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wohl noch immer nicht verziehen, wie?«, fragte sie amüsiert.

      »Wieso sollte ich? Dieses Biest hat mich heftig in die Kronjuwelen getreten!«, bekundete Hjálmarr sichtlich angesäuert.

      »Aber das tat ich doch nicht von ungefähr! Du und dein Kumpel, dieser Stiggi, ihr wolltet mich vergewaltigen!«, motzte Molly zurück.

      »Schluss jetzt, bevor ihr noch aufeinander losgeht!«, unterbrach Gyttha diesen, sich heftig zuspitzenden Disput. »Hjálmarr? Das war weder von dir, noch von deinem Begleiter ein feiner Zug! Euch darf man wirklich nicht zusammen losschicken! Ihr könnt froh sein, dass dieses Mädchen euch keine wertvollen Teile abtrennte. Schäme dich!«, maßregelte sie ihn mütterlich, obwohl er Gyttha gut um einen Kopf an Körpergröße überragte. Darauf errötete er so heftig, dass der rote Bart in seinem Gesicht für kurze Zeit unsichtbar wurde.

      »Ja, Gyttha... Es tut mir leid«, entschuldigte er sich reumütig.

      »Das musst du nicht mir sagen, sondern dem Sternenmädchen!«, erklärte sie und drehte ihn um. »Wenn du nicht der kleine Bruder von Miðill wärst, würde ich den anderen Frauen Bescheid sagen, damit sie dir und Stiggi mit den Wäscheknüppeln nachsetzen!«, drohte sie.

      Hjálmarr guckte daraufhin ziemlich verwirrt und richtete sein Wort an Molly: »Okay, Sternenmädchen. Es tut mir leid, was ich dir antun wollte. Aber Stiggi muss sich schon selbst bei dir entschuldigen. Und wenn es geht, tritt nicht mehr nach mir, ja? Ich möchte nämlich irgendwann einmal mit einer Frau ein paar Kinder zeugen, klar?«

      »Wenn du mir nichts tust, trete ich auch nicht nach dir. Es tut mir leid, wenn ich etwas zu heftig zutrat, aber eine Dame muss selbstredend ihre Ehre verteidigen können«, meinte Molly schon etwas versöhnlicher.

      »Gut, dann wäre das ja beigelegt!«, lächelte Gyttha zufrieden. Der Blonde zog sich einen Stuhl heran, öffnete Mollys Beutel und schüttete den Inhalt auf die Fläche des kleinen Tisches.

      »Ja, hier haben wir also deinen Beutel, den du sicherlich wieder zurückhaben willst. Schauen wir mal, was du so bei dir hast!«, untersuchte Hjálmarr den Inhalt.

      Es bereitete ihr Unbehagen und Ekel, zu sehen, wie der Kerl mit seinen ungewaschenen, schmutzigen Pfoten in ihrem Zeug herum wühlte; alles in die Hand nahm, und manchmal sogar daran schnupperte. Was für ihn nicht von Interesse war, legte er beiseite. Als das Hartlederetui an die Reihe kam, wusste Molly sofort, dass damit der Ärger vorprogrammiert sein würde. Wie sollte sie ihm erklären, dass dies der Proviant in Trockenform, für einen Vampir sein sollte? Welche Auskunft sollte sie ihm über Ragnors Trockenbluttabletten geben? Und angenommen, was passierte, wenn der Kerl sie ihr wegnahm? Ragnor war es gewohnt, jederzeit auf seinen Vorrat an Trockenbluttabletten zurückgreifen zu können. Molly hatte den Vampir niemals erlebt, wie er vom Blutdurst überwältigt wurde, denn Ragnor hatte sich stets sehr gut im Griff. Doch was passierte, wenn er auf natürliche Nahrung angewiesen war? Wären alle Bewohner dieser Insel in Gefahr? Wussten diese Menschen überhaupt, was ein Vampir war?

      »Was sind das für seltsame Pillen, die du in deinem Beutel herum trägst?«, begehrte Hjálmarr zu wissen und sah dabei Molly ein wenig kurzsichtig an.

      »Oh, das ist meine Medizin, wiegelte sie ab. »Nichts Besonderes!«

      »Wenn es nichts Besonderes ist, warum trägst du diese Pillen dann mit dir herum? Also, was ist das hier genau?«, zeigte Hjálmarr eine Pille zwischen Daumen und Zeigefinger. »Bist du so krank, dass du sie brauchst? Wenn ja, was fehlt dir denn? Wir haben hier eine sehr gute Heilerin, besteht da eventuell Bedarf?«, fragte er, die Pillen noch immer misstrauisch betrachtend.

      »Das ist nur Nahrungsergänzung, gegen Blutarmut. Das ist Astronautennahrung.«

      »Astronautennahrung? Was ist das?«, fragte er erstaunt.

      »Das war nur ein Witz!«, wiegelte Molly ab. »Mir fehlt nichts, ich bin kerngesund! Die Pillen sind harmlos, selbst du könntest sie schlucken«, versuchte sie ihn zu beruhigen.

