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pragmatisch. Keine Beziehung, keine Beziehungsprobleme. No woman - no cry, keine Männer - kein Geschrei. Das ist natürlich traurig, aber wir Franzosen können ja schließlich nicht überall sein. Aber irgendwie hätte ein anderer Spitzname besser auf Ilse gepasst. Pitbull wäre wohl treffender. Hatte die sich mal in einen Fall verbissen, bevor nicht das letzte Detail geklärt war, wurde bei ihr nichts zu den Akten gelegt. Und nun war sie mit dem Laubenmord beschäftigt. Die Dienststelle, das KK1 in Siegburg, war mal wieder notorisch unterbesetzt. Einige hatten Urlaub, andere waren auf Fortbildung oder krank. Eigentlich hatte sie auch Urlaub. Aber ledig und ohne Kinder stand sie immer ganz oben auf der Liste der unfreiwilligen Einspringwütigen. Ersatzreserve 1 war auch so ein Nickname für sie.

      "Was machen sie noch hier?" Der Dienststellenleiter, ein Kriminalhauptkommissar, fuhr sie an.

      "Ich genehmige mir einen Kaffee, ist gestern spät geworden. Und Tote auf nüchternen Magen vertrag ich schlecht. Weglaufen tut der sicher auch nicht mehr."

      Sie konnte es sich leisten, war eh kein anderer da für diesen Fall in Windeck.

      Außerdem war sie schon zweimal bei Beförderungen übergangen worden. Das bremst doch die Arbeitswut ungemein.

      "Der Kollege Maier tankt den Wagen. Hat wohl gestern jemand vergessen?"

      "Sag doch gleich: Du hast den Saustall nicht im Griff!" Die Bürodame war rausgegangen. Allein unter sich wurde geduzt. Der Zusammenhalt in der Abteilung war klasse.

      "So muffig wie du heute bist, dachte ich eher an schlechten Sex!" Ilse wusste, dass es bei den vielen Überstunden oft zu Spannungen im familiären Bereich kam.

      "Was weißt du als Außenstehende schon von Sex?"

      "Autsch, das war mein Stichwort. Mein Taxi fährt gerade vor. Auf ins schöne Windeck!"

      Bikers-Rast

      Bikers-Rast Dattenfeld • Zum Hochkreuz 5 • 51570 Windeck-Dattenfeld war die Adresse. Das ist ein Treffpunkt für Motorrad-Fans, Reiter, Wanderer und Camper. Wunderschön am Waldrand gelegen, ist dieser Ausflugsort in Biker-Kreisen wohl bekannt. Es gibt eine angeschlossenen Laubensiedlung.Bild 201269 - Dieses Bild ist aus diesem Werk. Einige dieser Lauben sind ganzjährlich bewohnt. Nun fand der örtliche Briefträger die Tür der Laube 30, wohl eher einem Wochenendhaus, offen. Also rief er nach dem Bewohner, einem gewissen Hans Bückler. Der konnte aber nicht mehr antworten. Er saß eingeknickt und zusammengesunken mit einem Kopfschuss im Schaukelstuhl. Und da saß er wohl auch schon etwas länger. Jedenfalls ging der Postler rein, um seine Unterschrift für das Päckchen zu erhalten. Und er ging rückwärts wieder raus. Aschfahl im Gesicht rief er die Polizei. Die brauchten von Eitorf aus zwanzig Minuten bis Dattenfeld. Das Gebiet um die Laube wurde mit Flatterband eingezäunt. Die Spurensicherung traf eine halbe Stunde später ein. Ilse kam als Letzte. Die Routine begann. Nachbarn befragen, Tatort in Augenschein nehmen und was man sonst noch so alles aus dem Fernsehen her bereits kennt.

      Hans Bückler lebte zurückgezogen. Er war allgemein als freundlich und hilfsbereit bekannt, ließ aber kaum jemanden näher an sich ran. Trieb viel Sport, lief auch bei schlechtem Wetter seine Runde. Oft war er länger unterwegs, wovon er lebte, wusste keiner.

      Mehrfach im Jahr bekam er Besuch. Einige ältere Herren. Die feierten dann recht lustig zusammen. Tranken, sangen und scherzten viel. Immer am 30. April war so ein Fest. Vermutlich sein Geburtstag oder so was. Zu Ehren seiner Gäste, die wohl aus dem Ausland kamen, hisste er die französische Flagge. Und die brachten reichlich Rotwein mit. Alle Nachbarn bekamen dann auch eine Flasche ab.

      Viel Persönliches gab es nicht. Wenige Fotos in Uniform. Einige Abzeichen. Ein Brett mit einem Pferde-Hufeisen und einem Wimpel. Ein Testament wurde gefunden. Begünstigt waren seine Schwägerin und deren Tochter. Eine Lebensversicherung gab es auch zu deren Vorteil. Eigene Verwandte oder Begünstigte hatte er wohl keine außer seinem Bruder. Aber der Kontakt war scheinbar schon länger abgerissen.

