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Zimmer zu fast jeder Zeit den Technokram, dass ich mir am liebsten die Ohren zugehalten hätte. Doch diesen Rhythmus spürte man ja sogar körperlich.

      Bald wurde mir klar, dass ich mit Erfolg vom Weiterarbeiten an meinem Roman abgehalten wurde. Dafür fand ich mich manchmal im Auto mit den drei ungeduldigen Kindern wieder und fuhr mit ihnen zur Badestelle am See. Hier lagerte ich im Schatten meine alten Knochen auf eine Decke, wurde immer steifer, und sah voll Bangen den dreien zu. „Schwimmt nicht zu weit raus!“, ermahnte ich sie, „Haltet Petra fest, dass sie nicht zu tief ins Wasser geht“. Verschwitzt und erschöpft kehrte ich von da zurück und war froh, wenn dann Susanne endlich wieder zu Hause war.

      „Du bist ein Schatz, dass du mir die Kinder so abnimmst. Da ist es für mich einfacher, alles zu regeln“, lobte sie mich, während sie vielleicht am Herd stand und in kurzer Zeit beim Kochen aus meiner Küche ein Schlachtfeld machte.

      Wenn Robert am Abend aus dem Krankenhaus von der Arbeit heimkam, berichtete er begeistert von seinen neuen Mitarbeitern und seinen neuen Aufgaben. Dann saß dort ein glücklicher Mensch!

      Und Susanne? Mit zusammengekniffenen Lippen hörte sie ihm zu, sagte wenig und fuhr vielleicht nur die Kinder an, wenn sie ihr in die Quere kamen. Ich spürte es richtig, wie eifersüchtig sie auf die Arbeit von Robert war. Wenn sie nicht gerade wegen des Hauses unterwegs sein musste, versuchte sie sich als Hausfrau. Sie gab sich Mühe, ganz gewiss, aber sie hasste es auch. Und so sah auch der Erfolg aus. Manchmal dachte ich, zumindest Christine könnte sie mal als Hilfe heranziehen, aber eher noch half ihr Dani. Nein, ich hatte den Eindruck, Robert und die Kinder nutzten es sogar aus, dass Susanne plötzlich die Funktion einer Hausfrau übernehmen musste. Und Petra hing ihr dauernd am Rockzipfel, wenn sie da war. Sie, die vorher meistens bei Margot oder in einer Pflegestelle gewesen war, beanspruchte jetzt ihre Mam voll und ganz. So begann sie bereits zu maulen, weil Susanne sie nicht mitnahm, wenn sie zu dem Haus nach Harzerode fuhr.

      Ich hielt mich da raus, so gut es ging, ließ mich sogar in meiner Küche so wenig wie möglich blicken.

      Manchmal, wenn Susanne erschöpft ihre Zeitnot beklagte, legte Robert ihr liebevoll den Arm um die Schulter. Manchmal lehnte sie sich auch an ihn an, schlang die Arme um ihn und sah ihn mit liebevollem Glanz in den Augen an. Sie liebten sich noch immer, das war nicht zu übersehen, und doch schien eine unterschwellige Spannung zwischen ihnen zu bestehen.

      Traudel und Karl-Heinz waren bald gekommen. Dani und Petra rannten sofort auf ihren Opa zu, aber Omam, wie sie Traudel nannten, gaben sie artig die Hand. Opa zog Bonbons für die Kinder aus der Tasche, Omam schenkte ihnen ein Lächeln. So eine richtige Oma zum Umarmen wird Traudel wohl nie werden können, dazu war sie in den vielen Jahren zu sehr vom Geschäft geprägt worden.

      Ich sah, dass es Traudel Mühe machte, ein böses Wort an Robert zu unterdrücken. Karl-Heinz jedoch hatte vorher wohl genug auf sie eingeredet.

      „Am liebsten würde ich ihm was erzählen!“, murrte sie, als wir allein waren, „Doch vielleicht hat Karl-Heinz recht, damit könnte ich Susanne nur schaden. Sieh sie dir nur an, wie angespannt sie aussieht. Man könnte sich glatt Sorgen machen.“

      Einmal kamen sie auch sonntags, holten die Kinder ab und fuhren mit ihnen zur Riesenrutschbahn nach Andreasberg. Robert hatte Dienst im Krankenhaus. Susanne und ich waren allein. Unruhig geisterte sie umher, nahm hier was auf, räumte dort etwas um oder überlegte, ob sie nicht zum Haus nach Harzerode fahren sollte, um zu sehen, was sie dort tun könnte.

      Es war nicht leicht, sie dazu zu bringen, sich einmal auf der Terrasse langzulegen und einfach die Zeit vergehen zu lassen. Julchen nahm die Gelegenheit wahr und sprang zu ihr auf ihren Schoß. Danach lag Susanne tatsächlich still und kraulte ihr das Fell.

      „Weißt du, was mir Robert gesagt hat, als ich es ablehnte, auch noch für ihn Einiges zu erledigen, weil ich genug mit dem Umbau des Hauses und der ganzen ungewohnten Hausarbeit zu tun habe?“, begann sie zu reden. „Er meinte glatt: Er verstehe das nicht, ich hätte doch jetzt den ganzen Tag Zeit dazu.“

      „Und was hast du ihm darauf geantwortet?“, wollte ich wissen.