      »Nein, das glaubst doch du und sieben andere nicht! Und wenn sie nun vergiftet sind?«, blockte Hjálmarr ab.

      »Ich sagte doch, sie sind harmlos. Wenn du mir nicht glauben willst, dann gib mir eine und ich schlucke sie!«, sagte Molly.

      »Nein, und ich bekomme dann Ärger, wenn es doch Gift war und du dann hin bist, oder was? Tut mir leid, aber diese Pillen wirst du nicht zurückbekommen. Und von der Menge her, könnte es gut und gerne reichen, unseren Brunnen zu vergiften!«, mäkelte Hjálmarr und verschloss wieder das Etui.

      »Wieso sollte ich euren Brunnen vergiften wollen?«, fragte Molly erbost.

      »Weil du vielleicht doch für den Jarl arbeitest und nur nicht mit der Sprache herausrückst.«

      »Das ist doch ausgemachter Blödsinn! Wieso sollte ich den Brunnen vergiften, wenn ihr ohnehin jede Menge Wasser vor eurer Tür habt?«, fragte Molly trotzig.

      »Jaahaaa, es wüsste ja niemand, wenn du stiekum die Giftpillen dort in den Brunnen hinein wirfst!«, beharrte Hjálmarr.

      »Ich will niemanden vergiften!«, bekundete Molly, doch bemerkte sie, dass sie so nicht weiter kam.

      Gyttha wirkte ein wenig amüsiert, wie Hjálmarr und Molly argumentierten. Für ihre Anwesenheit sah sie keinen Bedarf mehr. »Tja, ich sehe schon, die Fronten haben sich verhärtet, macht das untereinander aus. Sternenmädchen, ich hole für dich jetzt das warme Wasser für die Wanne. Dann bade ich dich. Sei schön brav und mache keine Dummheiten, hörst du?«

      »Wenn er keine macht, wieso sollte ich?«, konterte Molly.

      Gyttha lachte nur und ging von dannen.

      »Kann ich denn jetzt meine Pillen behalten?«

      »Nein, ich sagte dir doch schon, dass wir nicht wissen, was sie enthalten«, gab Hjálmarr genervt zurück.

      Jetzt, wo Gyttha nicht mehr da war, wollte Molly eigentlich nur noch weg. Aber nicht ohne die Bluttabletten. Sie versuchte, mit dem Kerl ein vernünftiges Gespräch zu führen, vielleicht fasste er Vertrauen und überließ ihr die Tabletten.

      »Sag mal, wieso machst du nicht bei diesem Krieger-Wettbewerb mit?«

      »Weil hier im Dorf nicht jeder ein Krieger ist. Ich kann mich ja noch nicht mal gegen meine kleine Schwägerin durchsetzen. Krieger sind Handwerker des Todes, ich dagegen habe einen ehrenwerten Beruf. Ich bin Zimmermanns-Geselle, genauso wie mein Bruder.«

      »Aha, dann seid ihr für den Schiffsbau und die Häuser verantwortlich, wie?«, fragte Molly interessiert.

      »Ja, in der Tat. Dass ich dich da draußen fand, lag daran, weil ich mit Stiggi zusammen das Osttor während der Nachtschicht bewachte. Aber deshalb bin ich längst noch kein Krieger. Wenn ich mit dem Bogen schießen müsste, würde ich nicht einmal sehen, wohin der Pfeil geht. Ich sehe nicht mehr sehr gut, das kommt von der Prügel, die ich einst bezog«, berichtete er, zog sein langes Haar zurück und zeigte ihr eine Delle an der Schläfe.

      »Prügel? Du lässt dich wohl gerne von anderen verhauen, wie?«

      Daraufhin guckte er ziemlich böse und schäumte fast vor Wut: »Das ist überhaupt nicht witzig! Wenn mein Bruder mich nicht gefunden hätte, wäre ich jetzt längst tot!«

      »Oh, entschuldige. So habe ich das nicht gemeint. Willst du mir nicht deine Geschichte erzählen? Warum haben sie dich so verprügelt?«, meinte Molly beschwichtigend.

      »Eigentlich rede ich nicht gerne darüber. Aber gut, damit du weißt, mit wem du es eventuell zu tun bekommen könntest«, rieb sich Hjálmarr nachdenklich die Schläfe. »Mein Bruder und ich waren auf der Walz. Wir kamen zum Slott Mørkhuset, dem Sitz des Jarl. In Niðaróss, das neuerdings seit die Dänen regieren, Trondhjem (Trondheim) heißt, hatten wir schon gutes Geld verdient, zogen dann in den Norden und wollten anschließend zu den Lofoten, weil dort das Klima besonders schön ist. Der Jarl, dem das Schloss gehörte, meinte, wir könnten ihm seine abgebrannte Burgscheune wieder aufbauen, er bezahle gutes Geld. Wir erklärten uns bereit und bauten seine Scheune wieder auf.«

      »Ja,

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