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      »Aber ich habe es doch schon getan«, entgegnete sie düster.

      Er schüttelte mißbilligend den Kopf.

      »Du fängst die Sache gleich von vornherein verkehrt an. Sir James Tynewood war nicht betrunken, als er dich dringend bat, die Heirat für ein Jahr geheimzuhalten. Er war sogar sehr nüchtern, und sicher hat er wichtige Gründe.«

      Mit einem ungeduldigen Achselzucken wandte sie sich von ihm ab und ging zu dem jungen Mann hinüber, der inzwischen seine akrobatischen Kunststücke aufgegeben hatte und mit unsicherer Hand ein Sektglas hielt. Sein Freund bemühte sich, es zu füllen, goss aber dauernd daneben, so daß der fliederfarbene Teppich bald häßliche Flecken zeigte.

      »Jimmy, komm einmal mit mir«, sagte sie und legte ihren Arm in den seinen.

      Sein Gesicht war rot und angeheitert, und er lächelte sie verständnislos an.

      »Einen Augenblick, Schatz«, entgegnete er mit etwas belegter Stimme. »Ich muß noch ein Glas mit meinem lieben alten Mark zusammen trinken.«

      »Du kommst jetzt mit mir. Ich muß mit dir sprechen«, erklärte sie entschieden.

      Mit einem Grinsen ließ er den Sektkelch zu Boden fallen, und das Glas zersplitterte in tausend Stücke.

      »Da merkt man erst, wie verheiratet man ist! Am Ende hat der Pfarrer bei der Trauung noch gesagt, daß man seiner Frau gehorchen soll!«

      Sie führte ihn zu Javot.

      »Jimmy«, sagte sie dann unvermittelt, »ich habe den großen Zeitungen und Gesellschaftsblättern unsere Verheiratung mitgeteilt.«

      Er starrte sie nur erstaunt an und runzelte die Stirn. In seinem betrunkenen Zustand wurde ihm nicht klar, um was es sich eigentlich handelte.

      »Sag doch – noch einmal –, was du willst.«

      »Ich habe die Zeitungen davon benachrichtigt, daß sich die bekannte und beliebte Schauspielerin Alma Trebizond mit Sir James Tynewood auf Schloß Tynewood vermählt hat«, erwiderte sie kühl. »Es paßt mir nicht, daß meine Heirat mit dir geheimgehalten werden soll. Du schämst dich doch nicht etwa meinetwegen?«

      Er zog seinen Arm aus dem ihren und fuhr nervös mit der Hand durch sein Haar. Anscheinend machte er den Versuch, intensiv nachzudenken.

      »Verdammt noch einmal, ich habe dir doch aber ausdrücklich gesagt, daß du das unterlassen sollst«, entgegnete er mit plötzlicher Heftigkeit. »Zum Henker, habe ich dir das nicht ganz strikt befohlen, Alma?«

      Plötzlich schlug seine Stimmung jedoch wieder um, und der düstere Ausdruck wich aus seinem Gesicht. Er warf den Kopf zurück und lachte übermäßig laut.

      »Na, das ist ja der beste Witz, den ich jemals gehört habe«, brüllte er und wischte sich die Tränen aus den Augen. »Javot, darauf müssen wir sofort ein Glas trinken.«

      Aber Augustus Javot schüttelte den Kopf.

      »Nein, danke vielmals, Sir James. Wenn ich Ihnen einen guten Rat geben darf –«

      »Lassen Sie das lieber«, sagte Sir James etwas anmaßend. »In diesen Tagen nehme ich überhaupt von niemandem einen Rat an. Ich habe Alma geheiratet – das ist das einzige, was augenblicklich für mich zählt, und wenn sich die ganze Welt auf den Kopf stellt. Habe ich nicht recht, Liebling?«

      Als er wieder durch das Zimmer wankte, schaute Javot nachdenklich hinter ihm her.

      »Ich möchte nur wissen, was seine Verwandten dazu sagen?« fragte er leise.

      Alma wandte sich gereizt zu ihm um.

