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führen muss und leitet davon ab, dass die nachdenklichen Menschen, die sind, die pessimistisch über das Leben denken und die, die eine optimistische Einstellung zum Leben haben, eben die sind, die nicht nachdenken.

      Sie führt Schriftsteller wie Sartre oder Camus für eine pessimistische Grundeinstellung an. Sie führt aus: „In einer Welt in der so Abscheulichkeiten, wie die Ermordung der Juden durch uns Deutsche oder die Ermordung von Frauen und Kindern durch die Amerikaner in Vietnam passieren, ist eine optimistische Einstellung zum Leben purer Provinzialismus“.

      Mir unterstellt sie eine Einstellung nach der sich letztlich doch alles zum Guten wendet. Diese Einstellung hält sie für naiv und durch die Entwicklung der Menschheit wiederlegt.

      Am Ende schwächt sie ihre Aussage über den Provinzialismus, den sie mir unterstellt etwas ab, indem sie sich selbst auch der Oberflächlichkeit bezichtigt.

      Sie sagt von sich, sie wäre viel zu phlegmatisch, um gründlich über intellektuelle Dinge nachzudenken.

      Der Vorwurf des Provinzlers trifft mich hart. Ich versuche mit allerlei Argumenten zu parieren. Merke aber selbst, dass diese Argumente nicht stechen.

      Als ich davon spreche, dass Pessimismus ein Zustand ist, der überwunden werden muss und letztlich zur Reife führt, bittet sie mich aufzuhören. Sie könne so einen Quatsch nicht ertragen.

      Ich bin sehr berührt von der Ernsthaftigkeit Ihre Ausführungen. Ich hatte mich in unserer Beziehung als den Intellektuellen und sie als die Schöne gesehen.

      Mir wird aber klar, dass ich in dieser Diskussion der Verlierer war.

      Auf der Party ist sie arrogant zu meinen Provinzler Freunden.

      Meine Zuneigung zu ihr wächst wieder. Die Erkenntnis, dass sie ihre Einstellung zum Leben so trefflich und knapp begründet hat, flößt mir Respekt ein.

      Fides mag keine Weltanschaulichen Gespräche. Wir führen keine Gespräche zu diesem Thema mehr. Sie hat Ihre Einstellung begründet. Jede weitere Diskussion zu diesem Thema ist überflüssig. Mich wurmt das. Ich bin unsicher und schwanke, je nach Lektüre, in meinen Ansichten.

      Hinsichtlich der Auffassung, dass es keine göttliche Regie gibt und das Leben aus Zufall entstanden ist, sind wir uns einig.

      Mir wurde diese Einstellung durch meinen Vater vermittelt.

      Beide Eltern von Fides waren strenggläubige und unduldsame Katholiken. Eine strikte Einhaltung der Gebote, inklusive des Sonntäglichen Gottesdienstes, war ihnen selbstverständlich und erwarteten sie auch von ihren Töchtern. Beide waren auch willens für diese Einhaltung Druck auf ihre Töchter auszuüben.

      Für die Töchter war klar, dass es aussichtslos war eine ablehnende Haltung zu den religiösen Grundsätzen der Eltern einzunehmen. Der Vater reagierte mit Wutausbrüchen, wenn er bei seinen Töchtern eine Abweichung vom katholischen Glauben entdeckte. Er war in einem Dorf als Halbweise unter ärmlichen Bedingungen aufgewachsen und vom Pfarrer gefördert worden und konnte mit Unterstützung der katholischen Kirche eine höhere Schule zur Vorbereitung auf das Priesteramt besuchen.

      Er begann nach dem Abitur in München Theologie zu studieren wechselte aber nach kurzer Zeit an die Technische Hochschule und immatrikulierte sich dort als Maschinenbauer.

      Die Mutter kam auch aus ärmlichen Verhältnissen. Ihre Eltern waren polnische Migranten, die kurz vor dem ersten Weltkrieg nach Deutschland eingewandert waren. Sie hatte mit einem Begabten Stipendium die höhere Schule besucht, einige Jahre als Krankenschwester gearbeitet und dann Medizin studiert.

      Die Mutter war nicht so naiv in Ihrem Glauben wie der Vater. Sie hatte vier Kinder zur Welt gebracht, war aber prüde.

      Über Sex wurde in der Familie von Fides nicht gesprochen. Die Töchter wurden von den Eltern nicht aufgeklärt.

      Von ihrem 9 bis zum 15ten Lebensjahr hatte Fides in einem katholischen Internat gelebt. Die Atmosphäre in dem Internat war von Bigotterie und Kälte geprägt. Der überwiegende Teil der Schwesternschaft und der Mitschülerinnen kamen aus verarmten Adelige Familien.

