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Kommissar zog die Brauen hoch. „Wie kommen Sie denn darauf, dass ich Sie daran hindern will. Bringen Sie mir einen Beweis, dass Dornbach noch lebt. Dann kann ich alles in Bewegung setzen, was wir haben. Mit einer Zielfahndung geht er früher oder später ins Netz. Nur müssten wir wissen, welchen Namen er benutzt“.

      Der Kommissar stutzte kurz. „Ich hätte da eine Idee. Was machen Sie heute Abend?“

      Merz schüttelte den Kopf. „Eigentlich wollte ich nach Hause fahren. Aber ich kann mir ein Zimmer suchen. Was haben Sie vor?“

      Der Kommissar legte ihm die Hand auf den Arm. „Ich möchte mit Ihnen über Ihr Vorhaben sprechen. Aber nicht in den Diensträumen. Kommen Sie heute Abend zu mir. Ich lebe allein, Sie können bei mir übernachten. Ich habe genügend Zimmer.“

      Merz war skeptisch. „Es gibt genug Hotels in Frankfurt.“

      „Tun Sie mir bitte den Gefallen. Wir werden viel Zeit brauchen“, antwortete der Kommissar.

      „Na, gut“, antwortete Merz. „Ich werde sowieso nicht schlafen können.“

      „Was machen Sie in der Zwischenzeit?“, fragte sich Reuter plötzlich. „Wir haben einen Ruheraum. Wollen Sie sich vielleicht ein wenig zurückziehen?“

      Merz wehrte ab: „Aber nein, ich gehe gerne spazieren. Dabei kann ich ein wenig ordnen. Wo treffen wir uns?“

      „Kommen Sie um siebzehn Uhr wieder in mein Büro. Dann gehen wir zusammen. Ich muss mir noch einige Unterlagen zusammenstellen, möglicherweise bekomme ich schon einen vorläufigen Bericht über die Sache in Norwegen.“ Reuter brachte ihn zur Tür. „Bis später!“

      ***

      Merz spazierte gemütlich in der Stadt herum. Er besuchte mehre Restaurants, das war seine liebste Art, auszuspannen und nachzudenken. Die Zeit ging schnell vorbei. Um fünf Uhr traf er erneut den Kommissar, wie abgemacht.

      Reuter wohnte nicht weit vom Präsidium. Allein in einer Dienstwohnung, die für eine Familie ausgelegt war. Im Erdgeschoß des Hauses gab es ein Lokal, wo er zu essen pflegte. Er lud seinen Gast dazu ein.

      Merz zierte sich erst, aber willigte schließlich ein. Reuter bat ihn, den Kommissar wegzulassen. „Hier können Sie mich Alois nennen.“

      „Dann sagen Sie Erich zu mir“, forderte Merz.

      Reuter nickte zustimmend.

      „Was haben Sie denn jetzt vor, Alois?“, fragte Merz.

      „Wissen Sie, Erich. Unser Polizeiapparat ist effizient, aber er funktioniert nur nach bestimmten Regeln. Wenn ich an Ihrer Stelle wäre, würde ich auch nach Norwegen fahren. Deshalb will ich Sie, soweit es möglich ist, unterstützen. Ich kann für Sie Laboruntersuchungen machen lassen. Wenn es darum geht eine Passagierliste zu erhalten und so weiter. Für einfache Dinge kann ich einen Kollegen im Ausland direkt fragen, dazu brauchen wir den Dienstweg nicht einzuhalten. Wenn dann etwas Beweiskraft erlangen soll, können wir das immer noch nachholen.

      Wenn Sie wollen Erich, können Sie mich jederzeit anrufen. Ohne den Apparat würden Sie nur auf gut Glück ermitteln. Und wohin das führen kann, haben Sie bereits erlebt. Vergessen Sie nicht. Wenn Dornbach Sie noch einmal zu Gesicht bekommt, dann wird er Sie umbringen. Der geht kein Risiko ein.

      In Norwegen werden Sie kaum auf ihn treffen, aber Sie müssen jederzeit mit möglichen Komplizen rechnen. Die zum Beispiel aufpassen, ob sich jemand umhört. Ich will Ihnen keine Angst machen, aber seien Sie um Gottes willen vorsichtig.“

      Der Kommissar zog einen dünnen Hefter aus seiner Mappe. „Ich habe hier erste Unterlagen. Natürlich wissen Sie, dass ich sie Ihnen nie gezeigt habe!“ Merz nickte zustimmend. „Der erste Bericht der norwegischen Polizei. Aus den Bruchstücken, die aus dem Wasser gefischt wurden, kann man eindeutig ablesen, dass das Schiff mit großer Kraft auseinandergerissen wurde. Im Klartext. Eine Explosion. Nicht vom Treibstoff. Es muss eine Bombe gewesen sein.

