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selben Marktplatz eine Bäckerei mit einem Café. Meine Großmutter war eine große stattliche Frau. Sie hat einmal die eher zierliche Buchhändlerin aufgelauert und geohrfeigt. Mein Vater hat daraufhin getobt und von meiner Großmutter gefordert, dass sie sich entschuldigt. Ich glaube nicht, dass meine Großmutter das getan hat.

      Mein Vater hat auch mit unserem Dienstmädchen geschlafen. Meine Mutter hat das entdeckt, weil sie in der Unterhose meines Vaters Blutspuren fand und wusste, dass das Dienstmädchen ihre Periode hatte. Der Beischlaf mit dem Dienstmädchen fand im Keller statt. Mein Vater pflegte am Morgen zum Schuhputzen den Keller aufzusuchen.

      Als ich 12 Jahre alt war durfte ich einmal an einem Wochenende mit ins Gebirge. Mein Vater nahm auch seine Freundin mit. Es war nicht mehr die Buchhändlerin, die hatte sich von ihm getrennt und war weggezogen, nachdem er sich nicht scheiden lassen wollte.

      Ganz selbstverständlich musste ich auf der Hütte im Lager schlafen, während mein Vater und seine Freundin ein Doppelzimmer bezogen.

      Meine Mutter hat sich für seine Seitensprünge gerächt in dem sie ihm dauerhaft Ihre Liebe entzog.

      Als mein Vater gestorben war hatte meine Mutter viele Jahre lang eine Liebesaffäre mit dem Mann ihrer besten Freundin.

      In der Familie von Fides sieht es nicht besser aus.

      Fides Mutter Pelagia stammt aus einer polnischen Familie, die kurz vor dem ersten Weltkrieg in das Ruhrgebiet emigriert war. Die Mutter war Analphabetin. Der Vater hat es später zum persönlichen Chauffeur des Thyssen Chefs gebracht.

      Ihre Mutter ist über den zweiten Bildungsweg zuerst Krankenschwester dann Ärztin geworden. Sie hat ihren Mann in München auf einem Studentenfest kennengelernt. Theo studierte Maschinenbau und war in einer katholischen Studentenverbindung die gegen Hitler opponiert hat. Er wurde 1940 von der Gestapo verhaftet und vom Studium relegiert und zu einem Studentenbataillon der Wehrmacht eingezogen.

      Im Frühling 1942 wurde er schwer verwundet und lag in einem Lazarett in der Nähe von Stalingrad.

      Pelagia hatte gerade ihr Medizinstudium abgeschlossen und machte sich auf den Weg, um Ihren Theo nach Hause zu holen. Einzige Ausrüstung war Ihrer Approbation als Ärztin. Sie fuhr ohne irgendeine Genehmigung mit Zügen der Wehrmacht bis zu dem Feldlazarett in dem Theo lag.

      Die Verwundung von Theo war von den dortigen Ärzten notdürftig behandelt worden. Er hatte einen Schuss in sein rechtes Bein erhalten. Als Pelagia im Lazarett ankam lag er apathisch in einem abgelegen Zelt des Lazaretts.

      Die dortigen Ärzte konnten nichts für ihn tun und gaben Pelagia die Erlaubnis ihren Mann mitzunehmen.

      Sie brachte ihn in eine Klinik in Tölz. Dort wurde sein Bein verkürzt. Theo konnte mit Spezialschuhen fast normal gehen.

      Nachdem seine Verwundung verheilt war begann Theo Medizin zu studieren. Fides wurde 1944 geboren. Ihre Schwester Eva 1943. Kurz nach Kriegsende eröffnete Pelagia eine Praxis für Allgemeinmedizin in der Sendliger Straße in München. Sie hatte zu diesem Zeitpunkt zwei Kleinkinder und einen studierenden Mann.

      Die Mutter ist die dominierende Person in der Familie. Sie regiert die Familie mit harter Hand. Sie ist ehrgeizig und gefühllos. Mann und Töchter müssen so funktionieren wie sie es sich vorstellt. Bei Abweichung regiert sie kalt und gnadenlos. Als ich den Vater kennenlerne ist er durch jahrelange Unterdrückung seiner Gefühle mürrisch und verschlossen geworden. Mitunter bricht aber sein Jähzorn durch und richtet sich dann auch gegen seine Töchter.

      Von Liebe ist in der Ehe der Eltern von Fides nichts zu spüren. Eher ein ständiger Kriegszustand.

      Die Ehe Ihrer Eltern ist für Fides ein Schreckgespenst. Es gibt aber Fotos der beiden Eltern, da kann man sich vorstellen, dass da einmal Liebe war.

      Nach der Vorstellung von Fides ist die Liebe der Eltern bei der Mutter bald in Besitzdenken umgeschlagen. Sie hat Ihren Mann unter Ausnutzung Ihrer Schläue und Skrupellosigkeit und seiner Naivität zu einem Vasallen gemacht, der zu gehorchen hatte. Alles natürlich unter dem Anspruch das Beste für die Familie zu wollen. Die großartige Rettungsaktion mit der sie ihn aus dem späteren Kessel von Stalingrad geholt hatte, wurde von Ihr auch zur Unterdrückung seiner Persönlichkeit benutzt.

