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Große aus Wolfsburg« (VW-Werbeslogan) verfügte immerhin über eine moderne selbsttragende Karosserie, allerdings war er sogar teurer als der jüngst präsentierte Audi 75. Hinzu kam: Wer sich als Interessent einen VW 411 in den Ausstellungsräumen von VW ansah, ging nicht selten als Käufer eines neuen, deutlich moderner konzipierten Audi 100 wieder hinaus. Dass viele VW-Betriebe auch Fahrzeuge von Audi verkauften, machte sich in einem direkten und für die Schwestermarke VW teuren Kannibalisierungseffekt bemerkbar.

      Ein Grund zur Trauer war für viele Wolfsburger der Tod von Ex-Konzernlenker Heinrich Nordhoff, der seit 1948 als Generaldirektor der Volkswagenwerk GmbH und seit dem Jahr 1960 als Vorstandsvorsitzender der Volkswagenwerk AG fungiert hatte. »Mister Volkswagen«, wie er anerkennend genannt wurde, hatte VW nach dem Krieg zur jetzigen Größe geführt. Neuer VW-Chef wurde Dr. Kurt Lotz, der am 1. Mai 1968 den Posten des Vorstandsvorsitzenden der Volkswagenwerk AG übernahm.

      Volkswagen stand für Zuverlässigkeit und Solidität – als innovativ oder sportlich wurde die Marke nicht angesehen. Das wollten die Verantwortlichen ändern, weshalb schon in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre der Beschluss gefasst worden war, gemeinsam mit Porsche einen bezahlbaren Sportwagen zu bauen. Welche positiven Auswirkungen solch ein »Einstiegssportwagen« für das Markenimage mit sich bringen konnte, machte Opel mit dem neuen Modell GT vor, das 1968 auf den Markt gekommen und enthusiastisch aufgenommen worden war. Das Erfolgsrezept des Opel GT war simpel: Über biedere, ausgereifte Großserientechnik war eine attraktive Blechhülle gestülpt worden, die den Zweitürer zumindest optisch zu einem Sportwagen machte. Der Opel GT leistete dabei in seiner stärksten Version gerade einmal 90 PS (66 kW).

      Diese beschlossene Kooperation von VW und Porsche barg für beide Hersteller Potenzial: Während VW damit die biedere Produktpalette durch ein Sportmodell ergänzen würde, könnte Porsche neben dem teuren Modell 911, das 1964 den Porsche 356 abgelöst hatte, ein preisgünstiges Einstiegsmodell auf den Markt bringen. Ein solches Einstiegsmodell war für Porsche dringend nötig, denn der »Sparporsche« 912, ein ausstattungsreduzierter 911er mit dem alten Vierzylindermotor des 356, wurde von den Kunden nicht wie erhofft angenommen.

      Im Herbst 1969 kam schließlich der VW-Porsche 914 (Typ 47) als Zweisitzer (mit einem Notsitz zwischen Fahrer und Beifahrer) auf den Markt. Konzipiert war der VW-Porsche als Mittelmotorfahrzeug, das durch eine niedrige Gürtellinie sehr breit und durch seine Klappscheinwerfer durchaus sportlich wirkte. Charakteristisch für den VW-Porsche war sein Targa-Dach aus Kunststoff, das ihn fast zu einem Cabrio machte. Das Dach konnte nach der Demontage im hinteren Kofferraum verstaut werden. Für Gepäck blieb dann nur noch ein kleiner Stauraum in der Fahrzeugfront.

      Erhältlich war der VW-Porsche in zwei Versionen: Einmal als Modell 914/4 mit dem 80 PS leistenden 1,7-Liter-Vierzylinder-Boxermotor mit Einspritzung aus dem neuen VW 411 E; darüber hinaus als 914/6 mit dem 110 PS starken 2,0-Liter-Sechszylinder-Boxermotor des Porsche 911 T. In beide Modelle wurde serienmäßig ein 5-Gang-Getriebe verbaut. Um den 914/6 als »richtigen« Porsche gelten zu lassen, wurde er direkt bei Porsche in Stuttgart-Zuffenhausen produziert, während der 914/4 bei Karmann in Osnabrück vom Band rollte.

      Doch der gemeinschaftlich entwickelte Wagen hatte einen schwierigen Start, denn Verarbeitungsmängel und Rostanfälligkeit brachten den VW-Porsche schnell in Misskredit. Schlimmer aber war der Streit zwischen Porsche und VW um die Vermarktungsrechte. Aus der Not heraus wurde für den Verkauf des Modells schließlich eine neue Firma gegründet, die »VW-Porsche Vertriebs GmbH« mit Sitz in Ludwigsburg. Hinzu kam, dass der preisliche Abstand zwischen dem VW-Porsche 914/6 und dem Porsche 911 viel zu gering ausgefallen war, so dass sich nur wenige Porsche-Kunden für den stärkeren VW-Porsche entschieden. Kurz gesagt: Für Porsche hatte sich diese gemeinsame Entwicklung nicht ausgezahlt.

