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      Stella Delaney ist in einem beschaulichen kleinen Dorf im fränkischen Weinland aufgewachsen, lebt aber nach einem längeren Zwischenstopp in England bereits seit einigen Jahren in der Schweiz, zusammen mit ihren drei Katzen. Brot und Katzenfutter verdient sie als Lehrerin für Englisch, Deutsch und Allgemeinbildung an einer Berufsfachschule. Ihr Studium der Anglistik/Germanistik hat sie zuvor mit Jobs wie Kindermädchen, Kellnerin, Kinoangestellte und Lehrerin für Deutsch als Fremdsprache finanziert, und nebenbei Erfahrung als Märchenerzählerin, freie Journalistin, Übersetzerin und Buchkritikerin gesammelt. Derzeit schreibt sie hauptsächlich Kurzgeschichten, arbeitet aber auch an verschiedenen Romanprojekten. Mehr darüber auf www.stelladelaney.ch

      Impressum

      © 2017 Stella Delaney

      Wässerwiesenstrasse 67M; 8408 Winterthur

      Korrektorat: GreenGhost Writing (Lovis Cassaris)

      Cover: Cover & Books - Bookcoverdesign by Rica Aitzetmüller

      Buchsatz: ungecovert - Buchcover und mehr (Kim Leopold)

       ISBN: 978-3-7450-3923-8 (Print)

      Stella Delaney

       Staub und Regenbogensplitter

       - 13 dunkelbunte Geschichten -

      Inhaltsverzeichnis:

      Weiß: Wie eine leere Leinwand

      Gelb: Der Weg vor uns

      Orange: Durch den Nebel

      Rot: Mehr als eine Lieblingsfarbe

      Rosa: Einfach Kelly

      Violett: Auf der Suche

      Blau: Tiefe Wasser

      Türkis: Der perfekte Mord

      Grün: Fenster und Spiegel

      Braun: Hinter der Tür

      Grau: Vergebung

      Schwarz: Dunkelheit und Licht

      Bunt: Die Maske fällt

      Weiß: Wie eine leere Leinwand

      Frag mich nicht, wie lange ich einfach nur dasaß und die Wand anstarrte. Diese verdammte Wand. Sie ist weiß. Sie ist makellos. Sie macht mich wahnsinnig.

      Doch einfach die Augen zu schließen ist keine Alternative. Denn jedes Mal, wenn ich das tue, sehe ich nur eines: dein Bild, in leuchtenden Farben. Eine Momentaufnahme, die nur in meinem Kopf existiert, von dem Tag, an dem wir zum ersten Mal ernsthaft über unsere gemeinsame Zukunft sprachen. Dein strahlendes Lächeln. So hast du nie wieder gelächelt, seit -

      Gewaltsam zwinge ich meinen Blick und meine Gedanken zurück an die Wand.

      Warum zur Hölle sind diese Krankenhausflure immer weiß? Wer denkt sich das aus? Soll das sauber wirken, oder vertrauenserweckend?

      Für mich ist alles hier ein verdammtes Déjà-vu. Vor nicht ganz einem Jahr saß ich schon einmal auf so einem Flur. Ein anderes Krankenhaus, aber Wände in derselben Farbe. Dieselbe endlose Warterei. Dieselbe Verzweiflung.

      “Hast du dich je gefragt, welche Farbe der Wahnsinn hat? Ein grelles Rot, so schrill und kreischend, dass es die Stimme deiner Vernunft vollkommen übertönt? Ein tiefes Schwarz, so düster und unergründlich, dass du deine Seele darin verlierst? Für mich ist es keins vom beidem. Für mich ist der Wahnsinn weiß. Einfach nur weiß.“

      Damals klang deine Stimme so sanft und irgendwie verschwommen. Fast automatisch hatte ich deine Hand gestreichelt. Natürlich lag es an all den Medikamenten und der Narkose, die du gerade hinter dir hattest. Es waren nur Worte, wie im Traum gesprochen, ohne jede tiefere Bedeutung.

      Trotzdem geisterten genau diese Worte durch meine Gedanken, als ich nach einer Wohnung für uns suchte. Ich wollte deshalb kein Bad mit weißen Fließen und keine weißen Einbauschränke in der Küche. Die ursprünglich weißen Wände strich ich sorgfältig an, jeden Raum in einer anderen Farbe. Das Schlafzimmer bekam ein zartes Hellblau. Doch ich vergaß die Decke. Ich vergaß alle Decken. Sie waren und blieben weiß. Nur ein unwichtiges Detail, oder?