      »Kommt es denn darauf an, was seine Verwandten dazu sagen?« fragte sie scharf. »Außerdem hat er gar keine Verwandten! Nur einen jüngeren Bruder, der sich in Afrika aufhält. Und obendrein ist der Junge nur ein Halbbruder von ihm. Javot, du bist heute Abend wirklich unausstehlich. Du fällst mir direkt auf die Nerven mit deinem entsetzlichen Unken. Nimm dich doch ein wenig zusammen.«

      Er erwiderte nichts und setzte sich nachlässig auf die Sofalehne, als sie ihrem Mann nachging. Seine Gedanken beschäftigten sich unablässig damit, wie dieses Abenteuer wohl noch enden würde.

      Die ausgelassene Stimmung war gerade auf dem Höhepunkt, als plötzlich eine Unterbrechung kam.

      Almas Wohnung lag in einem vornehmen Häuserblock in der Nähe des Hyde Parks, und es wohnten im allgemeinen nur ruhige Leute in dieser Gegend. Als das Dienstmädchen in der Tür erschien, glaubte Javot daher, daß sich die Mieter der unteren Stockwerke über den Lärm beschweren wollten. Daran war er schon gewöhnt, denn solche Unterbrechungen kamen, regelmäßig bei den Gesellschaften vor, die Alma in ihrer Wohnung gab.

      Diesmal schien Janet jedoch eine wichtige Nachricht zu haben, denn Alma brachte die angeheiterten Gäste zum Schweigen.

      »Was, ich soll hier gestört werden?« fragte Sir James laut.

      »Ja, die Dame wünscht, Sie dringend zu sprechen«, erwiderte Janet.

      »Wer ist es denn?« fragte Alma.

      »Ein hübsches, junges Mädchen, Mylady.« Janet gab sich Mühe, ihre Herrin mit dem neuen Titel anzureden.

      Lady Tynewood lachte.

      »Hast du schon wieder eine neue Eroberung gemacht, Jimmy?«

      Sir James grinste selbstzufrieden, denn er war sehr stolz auf die Wirkung seiner Persönlichkeit.

      »Na, dann bringen Sie die Dame mal herein«, befahl er gönnerhaft.

      Janet zögerte.

      »Haben Sie nicht gehört, was ich gesagt habe?« rief Tynewood übermäßig laut.

      Janet verschwand.

      Gleich darauf kam sie zurück und führte eine junge Dame herein.

      Javots Augen leuchteten auf, als er das unbekannte Mädchen sah.

      »Ein verdammt hübscher Käfer!« murmelte er halblaut vor sich hin.

      Miss Stedman sah sich etwas verwirrt in der Gesellschaft um und schien sich in dieser Umgebung wenig wohl zu fühlen.

      »Sir James Tynewood?« fragte sie leise.

      »Ja, das bin ich.«

      »Ich bringe einen Brief für Sie.«

      »Für mich?« wiederholte er gedehnt. »Zum Teufel, woher kommen Sie denn?«

      »Von den Rechtsanwälten Vance and Vance.«

      Sir James Tynewoods Gesicht zuckte nervös.

      »So, von Vance and Vance kommen Sie?« sagte er heiser.

      Javot glaubte, einen angstvollen Unterton in der Stimme des jungen Mannes zu hören.

      »Ich weiß wirklich nicht, wie Mr. Vance dazu kommt, mich zu so später Stunde noch zu stören.«

      Zögernd nahm Sir James den Brief aus der Hand des Mädchens und betrachtete ihn von allen Seiten.

      »Mach ihn doch auf, Jimmy«, rief Alma ungeduldig. »Du kannst doch die junge Dame nicht so lange warten lassen!«

      Ein Herr mit Künstlerlocken trat näher, und bevor Miss Stedman seine Absicht erkennen konnte, hatte er sie schon um die Taille gefaßt.

      »Das ist meine Partnerin zum Tanz, auf die habe ich schon den ganzen Abend gewartet!« erklärte er ausgelassen. »Dreh doch den Klapperkasten wieder an, Billy.«

      Sie wollte sich freimachen, aber es gelang ihr nicht, und wohl oder übel mußte sie sich nach dem Takt der Musik bewegen. Hilfesuchend sah sie sich um, aber niemand nahm sich ihrer an. Die anderen grinsten nur und schauten vergnügt zu.

      »Lassen Sie mich sofort gehen«, rief sie erregt. »Bitte, lassen Sie mich in Ruhe. Sie dürfen doch nicht –«

      »Immer flott und elegant, meine kleine Puppe«, erwiderte der junge

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