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Einwände: Zunächst sind die Dimensionen wahrscheinlich nicht so groß, wie Dullien und Schieritz vermuten. Die beiden stellen den 390 Milliarden € Targetsaldo (das war Stand Januar 2012) die 320 Milliarden € gegenüber, die die Forderungen der deutschen Banken an das Euro-Ausland seit August 2008 abgenommen haben. Diese Forderungen wurden aber zunächst durch die Mittel aus dem Euro-Rettungsschirm für die Krisenländer und durch den Ankauf von Staatspapieren durch die EZB abgeglichen. Ein Teil wurde wohl auch einfach abgeschrieben. Nur was darüber hinaus noch abgezogen wurde, benötigte – wahrscheinlich – die durch das Targetsystem angetriebene griechische Druckerpresse.

      Soweit aber Dullien und Schieritz recht haben – und damit nun zum zweiten Einwand – werden wieder einmal lediglich private Risiken durch die öffentliche Hand (in diesem Fall die Bundesbank) übernommen. “Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren” ist auch hier das Motto. Kein Grund zum Feiern für den Steuerzahler.

      “Die Ursünde ist der Exportüberschuss, nicht das Target-System”, so Schieritz. Ja, natürlich, aber mich erstaunt immer wieder die Inkonsequenz, mit der Leute wie Schieritz argumentieren. Das Targetsystem mit der Möglichkeit, dort Salden zu bilden, macht selbst Exporte lukrativ, deren Abnehmer im Grunde genommen pleite sind. Es ist – wie der Euro insgesamt – ein gigantisches Exportsubventionsprogramm, dessen Kosten den volkswirtschaftlichen Gewinn bei weitem übersteigen.

       Immerhin, im September 2012 sind die Target-2-Forderungen der Bundesbank so stark gesunken wie lange nicht mehr. Ist das eine Trendwende?

       Beruhigung an der Target-2-Front?

      8. Oktober 2012

      “Die Euro-Skeptiker haben ja in den letzten Monaten einen Riesenbohei um jeden Anstieg gemacht … Ob die jetzt auch alle genau so breit über den Rückgang berichten?“, fragt Blogger Egghat. Nun, ich nehme hiermit den Ball auf. Absolut gesehen ist der September-Rückgang der Targetforderungen der Bundesbank mit 56 Milliarden € tatsächlich der größte monatliche überhaupt. Was sind die Ursachen?

      Eine erste Fährte liefert Hans-Werner Sinn in einem Welt-Interview: Im Rahmen der EZB-Politik kauft die Bundesbank Staatsanleihen der Problemländer. Das nennt sich Wertpapiermärkteprogramm oder “Securities Markets Programm” – SMP. Dadurch fließt wieder Liquidität in die Problemländer. Die Targetsalden können sinken. Es werden aber lediglich Targetkredite durch reguläre Auslandskredite ersetzt.

      Nun erhöhte sich der gesamte Bestand der im Rahmen des SMP von den Euro-Zentralbanken gehaltenen Wertpapiere zwischen dem 31. August und dem 28. September nur um 700 Millionen Euro. Das ergibt sich aus den Wochenberichten der EZB. Man bedenke, das von Draghi angekündigte neue und unbegrenzte Anleihekaufprogramm ist noch nicht aktiv. So lässt sich also nur ein sehr kleiner Teil des Targetsaldenrückgangs mit dem SMP erklären.

      Der Hauptteil des Rückgangs geht damit wohl tatsächlich auf eine Beruhigung der Finanzmärkte zurück. Draghis Ankündigung eines neuen Anleihekaufprogramms hat die gewünschte Wirkung gezeigt. Fluchtgelder fließen wieder in ihre angeschlagenen südlichen Heimatländer.

      Doch wie lange wird der Effekt andauern? Es ist meiner Meinung nach geradezu die Tragik aller bisherigen Euro-Rettungsmaßnahmen, dass sie kurzfristige erfolgreich sind zulasten des langfristigen Wohlstands Europas.

      Auch im Dezember 2011 gab es schon einmal einen Rückgang des Bundesbank-Targetsaldos um 32 Milliarden €, ohne dass dadurch der allgemeine Aufwärtstrend unterbrochen wurde. Zwei Monate später wurde wieder der Stand wie zuvor erreicht.