      Du hast all diese Wände sorgfältig gemustert, als ich dich zum ersten Mal in unser neues Zuhause brachte. Ich sehe dich noch vor der blass-blauen Wand im Schlafzimmer stehen, in einem hellgrauen T-Shirt, dunklen Jeans und einer viel zu weiten grauen Strickjacke, deren Ärmel das weiße Pflaster auf deinem Handrücken verdeckten. Die perfekte Farbharmonie, wie bei einem Kunstwerk. Auch dein Gesicht wirkte weiß, fast durchsichtig. Dein Lächeln war schwach, aber es war da. Daran hielt ich mich fest. Wir würden es schaffen. Wir mussten.

      Doch hier, während ich auf diese schmerzhaft perfekte Wand starre, wird mir plötzlich klar, wie falsch ich lag.

      Für mich waren die weißen Wände eine leere Leinwand, auf die ich in blassen aber bunten Farben unsere Zukunft malte.

      Für dich wurde die weiße Decke zur perfekten Projektionsfläche für all die Erinnerungen, die du nicht abschütteln konntest. Für die Bilder, die dein Verstand wieder und wieder abspielte, ob du wolltest oder nicht. Ein Film in Endlosschleife.

      So oft kam ich von der Arbeit nach Hause, und fand dich in dem Zimmer, das du zu deinem Rückzugsort erklärt hattest. Ich wollte mit dir reden, oder einfach nur bei dir sein, so wie früher. Aber du warst nie wirklich da.

       „Ich bin müde.“

      Immer dieser Satz, immer und immer wieder.

      Zwischen uns herrschte Stille, Leere. Nur selten brachten wir genug Kraft auf, uns zu streiten. Und noch seltener waren da diese kleinen Momente, die Funken in der Dunkelheit, die mich Hoffnung schöpfen ließen.

      Deswegen war ich auch so überrascht, als ich eines Abends nach Hause kam und alles anders war. Schon im Hausflur roch es nach meinem Lieblingsessen, und als ich die Türe aufschloss, fand ich dich in der Küche, über den Herd gebeugt, ein Lächeln auf dem Gesicht. Ein müdes, angeschlagenes Lächeln, aber gleichzeitig das schönste auf der ganzen Welt.

      Den Rest des Abends verbrachten wir auf dem Sofa. Kein Fernseher, keine Musik, nur du und ich. Wir hätten reden können, aber das wollte ich plötzlich nicht mehr. Zu groß war meine Angst, dieses Wunder zu zerstören. Ich hielt dich im Arm, zum ersten Mal seit Monaten, einfach nur dankbar und glücklich. Der Moment hätte von mir aus ewig dauern können.

      Der Schmerz, der mich plötzlich durchfährt, ist grell und weiß wie ein Blitz. Noch immer starre ich auf die Wand, unfähig mich abzuwenden.

      Da war diese dunkle Vorahnung, als ich mitten in der Nacht aufwachte. Klar, vielleicht rede ich mir das auch nur ein. Rückblickend sieht man immer schärfer. Tatsache ist aber, dass ich unruhig wurde und meine Hand nach deiner Hälfte des Bettes ausstreckte. Sie war leer. Nichts außer der glatten, kühlen Oberfläche des Lakens.

      Kein Grund zur Panik. Du bist so oft nachts aufgestanden, wenn du nicht schlafen konntest, immer darauf bedacht, mich nicht zu wecken. Nichts Ungewöhnliches also. Doch mein eigener rasender Herzschlag war anderer Meinung.

      Der Flur war dunkel, nur ein schmaler Streifen aus weißem Licht fiel von der fast ganz geschlossenen Badezimmertüre auf den Boden. Meine Hand bewegte sich automatisch, als gehöre sie nicht zu mir. Die Tür schwang auf, und unsere Blicke trafen sich. Einen Moment lang waren deine Augen leer, dann füllten sie sich mit Schrecken, mit Überraschung, und schließlich mit Schuld. Ich verstand nicht. Bis der kleine Gegenstand aus deiner Hand mit einem metallischen Geräusch auf den Boden fiel, und ich die roten Linien entdeckte. Auf deinem Arm, auf dem Boden, überall.

      Wut, Entsetzen, Verzweiflung, Angst – alle möglichen Gefühle brachen über mich herein wie gigantische Flutwellen. Als ich wieder denken konnte, befand ich mich auf den Knien neben dir und versuchte verzweifelt, mit den Fingern die Blutung zu stoppen.

      „Es tut mir leid.“

      Diese

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