Anlass zu Klagen, nur –«

      »Sie wollten sagen, daß ich in meinen Gewohnheiten regelmäßiger sein könnte!«

      Fane hob das volle Glas und nahm einen kräftigen Schluck; er lachte leise vor sich hin, als ob ihm ein Scherz einfiele. Aber gleich darauf wurde er wieder ernst und sah stirnrunzelnd vor sich hin.

      »Diese Mary Redmayne ist doch wirklich ein famoses, hübsches Mädel. Meinen Sie nicht auch?«

      »Sie ist erst vor vier Wochen aus dem College zurückgekommen, und sie ist die netteste junge Dame, die ich jemals gesehen habe.«

      »Ach, junge Mädchen sind alle nett und liebenswürdig«, entgegnete Fane unbestimmt.

      Am nächsten Tag reiste er mit seiner Angelrute wieder ab. Er hatte weder geangelt, noch hatte er die Golfschläger benützt, die er zu seinem Landaufenthalt mitgebracht hatte.

      Das Leben im Herrenhaus verlief ruhig und ungestört, so daß Mary Redmayne allmählich den Platz liebgewann. Sie mochte Mr. Goodman gut leiden. Er war ein älterer Herr mit grauen Haaren, der langsam und bedächtig sprach und schon lange in Monkshall wohnte. Er war der erste zahlende Gast gewesen, den ihr Vater ins Haus genommen hatte. Und sie schätzte den schönen, alten Park mit den schattigen Wegen und das altertümliche, romantische Haus. Selbst die Schweigsamkeit ihres Vaters bedrückte sie kaum. Er war älter geworden, und sein Gesicht sah jetzt noch um einen Schatten bleicher aus als gewöhnlich. Sie war es gewohnt, daß er wenig lächelte, und er litt von jeher an Nervosität. Mitten in der Nacht hatte sie schon beobachtet, daß er im Haus umherging, und einmal überraschte sie ihn in seinem Arbeitszimmer in einem merkwürdigen Zustand. Er sprach heiser und langsam, aber Mary hatte die Erklärung bald gefunden. Eine leere Whiskyflasche stand in der Ecke. Er hatte also wieder seiner alten Schwäche nachgegeben.

      Mit der Zeit fiel jedoch auch ihr das alte, einsame Haus auf die Nerven. Manchmal erwachte sie mitten in der Nacht plötzlich und richtete sich im Bett auf. Dann versuchte sie sich darüber klarzuwerden, wodurch sie so unvermittelt aus dem Schlaf aufgeschreckt war. Einmal hatte sie Geräusche gehört, und der kalte Angstschweiß trat auf ihre Stirn. Und nicht nur einmal hatte sie geglaubt, von weither dumpfe Orgeltöne zu vernehmen.

      Am nächsten Morgen fragte sie Cotton, den Butler, aber der hatte nichts gehört. Die anderen Dienstboten waren empfindlicher, und das weibliche Personal wechselte alle paar Wochen oder Monate. Mary fragte die Mädchen aus, aber ihr Vater kam dahinter und verbot es ihr. Das merkwürdigste war, daß er diese Zustände als selbstverständlich hinnahm und nichts zu den häufigen Kündigungen der Dienstboten sagte.

      »In diesem Haus komme ich überhaupt nicht zur Ruhe, ich habe furchtbare Angst«, klagte ein weinendes Dienstmädchen. »Haben Sie auch die Schreie während der Nacht gehört? Ich schlafe im östlichen Flügel – es ist furchtbar. In dem alten Schloß spukt es.«

      »Aber Anna, das ist doch alles Unsinn«, schalt Mary und gab sich Mühe, ruhig zu erscheinen. »Wie können Sie solche Dinge überhaupt glauben!«

      »Aber es stimmt, Miss Mary«, erwiderte das Mädchen hartnäckig. »Ich habe gesehen, wie der Geist im Mondschein auf dem Rasen wandelte!«

      Zuerst wollte Mary das nicht glauben, aber später sah sie selbst merkwürdige Dinge. Einer der Gäste, der erst kürzlich zugezogen war, blieb nur zwei Nächte und verließ dann das Herrenhaus, da er mit seinen Nerven vollkommen fertig war.

      »Ach, das ist alles nur Einbildung«, sagte der Colonel, als sich Mary an ihn wandte. »Mein liebes Kind, du fängst auch an, dich zu fürchten wie die Dienstmädchen.«

      Später entschuldigte er sich wegen dieser Äußerung, aber Mary hörte weiter Geräusche in dem Schloß. Sie begann auch darauf zu achten, und schließlich sah auch sie seltsame Dinge, so daß sie an ihrem klaren Verstand zweifelte.