      „Ich habe ihm erklärt, er hätte keine Ahnung von Hausarbeit, die nie auszugehen scheint. Am Ende dreht man sich nur noch im Kreis und weiß nicht, was man zuerst machen soll.“

      Ob sie überhaupt wahrnimmt, was ich ihr davon bereits alles abnehme, fragte ich mich.

      Nein, darauf kam sie nicht. Sie schimpfte weiter: „Ich kann ja schon an nichts anderes mehr denken. Dabei gibt es noch so viel für das Haus zu erledigen. Doch das wird nicht so bleiben! Das habe ich ihm versichert.“ Trotzig funkelten ihre Augen.

      „Denkst du etwa bereits daran, wieder ein Geschäft zu eröffnen?“

      „Hast du etwas anderes erwartet?“

      „Eigentlich nicht. Doch ihr seid noch nicht einmal in euer Haus gezogen. Und Traudel meint, Robert würde hoffen, dass du dir damit noch Zeit lässt.“

      „Das glaube ich!“, lachte Susanne bitter auf. „Hatte er mir doch erklärt, ich solle es genießen, einmal nicht einem Geschäft hinterherjagen zu müssen. Dann riet er mir, mit einer Neueröffnung wenigstens zu warten, bis Petra größer ist. Wie stellt er sich das vor? Soll ich bis dahin hinterm Herd versauern? Das könnte ihnen so passen, dass ich als „Nurhausfrau“ jederzeit für sie und ihre Wünsche erreichbar wäre. Ich müsste ja blöd sein!“ ereiferte sie sich. „Außerdem braucht er auch nicht zu hoffen, dass auf diese Weise mein Geld aus dem Verkauf der Geschäfte völlig in den Erwerb des Hauses fließt. Ich werde auch hier wieder ein Geschäft haben! Verlass dich drauf!“

      „Aber hier wird das nicht einfach sein“, gab ich zu bedenken.

      „Das war es zuerst in Berlin auch nicht. Ich habe mich in Harzerode bereits umgesehen. Die Fußgängerzone dort ist nicht gerade umwerfend. Auch über ein anderes Sortiment werde ich nachdenken müssen. Das jedoch wird die Erfahrung dann bringen. Wäre doch gelacht, wenn ich mich nicht auf das einstellen könnte, was hier besonders gut absetzbar ist. Egal wie, so, wie jetzt, bleibt es nicht! ich weiß ja nicht mehr, was ich zuerst machen soll. Wenn wir erst in dem Haus wohnen, werde ich mich nach einer Hilfe umsehen. Diese Ackerei mit Putzen, Kochen, Einkaufen und sonst was ist auf Dauer nichts für mich. Und Robert und die Kinder meinen dabei noch, ich hätte nun viel Zeit und könnte darum jederzeit für sie zur Verfügung stehen. Das siehst du doch täglich!“

      Nachdenklich blickte ich zu ihr. Hatte sie nicht vor noch gar nicht langer Zeit behauptet, Frauen, die zu Hause blieben und den Mann allein das Geld verdienen ließen, seien nur zu faul? Und nun fühlte sie sich bereits überfordert? Dabei brauchte sie sich noch nicht einmal um den groben Putz des Hauses zu kümmern, das besorgte mir meine langjährige Putzfrau, die Müllern.

      Die Müllern war ein armer Teufel, geschieden und allein erziehende Mutter von drei Kindern. Der Vater hatte sich aus dem Staub gemacht. Außer gelegentlicher, keinesfalls regelmäßiger Unterhaltszahlungen, hörte sie kaum noch etwas von ihm. Er kümmerte sich auch nicht um die Kinder. Er hatte selbst eine neue Familie gegründet. Was interessiert mich, was gestern war, schien er zu denken. Ich erzählte Susanne davon.

      „Wie gut, dass man heute leichter auseinandergehen kann, wenn es nicht mehr miteinander geht. Eine Ehe, an der nur noch krampfhaft festgehalten wird, davon hat niemand etwas“, sagte sie. Dann aber fügte sie nachdenklich hinzu: „Doch meistens fehlt der Mut zu diesem Schritt.“

      Ich erschrak. Waren ihre Gedanken bereits so weit gegangen, ehe sie sich zur Aufgabe der Geschäfte entschloss? „ Und die Kinder? Sie sind die Leidtragenden dabei“, gab ich zu bedenken.

      „Was haben die noch von Eltern, die sich mehr zanken als vertragen? Glaubst du, sie wären in einer gereizten Umgebung besser aufgehoben als allein bei ihrer Mutter?“

      „Sicher nicht. Doch bedeutet es auch, dass sie ärmer leben müssen als vorher. Das, was der Mann für sie zahlen muss, ist wenig, auch wenn er es als viel empfinden mag. Eine Mark, die man teilt, ist eben immer nur die Hälfte wert. Meistens muss die Mutter ihnen mehr Wünsche versagen als vorher. Das macht unzufrieden. Wie oft hat mir meine Putzfrau erzählt,

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