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zum Foto. Wo sind denn die Zimmer?“

      „Zimmer sind oben.“ Rod eilte davon, um den Auftrag auszuführen. Wo oben? Zimmer klang wie Ruhe, wie Schlaf, aber sie wusste es, sie konnte noch nicht nachlassen, noch nicht dem schmerzenden Körper nachgeben. Wo genau war oben? Kein Mensch würde dafür sorgen, dass sie das Zimmer fand. Sie musste sehr genau darauf achten, wo die anderen hingingen, damit sie nicht vergessen zurückblieb.

      VORMITTAG DANACH

      Sie hatte tatsächlich das Zimmer mit Ariane gefunden, indem sie versucht hatte, Udo und Rod nicht aus den Augen zu lassen, die beiden verbissen zu beschatten. Immer wieder hatte sie der Gedanke verfolgt, dass sie, zwischen Kameras und ausgeschalteten Scheinwerfern übriggeblieben, auf diesem scheußlichen Hocker oder am Boden schlafen musste.

      Unter Aufbietung aller Kräfte hob sie glücklich lächelnd beide Arme, das gesündere Bein angewinkelt – ein Scheinwerfer simulierte die Sonne dazu - und sie hörte das letzte leise Klicken der Kamera. Schnell, ganz schnell ihre Tasche aufheben und in den Seidenkimono wickeln, und alles, ohne Udo und Rod aus den Augen zu lassen. Das Zimmer hatte inzwischen eine ungeheure Wichtigkeit, eine immense Bedeutung. Es fühlte sich an, als ob Blut aus ihr herausrinnen würde.

      Das Zimmer und die Badewanne waren ihr Anker um 5 Uhr früh gewesen. Wie eine Erlösung, Stunden der Ruhe.

      Um 10 Uhr rappelte es heftig an der Zimmertüre. Udo brüllte: „Fertig in 25 Minuten.“ Er hatte vergessen, zu brüllen, wo sie sich einfinden mussten. Theresa zog etwas Simples an. Ariane stand vor dem Spiegel. Sie hatte immer das Gefühl, sie musste mit Sorgfalt auftreten. Ariane war schon ein bisschen älter – so wahrscheinlich 26 – und jedes Jahr mehr machte ihr Panik, den Job zu verlieren. Daher dauerte es länger. Theresa wurde unruhig. Sie hatte Angst, zu spät zu kommen.

      Dann machten sie sich auf den Weg hinunter.

      Die oberste Etage war niedrig, aber tiefer unten wurde in diesem Haupthaus alles größer und mächtiger, wie in der Burg ja auch. Riesige Gänge in Stein. Die Zimmer waren vor allem im obersten Geschoß sehr klein mit enorm dicken Wänden. Ein bisschen weniger Wand und dafür mehr Zimmer hätte sie besser gefunden. Dann wäre vielleicht auch Platz für mehr Badezimmer geblieben. Sie alle mussten ein Gemeinschaftsbad am Gang benützen, und sie hatte am Vorabend rücksichtslos die Türe abgesperrt, um alles abzuwaschen, was abzuwaschen war.

      Als sie nun in die Tiefe stiegen, hörte sie fernes Stimmengemurmel. Wo nur konnten sie Udo finden? Ariane war auch ratlos. Rita irrte am Gang herum und schloss sich ihnen an. Rita brauchte man gar nicht fragen, die wusste sicher nichts. Die wollte immer selbst geführt werden.

      Sie schauten in den Raum, wo das Gemurmel herkam. Sollten sie dort Udo treffen? Großer Saal, großer Empfang mit Gläsern in der Hand. Theresa begann zu überlegen, dass Udo wahrscheinlich doch die Gelegenheit wahrnehmen wollte, um seine Tageskreationen herzuzeigen. Sonst hätte er sie nicht aufgeweckt. Sie nahm Ariane und Rita an der Hand. „Ich glaube, ich weiß es, wir müssen doch zur Mode.“

      Sie liefen in die Burg und zum Kleiderfundus. Keuchend kamen sie an, gerade nur ein kleines bisschen zu spät. Inge händigte die Tagesmodelle aus. In jeder Hand eines, stand sie vor den Mädchen. Theresa schaltete blitzschnell und griff nach dem mit den Ärmeln, das eigentlich für Ariane gedacht war. Das war günstig. Blickdichte gelbe Strümpfe und eine rostfarben und gelb gestreifte Samenkapsel auf den Kopf, mehr Kopftuch als Krone. Sie schaute in den Spiegel. Die Augenfarbe war nicht optimal.

      Sie hatte sich für solche Momente einen Fundus an Kontaktlinsen angelegt, in vielen Farben. Rostbraun fand sie am besten, rostbraune Augen zu den rostbraunen Streifen auf der Samenkapsel, - schließlich wollte sie das Modell behalten, nicht umziehen müssen.

      Udo war zufrieden. Sie konnte zum Empfang, Ariane musste umziehen. Zwei Mädchen mussten gehen, weil sie zu spät gekommen waren.