      Als sie eines Tages allein durchs Dorf ging, bemerkte sie einen Mann in einem Golfanzug. Der Herr war sehr groß und trug eine Hornbrille. Als sie an ihm vorüberkam, grüßte er sie mit einem freundlichen Lächeln. An diesem Tag sah sie Ferdie Fane zum erstenmal mit Bewusstsein.

      4

      Chefinspektor Hallick fuhr nach dem Gefängnis von Princetown, um einen letzten Versuch zu machen. Er wußte allerdings schon von Anfang an, daß er keinen Erfolg haben würde. Der Direktor der Anstalt traf ihn am Eingang.

      »Ich glaube ja nicht, daß Sie mit diesen Kerlen weiterkommen. Die haben ihre Strafe bald abgesessen und wollen natürlich nichts mehr verraten.«

      »Das kann man niemals voraussagen«, entgegnete Hallick lächelnd. »Ich habe einmal eine sehr wertvolle Information von einem Gefangenen erhalten, der am nächsten Tage entlassen wurde.«

      Dann gingen beide zusammen zu dem Büro des Direktors.

      »Mein Oberwärter sagt, daß die beiden nicht sprechen werden, und der versteht es, sich das Vertrauen der Gefangenen zu erwerben. Als sie damals gefangengenommen wurden und eine lange Strafe bekamen, haben Sie doch alles versucht, um ein Geständnis aus ihnen herauszubringen. Glauben Sie mir, es gibt eine Menge Leute in unserer Anstalt, die gar zu gern wissen möchten, wo das Gold versteckt liegt. Persönlich bin ich davon überzeugt, daß die beiden keine Ahnung von dem Verbleib des Goldes haben. Bei der Gerichtsverhandlung sagten sie doch aus, daß O'Shea sich mit der Beute aus dem Staube gemacht habe, und das halte ich auch für wahrscheinlich.«

      Der Chefinspektor lächelte.

      »Möchte nur wissen, wo so viel Geld versteckt liegen mag. Als ich sie verhaftete, war ich auch überzeugt, daß O'Shea sie betrogen hatte, aber inzwischen habe ich meine Meinung geändert.«

      In diesem Augenblick trat der Oberwärter ins Büro und begrüßte den Chefinspektor.

      »Ich habe die beiden heute morgen in ihren Zellen gelassen – Sie wollen doch mit ihnen sprechen?«

      »Ich möchte zuerst Connor sehen.«

      »Gut, ich werde ihn sofort herunterbringen.«

      Er verließ das Büro und ging über den großen, asphaltierten Hof zum Eingang des mächtigen häßlichen Gebäudes. Ein Stahlgitter versperrte die Zugangstür. Nachdem er das komplizierte Schloß geöffnet hatte, trat er durch die Tür in die Halle. Diese wurde in mehreren Geschossen von Galerien umgeben, an denen die einzelnen Zellentüren lagen. Er ging den untersten Gang entlang, blieb vor einer Tür stehen und öffnete sie. Der Gefangene saß in Sträflingskleidung auf der Ecke seines Bettes und hatte das Gesicht in die Hände gestützt. Als ihn der Wärter anrief, erhob er sich verdrießlich.

      »Connor, ein Herr von Scotland Yard ist gekommen, um mit Ihnen zu sprechen. Wenn Sie vernünftig sind, dann beantworten Sie seine Fragen, so gut Sie können.«

      Connor starrte ihn düster an.

      »Ich habe nichts zu sagen«, erklärte er finster. »Warum können die einen nicht einmal im Gefängnis in Ruhe lassen? Selbst wenn ich wüßte, wo das Geld versteckt liegt, würde ich es doch nicht sagen!«

      »Seien Sie doch nicht so dumm! Was können Sie schon dadurch erreichen, daß Sie dauernd Ihre Aussagen verweigern?«

      »Nun, die Dummheit ist mir hier im Gefängnis gründlich ausgetrieben worden! Zehn Jahre bin ich hier eingeschlossen worden. Ich kenne jeden Ziegelstein – wer will mich denn sprechen?«

      »Chefinspektor Hallick.«

      Connor verzog das Gesicht. »Will er Marks auch sprechen? Ich dachte, Hallick wäre tot.«

      »Da haben Sie sich aber mächtig geirrt, der ist sehr lebendig.«

      Connor

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