      Am frühen Abend des Vortages war ein Pizzabote zu ihm gekommen. Nein, gehört hatte man nichts. Ganz normales Pizza-Taxi aus Rosbach. Jedenfalls der Werbung nach. Der Pizzabote war vermutlich der Letzte, der ihn lebend gesehen hatte. Oder der Mörder. Ein südländischer Typ, etwa 40 Jahre, ein Meter siebzig. Eine getönte Brille, ein Schnauzer, ein Baseball-Cap und ein Kittel mit Aufschrift Pizza-Frischdienst. Einen Karton und einen Korb mit Weinflaschen trug der bei sich, alles ganz normal. Das war alles, woran man sich erinnerte.

      Wenn der ihn erschossen hat, dann war er perfekt getarnt gewesen.

      "Verwunderlich, dass unser Opfer bewaffnet war! Unter seiner Schoßdecke hat er eine sehr teure gravierte Pistole mit Inschrift liegen." Maier war Kriminal-Meister.

      "Hier ist einiges merkwürdig! Gestohlen wurde offenbar nichts, ein Kampf fand auch nicht statt. Als hätte er sich selbst geopfert."

      Kreispolizeibehörde Rhein-Sieg-Kreis

      Kriminalkommissariat 1 Frankfurter Str. 12-18 in 53721 Siegburg war die Dienststelle. Ilse war KK, also Kriminalkommissarin. Der Dienstleiter war KHK, was Kriminalhauptkommissar bedeutet. Dazwischen lag der Dienstgrad des KOK, der hätte ihr nach Dienstjahren eigentlich zugestanden. Aber da wurden andere wohl bevorzugt. Bessere Verbindungen brachten auch in einer Behörde schneller weiter.Bild 201271 - Dieses Bild ist aus diesem Werk.

      Aber die waren nun nicht zur Stelle.

      Die Pinnwand füllte sich. Bilder, erste Vernehmungen und das Ergebnis der Obduktion. Notizen und Termine in Blätterform, sogenannte Faulenzer, klebten fast überall. Ihr Assistent, ein Kriminalmeister, also Lehrling mit dem Spitznamen Stift-Maier1, war noch ungebrochen in seinem Übereifer. So ist die Jugend, mit zunehmendem Alter schwinden auch die Illusionen und die Routine macht sich breit.

      Besprechung:

      "Was haben wir bis jetzt?"

      "Unser Toter ist 60 Jahre alt. Und wäre vermutlich auch nicht viel älter geworden. Lungenkrebs im fortgeschrittenen Stadium. Todesursache ist ein Kopfschuss aus drei Meter Entfernung. Vermutlich mit Schalldämpfer, die Patronenhülse wurde nicht gefunden. Das Kaliber 22 wurde benutzt. Das deutet auf einen Profi hin."

      "Wieso, größere Kaliber haben mehr Power?" Stift-Maier1 konnte es nicht lassen.

      "Der Fehler besteht in der Unterschätzung der KK-Patrone. Das Kaliber 9mm, das für viele Amokläufe verwendet wurde, hat eine höhere Durchschlagskraft, da es eine größere Treibladung besitzt und ein Vollmantelgeschoss ist. So ein Vollmantelgeschoss sorgt in den meisten Fällen für einen Durchschuss. Sollte das Opfer nicht tödlich getroffen worden sein, kann der Chirurg diese Verletzung relativ gut behandeln. Das KK-Geschoss hat eine geringere Durchschlagskraft, da weniger Treibladung zum Einsatz kommt. Es handelt sich aber hierbei nicht um ein Vollmantelgeschoss, weshalb es sehr weich ist. Aufgrund der fehlenden Härte deformiert es sich im Körper. Somit wird ein schlimmerer Wundkanal hervorgerufen. Aufgrund dessen, dass es so weich ist, kann es auch leichter auseinanderbrechen. Das Resultat ist ein verdreckter und kompliziert zu behandelnder Wundkanal. Dem Chirurgen ist es, abhängig davon wo getroffen wurde, oftmals gar nicht möglich, diesen komplett zu reinigen. Sollte der Betroffene also vorerst überlebt haben, ist das Risiko einer Blutvergiftung äußerst hoch. Du kannst mit einer KK-Waffe mitunter größeren Schaden anrichten, da die Waffe leichter zu kontrollieren ist und du somit mehrere gezielte Schüsse in kurzer Zeit abgeben kannst. Dies kann man mit einer 9mm - Pistole auch, doch benötigt man auch mehr Übung. Zusätzlich sind derartige KK-Waffen und die dazugehörige Munition günstiger zu bekommen. Gesagt werden sollte auch, dass sehr viele Auftragskiller KK benutzen, da der Lärmpegel nicht so hoch ist, die Waffe, wie ich bereits erwähnte, leichter zu kontrollieren ist, und es nicht so eine große "Sauerei" gibt, da ein glatter Durchschuss mit gewöhnlicher KK-Munition selten ist, was nichts an ihrer Gefährlichkeit mindert. Es blutet nur weniger nach außen, ist aber meist tödlich!" Der Dienststellenleiter sah ihn erklärend

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