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für Alina viele Hände die geschüttelt werden mussten, denn alle wollten das Kind des Lichtes sehen und berühren.

      Auch von Ravens Volk waren viele ihrem Ruf gefolgt, und im Schloss herrschte lange Tage ein Ah und Oh um die ganzen Verwandten und Freunde, die nach und nach Avalla erreichten. Alina kam kaum aus dem ganzen Händeschütteln, Umarmen und Begrüßen heraus und ein Trubel und eine Unruhe machten sich breit, das Alina sich die meiste freie Zeit in ihren Gemächern aufhielt, ja, fast dahin flüchtete. Zudem wartete sie sehr ungeduldig auf ihre Mutter und deren Volk. Doch auch nach zehn Tagen des Wartens tauchte von ihnen nicht einer auf, und Alina machte sich langsam doch große Sorgen um das Wohl der Gehörnten. Die Reise zum Süden war weit und beschwerlich, und der Weg gespickt mit den Orten der Menschen. Konnten sie es überhaupt bis nach Avalla schaffen? Diese einsamen, scheuen und zarten Geschöpfe des Waldes. Wie sollten sie sich fühlen, wenn sie der Welt der Menschen gewahr wurden. Alina betete still, dass sie nicht aufgeben mögen auf ihrem Weg zu ihr, und damit in eine Neue Welt.

      Raven betrat schließlich leise ihr Gemach und lächelte Alina wissend an.

      „Sind sie hier?“ Sie sprang vom Bett auf und lief zu ihm, „bitte, sag mir das sie hier sind.“

      „Komm, kleine Fee, deine Familie hat uns eben erreicht“, sagte er und nahm ihre Hand.

      Sie gingen zur großen, jetzt leeren Halle, wo nur ein sichtlich berührter Dragon und eine leicht verwirrte Sonja sie erwarteten.

      Vor ihnen stand in einiger Entfernung ein ruhiges, schimmerndes und kraftvolles Einhorn, und Alina erkannte sofort ihren Vater. Raven blieb beim Dragon stehen und Alina trat allein vor ihren Vater. Sie kniete dicht vor ihm nieder und sah ihm in sein schönes, doch recht kühles Gesicht.

      „Vater.“ Sagte sie nur leise.

      Er blickte lange und stumm auf sie nieder, und sie erkannte in seinem Blick die bekannte Kälte, mit der er sie immer gemustert hatte. Aber da war auch noch etwas Anderes in diesem Blick. Eine unterschwellige Trauer, eine Einsamkeit, die ihr das Herz umklammerte.

      „Anandialla, deine Mutter, hat dich seinerzeit bei unseren Streifzügen durch unseren Wald gefunden,“ begann dieser ruhig zu sprechen, „du warst nur ein kleines, zurückgelassenes nutzloses Bündel, aber sie liebte dich vom ersten Moment an. Du warst immer ihr Sonnenschein, ihr Odem zum Leben und sie hat dich, gegen meinen ausdrücklichen Willen, zu unserer Tochter gemacht. Sie hat dich aufgezogen, dich erzogen und dich unser altes Wissen gelehrt. Du gehörtest niemals zu uns, so wie du zu keinem Volke je gehören wirst. Aber sie hat recht getan sich an die alten Sagen zu erinnern, und ich lag im Unrecht.......“

      „Vater, bitte......“ bat Alina mit Tränen in den Augen.

      „Unterbrich mich nicht, Kind,“ erwiderte das Einhorn ernst, „Anandialla hatte schon immer ein waches Auge, und trotz deines menschlichen Aussehens hat sie immer erkannt, was in dir schlummert. Ich war Blind durch meinen Hass auf die Nichtfühlenden. Auf diese Scheusale, die meine Welt zerstört haben, mir das genommen haben, was ich am meisten liebte. Doch nur durch meinen Hass wurde ich wie sie und habe dich Zeit deines Lebens nur verachtet und abgelehnt........ verzeih mir, meine Tochter.“ Sein Kopf senkte sich zu ihrem Gesicht und seine kühlen weichen Nüstern streichten sacht über ihre Wange.

      „Ich bin sehr Stolz auf dich, mein Kind, und alle Mitglieder meines Volkes haben deine Rufe gehört und werden dir folgen.“ Damit drehte er sich langsam um und schritt ruhig durch die Halle zur großen Flügeltür, die zum Schlosshof hinausführte. Alina blieb, wie versteinert um das eben gehörte, knien und blickte ihm traurig nach. Ohne noch einmal zurück zu schauen blieb er auf halbem Weg stehen und hob leicht den Kopf.

      „Deine Mutter ist tot, sie starb vor einigen Monden durch Menschenhand und wir sollten bald aufbrechen, denn die Menschen sind schon sehr nah.“ Damit verließ er ruhig die große Halle.

      Alina konnte das, was sie eben gehört hatte, nicht fassen. Nicht glauben, dass ihre liebe Mutter nicht mehr lebte. Sie versank in mitten der Halle in tiefes Schluchzen und Raven, der Dragon und auch Sonja eilten zu ihr um sie zu trösten.