      Eine der weltlichen Lehrerinnen war eine Schwester der Mutter von Fides.

      Das Internat war in einem alten Kloster. Die Klassenzimmer und Schlafzimmer waren im Winter eiskalt, weil schlecht geheizt wurde. Ebenfalls im Internat waren noch zwei Cousinen im gleichen Alter von Fides. Die kinderlose Schwester der Mutter war ebenfalls sehr fromm und war sehr kühl zu den ihr anvertrauten Kindern.

      Die Schwestern des Internats waren geprägt von einem engstirnigen Katholizismus und von einem Adelsstolz.

      Den Frust den sie in ihrem Leben erfahren hatten gaben sie an die ihnen anvertrauten Kinder weiter.

      Sie verbreiteten Angst, um ihre Schülerinnen unter Kontrolle zu halten. Ständig wurde der Teufel beschworen, der die Mädchen in die Hölle hinabziehen will und dem man sich nur durch ständiges beten entziehen kann.

      Schon bei kleinen Vergehen reagierten sie mit eisiger Kälte. Kleinste Verstöße gegen die rigide Hausordnung wurden drastisch bestraft.

      Es waren keine körperlichen Züchtigungen, aber gemeine Bloßstellungen, die nachhaltige Verletzungen in den Kinderseelen bewirkten. Beliebte Strafe bei den Schwestern war, während des Unterrichts im Eck stehen zu müssen oder in der Kirche nahe am Altar und außerhalb der Bänke, während der ganzen Messe, kniend auf dem eiskalten Boden ausharren zu müssen.

      Fides fand enge Freundschaften bei ihren Mitschülerinnen. Die wenigen bürgerlichen Mädchen schlossen sich eng zusammen.

      Der Alltag der Mädchen war voller Zwänge. Endlose Messen in der kalten Kirche. Unverständliche Gebete mehrmals am Tag.

      Im Kreis der Freundinnen von Fides führte der ständige Druck den die Schwestern ausübten, zu einer Ablehnung von allem Religiösem.

      In der Mittelstufe wurden aufrührerische Schriften gegen den Katholizismus gelesen.

      Der Ausspruch von Karl Marx: „Religion ist das Opium für das Volk“ oder von Ludwig Feuerbach: „Gott sei lediglich eine Erfindung des Menschen“ wurde in geheimen Schlafsaalfesten diskutiert.

      Das Auffinden von kritischen Schriften gegen den Katholizismus hätte unweigerlich zu einem Hinauswurf aus dem Internat geführt. Unter den Freundinnen von Fides gab es Mädchen, die stolz drauf waren dieses Risiko einzugehen.

      Bei der Rückkehr aus den Ferien wetteiferten die Freundinnen damit, wer das Buch mit der schärfsten Kritik am Katholizismus mitgebracht hatte. Schriften die sich gegen die sexuelle Unterdrückung der Frau richteten, wurden mit besonderer Leidenschaft diskutiert und in den Nächten mit Taschenlampen unter der Bettdecke gelesen. Theodor Fontanes Roman Effi Briest war der Hit im Freundeskreis von Fides und wanderte von Bett zu Bett.

      Es war ein Spiel mit dem Feuer. Ein Buch eines gefeierten Schriftstellers, wie Theodor Fontane, war eine verbotene Lektüre, wenn darin eine untreue Frau vorkam. Auch wenn sie hart für ihre Untreue bestraft wird.

      Trotz ihrer Freundschaften, hat Fides die Internatszeit als bedrohlich empfunden und sich vor den bigotten Schwestern gefürchtet. Die Äbtissin war eine Prinzessin. Sie nahm die Bürgerlichen Mädchen nicht wahr.

      Nach dem Internat kommt Fides in eine Klosterschule im Herzen Münchens, nur 100m vom Viktualienmarkt entfernt.

      Sie saugt alles auf was sie an Kritik an der katholischen Kirche und auch grundsätzlich an Religionen finden kann.

      Das führte sehr bald zu einer Abkehr von jeder Religion und zur Erkenntnis, dass es keinen Gott gibt.

      Gleichzeitig mit ihr hat ihre Schwester diesen Prozess durchlaufen. Die ein Jahr ältere Schwester war in diesem Prozess die Anführerin.

      Eva war die belesenere von den beiden Schwestern. Sie konnte beißenden Spott über alles Religiöse ausgießen.

      Nachdem Fides zur Erkenntnis gekommen war, dass es keinen Gott gibt und jeder für seine Taten selbst verantwortlich ist, war das Thema Religion für sie erledigt. Während Eva gerne noch über die Religionen spottete, sah Fides keinen Grund mehr über das Thema zu sprechen.

      Fides spaziert oft nach der Schule über den

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