      Fides hat Ihre Großeltern nicht gekannt. Sie waren gestorben, als sie noch sehr klein war. Der Vater war als Weise bei Verwandten aufgewachsen.

      Meine Großmutter mütterlicherseits ist ein Beispiel für eine große und lebenslange Liebe.

      Sie war kurz bevor ich Fides kennengelernt habe gestorben. Fides hat aber diese Liebe nicht gelten lassen, weil es eine einseitige Liebe war. Mein Großvater war ein Frauenheld und hat die Großmutter auch noch im fortgeschrittenen Alter betrogen.

      Das habe ich sogar als sein Enkel noch mitbekommen.

      Er fuhr regelmäßig von unserer Kleinstadt ins Inntal nach Brannenburg. Dort baute er als Altersitz ein Geschäftshaus.

      Auf diese Fahrten nahm er mich öfter mit. Unterwegs hielten wir immer bei einer Käserei. Dort gab es ein Käsefräulein. Ich bekam von Ihr ein Stück Käse und wurde dann losgeschickt mich im Dorf umzusehen. Dass die beiden ein Liebespaar waren habe ich erst viel später verstanden.

      Großmutter war Köchin in dem Wirtshaus meiner Urgroßeltern. Sie war 21 Jahre alt als sie von meinem 17 jährigen Großvater geschwängert wurde.

      Wenn meine Eltern gemeinsam verreisten kam Großmutter um uns zu versorgen.

      Wenn Großvater sie am Ende Ihrer Zeit bei uns abholte strahlte sie wie ein Backfisch.

      Meine Großmutter väterlicherseits war, trotz ihrer 24 Lebensjahre, ohne Aufklärung über den Vollzug der Fortpflanzung in den Stand der Ehe getreten.

      Direkt nach der Hochzeit fuhr das Brautpaar mit dem Zug, in einem reservierten Abteil, an den Chiemsee. In dem Abteil gab es eine Kordel mit der man den Schaffner holen konnte, um eine Bestellung aufzugeben. Als der Großvater versuchte seine ehelichen Rechte einzufordern war Großmutter empört über dieses Gebaren und zog aufgebracht an der Kordel für den Schaffner.

      Als der Schaffner kam, wies Großmutter mit roten Backen und immer noch aufgebracht auf Ihren Gatten und erklärte dem Schaffner, sie würde in dem Abteil mit diesem Unhold auf keinen Fall allein bleiben. Der Unhold bat daraufhin den Schaffner, meine Großmutter bezeichnete ihn als Conducteur, auf den Gang zu einem Gespräch unter Männer. Daraufhin zog sich der Conducteur diskret zurück. Mein Großvater versprach die Tür immer offen zu lassen und durfte daraufhin das Abteil wieder betreten.

      Wir Jugendlichen wollten immer genau wissen, was den der Großvater schlimmes angestellt hätte, daraufhin wurde Großmutter trotz ihrer 90 Jahre noch rot vor Verlegenheit.

      Als meine Großmutter heiratete kam sie in die wohlhabende Familie eines Pferdehändlers. Mein Urgroßvater hatte für den Krieg gegen Frankreich 1870 Pferde für die bayrische Armee geliefert und war dadurch reich geworden. In jungen Jahre war er Hoflakei gewesen und hatte dadurch Kontakte zum Hof.

      In der Währungsreform hat mein Großvater bis auf einen kleinen Rest das Familienvermögen verloren. Meine Grußmutter hat ihn dafür für den Rest seines Lebens bestraft. Als er wegen einer Krebserkrankung Selbstmord beging hat sie gesagt: „jetzt hat er mir das auch noch angetan.“

      Einige Jahre hatte er eine Liebesbeziehung zur Tochter eines Geschäftspartners. Als Großmutter das herausfand, ging sie zu seinem Geschäftspartner und berichtete ihm von der Beziehung der Beiden. Großvater beendete daraufhin seine Affäre.

      Auch in der Literatur fand sich keine Fundstelle für eine lebenslange Liebe. Anders war es mit der vergänglichen Liebe. Dafür gibt es großartige Beispiele.

      Mit großer Begeisterung lesen wir die Romane von Erich Maria Remarque.

      Den Roman Arc de Triomphe lesen wir uns gegenseitig auf Parkbänken oder in der Friedrich-Herschel-Straße vor. Als Ravic Joan Sterbehilfe leistet müssen wir die Lesung immer wieder unterbrechen, weil wir beide zu gerührt sind um weiterzulesen.

      Fides macht für die lieblose Ehe Ihrer Eltern allein ihre Mutter verantwortlich. Sie lehnt ihre Mutter ab und leidet mit Ihrem Vater. Als Kind hat sie um die

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