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angewidert das Gesicht. "Das hältste ja im Kopp nicht aus!"

       Der Wirt zuckte nur vielsagend mit den Schultern, räumte eine verschlissene Couch beiseite und drückte einen versteckten Knopf. Wie durch Geisterhand schwang eine schmale Tür im Mauerwerk auf, deren Umrisse man sonst wegen der Fugen und Risse nicht erkennen konnte.

       Bodo pfiff anerkennend durch die Zähne, als sie den Raum betraten, der hinter dem schmutzigen Keller lag. Hier blitzte es förmlich vor Sauberkeit. In Regalen und auf Tischen lag alles, was eines Rauschgiftsüchtigen Herz höher schlagen ließ: Haschisch, Marihuana, Heroin, Kokain... Alles fein säuberlich in kleine Portionen verpackt. Ein Millionenvermögen!

       "Na, wie gefällt euch meine kleine Schatzkammer?", fragte Otto stolz. "Diese Scheintür hat mich zwar ein Vermögen gekostet, aber sie hat sich längst amortisiert."

       "Das glaube ich dir unbesehen ", entgegnete Bodo beeindruckt. "Da können die Bullen natürlich lang suchen."

       "Was glaubst du, warum es draußen so entsetzlich nach Fisch stinkt?", grinste der Wirt. "Da streikt die Nase des besten Spürhundes."

       "Und wo kriegst du das ganze Zeug her?", erkundigte sich Kutte. "Gehört dir da alles allein?"

       Otto winkte ab.

       "Das könnte ich gar nicht bezahlen", meinte er. "Nein, ich habe selbstverständlich einen Partner." Er nannte einen Namen.

       "Nee, nie gehört", machte Bodo uninteressiert. "Ist das eine Bildungslücke?"

       Otto schüttelte äußerst amüsiert den Kopf.

       "Wenn die Bullen wüssten, was der in seinen Konservendosen für seine Landsleute importiert! Na, ihr könnt ja schweigen, Jungs. Wie viel braucht ihr?“

       Kurze Zeit später ließ sie der Wirt allein, damit sie sich ihre Spritze setzen bzw. schnüffeln konnten. Er konnte kein Blut sehen.

       *

       Am nächsten Abend wurde in einem Handstreich das Pussy Cat umstellt. Die Rockband, heute wieder groß in Form, spielte gerade ein Stück von Jimmy Hendrix, der so elendig an Rauschgift verreckt war.

       Dieses Mal fanden die Beamten den versteckten Keller. Sie nahmen Otto und einige Leute, die als Rauschgiftsüchtige bekannt waren, mit. Auch die Musiker der Rockgruppe mussten dran glauben. Ihnen sah man schließlich schon von weitem an, dass sie fixten.

       Seltsamerweise saßen alle vier eine knappe Stunde später in gemütlicher Runde bei Kommissar Jäger und tranken Kaffee.

       „Gut gemacht, Jungs!“, sagte der Kommissar zufrieden. „Auch den Partner haben wir inzwischen hochgehen lassen. Ihr habt ganze Arbeit geleistet. Ich glaube, eurer Beförderung dürfte nichts mehr im Wege stehen!"

       MEIN NAME IST HASE

       heitere Kurzgeschichte

       diese Geschichte mit ähnlichem Inhalt ist in einer

       hessischen Version in meinem Buch

       VERZÄHL MER WAS

       erschienen

       Man konnte die Beziehungen, die Familie Berninger zu ihrem Nachbarn hegte, nicht gerade als freundschaftlich bezeichnen. Gut, man grüßte sich, wenn man sich traf, und wechselte auch hin und wieder das eine oder andere Wort über den gemeinschaftlichen Gartenzaun hinweg. Mehr war nicht, und das hatte seinen guten Grund:

       Hubert Renz, der Nachbar, war ein Choleriker. Die Fliege an der Wand ärgerte ihn. Oder Kinder, die auf der Straße herumtobten und dabei fröhlich schrieen. Und auch Hunde, die nachts ab und zu bellten.

       Die Berningers hatten zwei Kinder; die zehnjährige Cathrin und den achtjährigen Andreas. Im Prinzip waren sie wohlerzogen, aber Engel waren sie halt nicht. Da konnte es schon einmal passieren, dass ein Ball auf das Nachbargrundstück hinüber flog und in ein sorgsam gepflegtes und gehütetes Blumenbeet platschte; für Renz eine Katastrophe größeren Ausmaßes. Seine Reaktion war dann entsprechend und meistens sehr lautstark.