      In Prozentzahlen gemessen gab es seit Beginn der Krise (Oktober/November 2008) schon größere monatliche Rückgänge des Targetsaldos als die jetzigen 7,5%. Jedes Mal war es nur ein kurzes Atemholen beim Klettern der Targetsalden. Ob es dieses Mal anders sein wird, werden erst die nächsten Monate zeigen.

      Im Vergleich zu vielen Eurostaaten stand Deutschland die meiste Zeit gut dar. Das wurde genutzt, um ein paar Euro-Mythen und Euro-Lügen durch die Medien zu verbreiten. Am häufigsten findet man die Falschaussage, Deutschland profitiere vom Euro.

       Euro-Mythos: Ein Blick in die Geldbörse genügt

      25. März 2011

      SPON hat sich im Vorfeld des aktuellen EU-Gipfels viel Mühe gemacht, den Deutschen ihre Rolle als Zahlmeister Europas schmackhaft zu machen. So erklärt Sven Böll im dritten Teil seiner Euro-Artikelreihe, wie Deutschland angeblich ökonomisch vom Euro profitiert.

      Seine Argumente sind nicht neu und werden durch die Wiederholung nicht besser. Im Wesentlichen sind es drei. Das erste: Sieben Jahrzehnte ohne Krieg bedeuteten auch sieben Jahrzehnte, in denen ungestört Vermögen gebildet und vererbt werden konnten.

      Das Problem: Den Euro gibt es erst seit 1999 (als Bargeld sogar erst seit 2002). Die sieben Friedensjahrzehnte waren also größtenteils Jahrzehnte ohne Euro. Gerade der Euro ist aber dabei, sich zum Sprengsatz zwischen den europäischen Staaten zu entwickeln. So hat die Euro-Krise das Verhältnis zwischen Deutschen und Griechen stärker erschüttert als jedes andere Ereignis seit 1945. Glücklicherweise sind die Kriegshürden heute höher. Aber nach den Maßstäben des 19. Jahrhunderts läge schon längst ein legitimer Grund für einen deutsch-griechischen Krieg vor.

      Das zweite Argument: Der Euro habe dafür gesorgt, dass Spanier, Griechen und andere eine ökonomische Perspektive in ihrem Land gegeben wurde und dass sie nicht mehr auswandern müssten.

      Das Problem: Die Süd-Nord-Wanderung innerhalb Europas ging schon in den 70er und 80er Jahren zurück. Dies kann also nicht ursächlich auf den Euro zurückgeführt werden. Der Euro ist wieder dabei, die Verhältnisse umzukehren. Da Spanien, Griechenland und die anderen nicht ihre Währung abwerten können, um ihre Waren international wettbewerbsfähiger zu machen, müssen sie ihre Wirtschaft kaputt sparen. Als Folge wird es schon bald wieder Auswanderungswellen aus diesen Staaten geben. Das zeigt nicht nur die Wirtschaftstheorie, sondern auch die Erfahrungen mit der deutsch-deutschen Währungsunion.

      Das dritte Argument: Deutschlands Exportwirtschaft profitiere vom Euro. Während die Exporte in den Euroraum zwischen 1990 und 1998 nur um 3 % pro Jahr wuchsen, stiegen sie 1999 bis 2003 um 6,5 % und 2003 bis 2007 sogar um 9 % jährlich.

      Das Problem: Die Euroländer haben zwar eifrig deutsche Waren konsumiert, aber nur auf Pump. Und es hat sich gezeigt, dass sie ihre Schulden nicht abbezahlen können. Faktisch hat Deutschland seine Exporte teilweise verschenkt, siehe auch die Debatte um die Targetsalden. Profitieren kann man so nicht.

      Dass für die deutschen Exporte nur wenig nach Deutschland zurückgeflossen ist, zeigt sich deutlich in der Entwicklung der Nettoreallöhne. Die sind seit Anfang der 90er Jahre kaum gestiegen und gingen von 2004 bis 2008 sogar zurück.

      Ein Blick in die eigene Geldbörse genügt also, um festzustellen, dass Deutschland nicht vom Euro profitiert. Ein Blick auf SPON erübrigt sich.

      Doch nicht nur auf SPON werden Mythen gepflegt.

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