      Es wurden Rettungsringe gefunden, mit der Aufschrift „Isolde“. So hieß das Schiff, das Dornbach angemeldet hatte. Es muss sehr schnell gesunken sein. Augenzeugen haben nur eine Rauchwolke gesehen, kein treibendes Wrack. Für eine größere Explosion spricht auch, dass bis jetzt kein Schlauchboot gefunden wurde. Offenbar war niemand mehr in der Lage, ein Rettungsboot klarzumachen, um das Schiff damit zu verlassen.

      Der Fjord ist an der Unglücksstelle etwa achthundert Meter tief. Auch mit einem Tauchboot ist es fast unmöglich, das Wrack zu finden. Wenn die Explosion so stark war, wie vermutet, dann gibt es auch keins. Nur Bruchstücke, die im Schlick versinken.

      Die Mannschaft bestand aus sechs Seeleuten. Auch von ihnen ist bis jetzt keine Spur aufgetaucht. Dass Dornbach möglicherweise allein an Bord gewesen sein könnte, ist nicht völlig auszuschließen jedoch kaum zu erwarten. Man rechnet deshalb vorsichtshalber mit mindestens sieben Todesopfern.

      Der Rest bezieht sich auf technische Details, Gewicht, Motorleistung und so weiter. Das ist für uns im Moment nicht besonders wichtig. Sehen Sie Erich, wie ich Ihnen helfen kann?“

      Merz nickte. „Wir zusammen kriegen ihn, da bin ich mir sicher.“

      Reuter ließ sich nicht darauf ein, sondern legte das nächste Blatt um. Ein Kartenausschnitt erschien. Eine Seekarte, in der die vermutete Position des Schiffes mit einem roten Kreuz markiert war.

      „Davon habe ich Ihnen eine Kopie angefertigt“, fuhr der Kommissar fort. „Die Stelle liegt etwa dreihundert Kilometer von Oslo entfernt. Ich denke, dass es eine Fährverbindung gibt.“ Reuter legte den Finger auf einen Punkt auf der Karte. „Bis hier. Wenn Sie die Örtlichkeit genauer absuchen wollen, brauchen Sie allerdings ein Boot. Die Küstenlinie ist endlos. Keine Straßen, überall kann man sich verstecken. Wenn Dornbach wirklich geflohen ist, muss er auch über ein Boot verfügt haben. Das er irgendwo, irgendwie zurücklassen musste. Danach würde ich stets Ausschau halten. Haben Sie schon einmal Fingerabdrücke genommen?“

      Merz schüttelte den Kopf.

      „Ich werde Ihnen zeigen, wie man das macht.“ Der Kommissar öffnete einen kleinen Karton. „Die Ausrüstung habe ich Ihnen bereitgestellt. Er nahm das Glas, welches Merz benutzt hatte und stäubte es mit einem schwarzen Pulver ein.

      Seine Abdrücke wurden gleich deutlich sichtbar. „Damit fixieren Sie das Ergebnis.“ Reuter legte einen Klebestreifen über einen besonders deutlichen Abdruck und zog ihn wieder ab. „Sehen Sie, Erich, es ist ganz einfach. Ich habe Ihnen zum Vergleich, die Prints von Dornbach dazugelegt. Diese Tüten“, er schwenkte eine Versandtasche, „damit können Sie mir gesicherte Spuren schicken. Schreiben Sie nichts dazu. Ich weiß auch so, woher es kommt. Natürlich an meine Privatadresse.“ Der Kommissar legte eine Pause ein.

      Merz gab sich beeindruckt. „Sie haben wirklich an alles gedacht, Alois.“

      „Da bin ich mir nicht so sicher. Aber was wollen Sie ohne Hilfsmittel erreichen. Sie werden auch einen Dolmetscher brauchen. Oder sprechen Sie norwegisch?“

      Erich schüttelte wieder den Kopf. „Ideal wäre natürlich jemand, der die Gegend kennt und gleichzeitig deutsch spricht. Vielleicht ist es besser, wenn Sie durchblicken lassen, dass Sie Schweizer sind. Gerade auf dem Land könnten noch Erinnerungen an unsere Vergangenheit wach sein.“

      Der Kommissar goss Merz ein neues Glas ein. „Schkol“, sagte er lächelnd. „Oder ist das schwedisch?“

      Sie diskutierten noch dies und das. Merz war sicher, bestens vorbereitet, auf die Jagd zu gehen.

      Erst gegen Morgen legten sie sich endlich schlafen.

      Als Merz erwachte, war er allein in der Wohnung.

      Reuter hatte ihm ein Frühstück in der Küche bereitgestellt, dazu einen Zettel. „Bin im Büro, komme bis zehn Uhr zurück.“

      Merz brühte den Kaffee wieder auf. Kauend überlegte er, was er noch mitnehmen könnte, um in Norwegen zum Erfolg zu kommen.

      Er kannte den Norden kaum. Er liebte die Kälte nicht. Niemals

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