      Vargor blickte voll düsterer Bitterkeit über die langgezogene, sonnige Ebene, die sich unter dem Hügel, auf dem sich sein Zelt befand, weit, fast bis zum Horizont erstreckte. Überall auf der Ebene erblickte er die Lager der anderen Könige, oder besser deren Vasallen, die diese ihm zur Unterstützung geschickt hatten. Die Fahnen der einzelnen Reiche flatterten fröhlich im lauen Wind und kennzeichneten die einzelnen Lager. Er kannte sie alle. Jedes der einzelnen Wappen konnte er fast mühelos zuordnen, und ihm wurde bei dem Gedanken, warum sie alle hier waren, das Herz schwer. Wieder blickte er düster brütend hinaus, und betrachtete müde das geschäftige Treiben dort unten zwischen den vielen Zelten. Dort wurden Scharmützel geprobt, Waffen geschärft oder gar neu geschmiedet, Pferde erzogen, und Sattelzeug geputzt. Nur widerwillig drehte sich langsam um und betrat wieder sein dämmriges Zelt, in dem die Obersten seiner, wie auch der anderen Truppen ungeduldig auf ihn warteten. Stimmengewirr scholl ihm entgegen als er in das düstere Zwielicht trat, und mehr als ein Kopf beugte sich über die Karten, die auf dem großen Tisch in mitten des großen Zeltes lagen. Vargor trat ruhig und langsam heran, und fast augenblicklich richteten sich alle Blicke auf ihn und die Gespräche verstummten. Er war ein großer und harter Mann, seineszeichens König des Südlandes, doch er fühlte sich langsam alt und zu müde zum regieren. Sein fester, blauer Blick musterte die Anwesenden kurz, aber eindringlich, doch dann wandte er sich seufzend ab.

      „Nun,“ fragte er resigniert, „zu welchen Schlüssen seid ihr gekommen?“ Dabei ließ er sich auf seinen hohen und prunkvollen Stuhl sinken. Seine Bürde wurde mit jedem Jahr schwerer. Ja, früher, dachte er, da war es noch leichter gewesen, und niemals störte ihn oder seinen Vater die Anwesenheit der Geflügelten, oder gar der sonstigen Andersartigen. Doch auch in seinem Reich spürte man mit den Jahren den Frevel, den die anderen Menschen diesen antaten. Und auch wenn hier immer Ruhe herrschte, brodelte hier ebenso schon bald der von der Kirche geschürte Hass der Menschen gegen die Andersartigen. Immer unter dem Banner des Kreuzes zogen ganze Heerscharen gegen die alten Völker, doch er konnte sich dabei immer heraushalten. Doch jetzt sammelten die Anderen sich an den Ständen seines Reiches, ob zur Flucht, oder zum Kampfe, er wusste es nicht. Der Druck der anderen Könige auf ihn nahm beständig zu, man müsse diese Brut ausrotten, und überall bekämpfen, wo man deren Angesichtig wurde, so ließen sie ihn wissen. Schließlich beugte er sich mit innerer Qual deren Macht, und deren Drohungen, und versammelte langsam seine Truppen hier auf den Wiesen. Dennoch hatte er nicht wirklich vor, die Anderen anzugreifen, spürte er doch irgendwie, dass diese ihre Welt verlassen und nicht zerstören wollten. Doch wie zum Hohn schickten ihm die anderen hasserfüllten Könige deren Truppen zur Unterstützung, wie sie sagten, doch er ahnte, dass diese um seinen Wankelmut bezüglich der anderen Völker wussten. So befand er sich jetzt nicht mehr in der wartenden Position, sondern wurde von den Obersten der anderen Reiche mehr oder weniger zum Handeln genötigt. Groß und kräftig, in voller Kampfkleidung und mit zurückgebundenem rotblondem Haar saß er da und wartete. Schelhem, sein Oberster Kriegsherr trat vor, räusperte sich, und begann, ihm die Tatsachen zu erklären.

      „Sie sammeln sich,“ erklärte dieser ihm, „in der Drachen-Feste, am südlichen Ausläufer der Ktar-Berge. Wir wissen von Elfen, Drachen, Trollen und Zwergen. Welche Völker sonst noch steht in den Sternen, und auch über die genauen Kopfzahlen haben wir keine eindeutigen Kenntnisse. Zudem scheinen diese keinen Angriff zu planen, sondern eher eine Art abreise zu vollziehen. Aber wir sollten mit unserem Angriff nicht mehr all zu lange hinauszögern, wenn wir dieses Pack noch vernichten wollen.“ Sicher, dachte Vargor bei sich, so ein letzter Krieg passt dir sicher gut in den Kram, du Maulheld. Er mochte seinen Obersten nicht sonderlich, fühlte sich einem Streit gegenüber aber auch nicht gewachsen, so blickte er ihn nur ruhig an.

      „Herr?“ Fragte dieser ihn nun, und jetzt war es an Vargor, sich müde zu räuspern.

      „Gut,“ sagte dieser jetzt ruhig, und fast zu leise, „die Truppen sollen sich sammeln und zum Aufbruch bereithalten. Der Weg bis zur Drachen-Feste ist noch weit.“ Sagte er und dachte, vielleicht haben die anderen es bis dahin geschafft, diese Welt der Schrecken zu verlassen, und ich wünschte, ich könnte sie begleiten. Die Männer

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