      Sie ging durch den Saal mit den Käfern und den Rüstungen. Eines von den Eisengewändern hatte den Speer in der Brust stecken. In der Nacht war das noch nicht gewesen. Oder doch? Sie wusste das nicht ganz genau. Sie hatte beim Anblick der aufgespießten Käfer geschaut, ob denn die Rüstungen auch aufgespießt waren. Waren sie da doch noch nicht gewesen. Oder doch? Jetzt jedenfalls war eine aufgespießt wie ein Käfer…

      Sie musste einen Blick auf die seltsame Maske in der Vitrine werfen, bevor sie arbeiten ging. Es zog sie förmlich dorthin. Die lag ganz still. Theresa schaute sehr genau – immerhin hing der Zustand ihres Geistes davon ab.

      Hatte sie die hellblauen Augen in der Nacht geöffnet gesehen oder war das Erlebnis eine Folge ihrer geistigen Verwirrung? Die Maske war ganz still, tat gar nichts, so sehr Theresa sie auch anstarrte.

      Der Cocktailempfang hatte die Aufgabe, die anreisenden Jagdgäste zu sammeln. Theresa sah ihre Arbeit darin, als Dekoration anwesend zu sein, wie die Bilder an der Wand. Sie wusste sehr genau, wie man sich wie ein Bild verhielt. Man stellte sich vor einen Hintergrund, der passte und vom Licht her richtig war, und schaute freundlich aber leer. Das war genau der richtige Job, denn die Schmerzen waren seit dem Vortag nicht weniger geworden. Elegant herumstehen war ein guter Zustand.

      Udo kam zu ihr. Sie wäre lieber allein geblieben, aber er brauchte immer ein Modell als Darstellung seiner selbst. Was für andere Autoschlüssel, Designeranzüge, Häuser waren, war für ihn ein Modell an seiner Seite. Wichtig war in diesem Fall besonders, dass das Kleid sehr auffallend sein musste, die Dame darin aber nicht wesentlich, nicht persönlich. Kein Auge sollte sich zu ihrem Gesicht verlaufen, an ihrer Schulter hängen bleiben. Ein völlig neutraler Ausdruck, bewegungslos, denn das Verziehen der Gesichtsmuskel lockte Blicke an, lockte sie weg von den Kleidern.

      So stand sie und hielt ihr Glas. Theresa hatte dafür gesorgt, dass ihr Getränk in der Farbe passte.

      „Das ist die Frau von Ponhomy“, sagte Udo neben ihr. Theresa sah eine sehr große, dünne Blondine. Sie küsste ihren Mann zärtlich. War wohl früher Model gewesen. Sie überragte ihn um einen halben Kopf und bewegte sich ziemlich hektisch. Es schien fast, als ob sie ein paar charmante Bemerkungen rechts und links in die Menge warf, wie ein Tennisspieler seine Schweißtücher. Dann eilte sie wieder aus dem Saal in den Hof, Leute empfangen.

      Theresa wechselte langsam das Bein. Das durfte man, dadurch wurde das Kleid sanft bewegt.

      Ariane war da, in taubenblau. Und Rita hatte ein Rotes. Ihre Samenkapsel war besonders frech.

      Theresa und Udo standen neben einer Türe. Ponhomy ging an ihnen vorbei. Er blickte düster, wahrscheinlich wollte er einen Kellner demütigen. Gleich hinter der Türe hörte sie ihn einen wütenden Satz zischen. Er bekam daraufhin eine kalte Frage – „Und wie stellst du dir das vor?“ – von einer weiblichen Stimme. Hatte wohl ein Problem mit der Gattin, oder?

      „Nicht ich stell mir was vor, du stellst dir etwas vor. Du brauchst nicht glauben, dass du alles umsonst bekommst. Du wirst schon selber auch etwas tun müssen.“ Das klang kalt und bösartig, schon oft gesagt.

      „Das geht aber nicht, ich könnte nicht genug Bargeld auftreiben“, sagte die Frauenstimme ruhig aber angespannt.

      Leise und bösartig zischte Ponhomy: „Das ist mir wirklich völlig wurscht. Du machst das einfach und lässt dir etwas einfallen. Sonst, denke ich, werden dir die Folgen unangenehm sein.“

      Theresa neben der Türe hatte Ohrenklirren, schrillen Alarm. Geld!

      Ob Udo den Dialog auch gehört hatte? Er stand weiter weg von der Türe als sie. Wenn die Geldprobleme hatten, war die Gage in Gefahr! Udo war aber gerade im siebenten Himmel, weil seine Modelle bewundert wurden, und konnte sich mit so weltlichen Banalitäten wie Geld nicht abgeben. Theresa war gestresst. Wie konnte sie sich besseren Überblick verschaffen? Einfach ihre Position verlassen ging nicht.

      Sie beruhigte sich, so gut es ging. Es wäre ja schließlich auch möglich, dass das, was sie da gehört hatte, bloß eine Erpressung war. Das war dann nicht gefährlich. Oder schon, möglicherweise, aber nicht für ihre Gage. Sie musste sich nicht gleich aufregen, nur weil irgendjemand

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