      Und noch ein weiteres Modell kam 1969 von VW: der »Kurierwagen« (Typ 181), besser bekannt als »Kübelwagen«. Auftraggeber war die Bundeswehr, die ein Nachfolgemodell zum zweitaktenden Altmodell DKW Munga (»Mehrzweck-Universal-Geländewagen mit Allradantrieb«) benötigte. Dieses rustikale Modell fand durch seine Robustheit und das Fehlen eines festen Daches bald auch außerhalb des militärischen Einsatzes seine Käufer. Vor allem in der Alternativen- und Hippieszene der USA erreichte der Typ 181 unter dem Namen »The Thing« bald Kultstatus. Zur Konzeption und Technik des Typ 181 konkretisiert der VW-Konzern auf seinem Portal VOLKSWAGEN CLASSIC:

      »Erstaunlicherweise besteht das Lastenheft nicht auf Vierradantrieb. So können die Entwicklungsingenieure in den großen Volkswagen Baukasten greifen: Vom Karmann Ghia Typ 14 kommt die überarbeitete Plattform, vom Käfer 1500 stammen die abgeänderte Vorderachse, der Motor und die Kupplung, die Lenkung und die Instrumente, vom Transporter Typ 2 T1 (und nicht von dessen Nachfolger) das Getriebe und die Hinterachse mit dem seltenen Radvorgelege, das Bodenfreiheit und Übersetzung erhöht. Optional wird ein Sperrdifferenzial angeboten. Mit diesem Paket soll auch unter militärischen Bedingungen die nötige Geländetauglichkeit gewährleistet sein.«6

      1969 vergrößerte sich der Volkswagen-Konzern abermals: Die beiden Firmen Auto Union GmbH und NSU-Motorenwerke AG wurden zur Audi NSU Auto Union AG zusammengeschlossen. Nach dem Zusammenschluss hielt VW 59,9 Prozent der Firmenanteile der neuen Gesellschaft, doch bald schon waren 99,9 Prozent der Anteile im Besitz von VW. Damit stand dem VW-Konzern die komplette Fahrzeugpalette von NSU zur Verfügung. Darunter war der 1967 eingeführte, technisch und optisch futuristische NSU Ro 80 mit seinem von Felix Wankel entwickelten Kreiskolbenmotor. Wirtschaftlich interessanter aber war die nahezu fertig entwickelte Mittelklasse-Limousine K 70, die mit ihrem wassergekühlten Frontmotor einen modernen Gegenentwurf zur antiquierten VW-Modellpalette darstellte.

      1970–1979: Existenzkrise und Wandel

      Zweifelsohne hatte der verstorbene Heinrich Nordhoff die Volkswagenwerk AG lange Zeit auf dem richtigen Kurs gehalten. Doch schon während seiner Amtszeit wurden die Stimmen immer lauter, die sich gegen den VW Käfer aussprachen und eine Neuorientierung forderten. Diese Neuorientierung sollte nicht nur die Modellpalette umfassen, sondern das gesamte Unternehmen. Unter dem Nachfolger Kurt Lotz wurde VW dann tatsächlich in vielerlei Hinsicht moderner, dies nicht zuletzt aufgrund des sich verschärfenden Wettbewerbs.

      Zur zeitgenössischen Situation in Wolfsburg erklärte Kurt Lotz: »Schon bei meiner Einarbeitung im Sommer 1967 hatte ich nach Unterlagen gefragt, aus denen hervorgehen könnte, welche Neuentwicklungen in der Schublade waren. [...] Zu meiner großen Überraschung waren die Schubladen leer. Und: neue technische Konzeptionen standen überhaupt nicht zur Diskussion. Alle Zukunftserwartungen waren auf den Erfahrungswerten des Käfers aufgebaut [...] .«7

      Demgemäß rationalisierte Lotz die Fertigungsabläufe und gestand der Forschungs- und Entwicklungsabteilung mehr Geld zu. Hinzu kam eine systematische Entwicklung von Führungskräften innerhalb des VW-Konzerns. Gleichzeitig wurden die Produktions- und Verwaltungsprozesse auf die elektronische Datenverarbeitung (EDV) umgestellt. Die Maßnahmen im Bereich EDV zusammenfassend schreibt der VW-Konzern: »Auch in Forschung und Entwicklung liefert die elektronische Datenverarbeitung neue Impulse, wie der Einsatz einer automatischen Modellabtastanlage in der Karosseriekonstruktion demonstriert. In Verbindung mit Großrechnern und automatischen Zeichenmaschinen verkürzt diese Anlage die Entwicklungszeit der Karosserien erheblich.«8

      Trotz aller Modernisierung stand jedoch vorerst keine Ablösung für den VW Käfer in Aussicht, vielmehr wurde er 1970 umfassend modernisiert, und zwar technisch wie optisch. Unter der Bezeichnung 1302 Limousine (Typ 11) wurde dem Typ 1 eine modernere Version zur Seite gestellt. Im Typ 11 arbeitete vorne nicht mehr die alte Doppellängslenker-Achse, sondern es wurden zeitgemäße MacPherson-Federbeine mit Querlenkern und einem Stabilisator verbaut. Hinten kam eine Schräglenker-Achse zum Einsatz.

      In Verbindung mit dem um 20 mm verlängerten Radstand verbesserte sich die Straßenlage des VW Käfer augenblicklich, gerade das tückische Übersteuern reduzierte sich stark. Durch die Verlängerung des Vorderwagens um 70 mm stieg obendrein die passive Sicherheit. Das Reserverad lag nun unter der vorderen Haube, statt dort platzraubend aufrecht zu stehen.

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