       Die Berningers hatten auch einen Hund. Er hieß Tassilo, war ein dreijähriger Setter und im Prinzip ebenfalls wohlerzogen. Dennoch war er es, der für eine riesengroße Aufregung sorgte und damit Thomas und Karin Berninger an den Rand eines Herzinfarktes brachte.

       An einem Samstagabend war es. Die Berningers hatten sich angesehen, was die Flimmerkiste zu bieten hatte oder auch nicht, hatten ein Fläschchen Wein, das wesentlich besser als das Fernsehprogramm war, dabei geleert und Salzstangen und Erdnüsse geknabbert.

       Vor den Spätnachrichten jagten sie Tassilo in den Garten, damit er dort seine letzten Vorbereitungen für die Nacht treffen konnte. Für gewöhnlich brauchte er dafür eine Viertelstunde. Dann meldete er sich mit einem knurrigen Wuff zurück und kratzte an der Tür.

       Diesmal war alles anders. Eine Viertelstunde verstrich, zwanzig Minuten, fünfundzwanzig - und von Tassilo keine Spur.

       "Sieh halt mal nach ihm", bat Karin ihren Mann. "Ich bin müde und möchte in mein Bett."

       Also wälzte sich Thomas aus seinem Sessel, begab sich zur Haustür und pfiff seinem Hund.

       Nichts!

       "Tassilo", rief Thomas mit unterdrückter Stimme, um den lieben Nachbarn nicht in seinem Schlaf zu stören. "Tassilo, bei Fuß."

       Es dauerte weitere fünf Minuten, bis der Hund sich endlich dazu herabließ, bei seinem Herrchen zu erscheinen. Dafür hatte er ihm etwas mitgebracht: Ein totes Kaninchen nämlich, das er stolz vor Thomas Füße legte.

       Nun muss man wissen, dass Hubert Renz Mitglied im örtlichen Kaninchenzuchtverein war und schon so manchen Preis für seine prachtvollen Zuchtergebnisse eingeheimst hatte. Und dieses tote Kaninchen, das Tassilo angeschleppt hatte, stammte zweifelsohne aus einem der Ställe des cholerischen Nachbarn.

       Thomas erschrak fast zu Tode, als er den Jagderfolg seines Hundes erkannte. Statt Tassilo zu loben, wie dieser es offenbar erwartet hatte, scheuchte er ihn ins Haus, nahm das Kaninchen, dessen weißes Fell vor Schmutz nur so strotzte, vorsichtig an den Löffeln hoch und begab sich damit zu seiner Frau.

       "Iiiiihhhh!", machte diese und hob abwehrend ihre Hände. "Was schleppst du mir denn da an?"

       "Ein totes Karnickel", knurrte Thomas und verzog grimmig das Gesicht. "Tassilo, dieser idiotische Köter, hat es auf dem Gewissen. Es gehört Renz. Irgendwie scheint es aus seinem Stall entwichen zu sein, und der Hund hat es erwischt und tot gebissen."

       "Ach, du meine Güte!", stöhnte Karin. "Und was jetzt? Renz geht senkrecht in die Luft, wenn er erfährt, dass unser Hund einen seiner kleinen Lieblinge gemordet hat. Ein Theater wird das wieder geben. Vielleicht legt er sogar Gift für Tassilo aus."

       "Oder er erwürgt ihn mit den bloßen Händen", befürchtete Thomas, während er den Hasen näher in Augenschein nahm. "Man kann keine Bisswunden erkennen. Bluten tut er auch nicht. Hmmmm."

       "Vielleicht hat er vor Schreck einen Herzschlag bekommen, als Tassilo ihn erwischte", meinte Karin.

       "Egal", sagte Thomas. "Tot ist tot. Aber vielleicht könnten wir ....?"

       Karin schaute ihren Mann verständnislos an.

       "Vielleicht könnten wir den Hasen ein wenig herrichten", fuhr Thomas fort. "Und dann schleiche ich hinüber und lege ihn wieder in seinen Stall. Auf diese Weise würde Renz niemals erfahren, was wirklich passiert ist. Er wird annehmen, das Kaninchen wäre einfach so eingegangen."

       "Glaubst du wirklich?"

       Thomas war von seiner Idee, die er für eine göttliche Eingebung hielt, begeistert. Er brachte den Hasen ins Bad, legte ihn in die Duschwanne und brauste ihn gründlich ab. Anschließend fönte er sein Fell und striegelte es sogar mit Tassilos Bürste. Als er fertig war, sah das tote Kaninchen wieder wie neu aus. Lebendig war es halt nicht mehr.

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