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Читать онлайн.Andererseits: Ihn kannte kaum jemand. Selbst für den unwahrscheinlichen Fall, dass man heimlich ein Foto von ihm geschossen hatte: Es blieb nicht mehr als ein Gesicht übrig. Dieser Frank Berger existierte ja nicht und war deshalb auch nicht auffindbar.
Noch einmal ließ er den Film in seinem Kopf ablaufen. Sah sich fröhlich pfeifend auf den Rastplatz rollen. Viel zu früh. Noch mehr als sonst. Nichts Auffälliges bemerkt.
Danach das Nickerchen, bis ihn der Idiot mit seinem Start geweckt hatte. Der Mörder? Oder auch nur ein zufälliger Zeuge, so wie er selbst? Der sich lieber aus dem Staub machte, anstatt die Bullen zu rufen? Das bedeutete, dass er nicht einmal sicher sein konnte, den Wagen des Täters gesehen zu haben.
Was war passiert, während er gepennt hatte? Geschrei oder ein Kampf konnten nicht stattgefunden haben. Davon wäre er aufgewacht. Bedeutete das, dass das Opfer nicht einmal mehr hatte schreien können?
Und das Motiv?
Ein Fundstück? Sie waren wertvoll, keine Frage. Jedoch dafür einen Mord riskieren? Und gleichzeitig den Lieferanten für immer verlieren?
Unwahrscheinlich. Je länger Frank über den Mord nachdachte, desto unwirklicher erschien ihm der Gedanke, dass das Leben des Denkmalpflegers von einem seiner Kunden ausgelöscht wurde. Zu Ende gedacht bedeutete das, dass Frank eigentlich überhaupt nichts wusste.
Wie konnte er seinen eigenen Abgang einstufen? Auf der Straße zu fliehen wäre vermutlich weniger auffällig gewesen. Aber dafür die Wahrscheinlichkeit, dabei gesehen zu werden, um ein Vielfaches höher.
Das Rad, das er zurückgelassen hatte, gehörte ihm nicht. Er hatte es „ausgeliehen“. Schon vor einiger Zeit. Immerhin möglich, dass die Polizei den richtigen Besitzer ermittelte und einige Zeit mit ihm beschäftigt sein würde. Und das die Presse über die Sache berichtete.
Einfach die Nerven behalten und nur reagieren, wenn es notwendig wurde. Das hatte man ihm in der Ausbildung beigebracht. Sorgfältiges Analysieren. Stillhalten, bis das Interesse abflaute.
5. Kapitel
Erwin Rohr grinste verstohlen, als er in Krügers Büro auftauchte. Dieser ließ die Akte sinken, in der er gerade las, und musterte ihn. „Du bist ein offenes Buch, Erwin. Was hast du entdeckt?“
„Du wirst es kaum glauben“, gab Rohr zurück. „Der Fingerabdruck auf dem Fahrrad …“
Krüger wartete gespannt. „Ja, was ist damit?“
„Wir haben einen Treffer!“
„Wirklich? Wer ist es denn?“
„Unbekannt“, gab Rohr verlegen zu.
„Also wirklich, Erwin, was hast du davon?“
„Na, ja, unbekannt stimmt. Aber trotzdem interessant. Es ist der Gleiche, den dieser Beamte aus Berlin mitgebracht hatte!“
Krüger begriff noch nicht vollständig. „Von dieser Leiche aus dem Hotel?“, fragte er nach.
„Nein“, wehrte Rohr ab, „nicht von der Leiche. Derjenige aus der Akte, der dann nicht gestimmt hat.“
„Lass mich mal rekapitulieren“, begann Krüger. „Du hast eine Übereinstimmung mit dem Fingerprint eines mutmaßlichen Spions aus dem Kalten Krieg am Tatort? Das willst du damit sagen!“
Rohr nickte.
„Die haben doch was verwechselt“, brummte Krüger.
„Wer?“, wollte Rohr wissen.
„Ja, die in Berlin. Bei dieser Behörde. Da liegen doch Unmengen von Akten herum, von denen keiner weiß, was zusammengehört und was nicht!“
„Das steht auf einem Blatt“, wehrte Rohr ab. „Das kann man nicht verwechseln. Höchstens mit Absicht manipulieren.“
Krüger zuckte mit den Schultern. „Und wozu?“
„Keine Ahnung“, antwortete Rohr. „Ich habe natürlich auch zuerst nach einer Erklärung gesucht, bevor ich zu dir gekommen bin. Aber ich finde keine, bei der ein Zufall oder ein Versehen möglich scheint. Die beiden Abdrücke sind identisch, daran besteht kein Zweifel. Das habe ich schon nachgeprüft. Und ich selbst habe diesen Abdruck gestern gesichert, auf diesem Fahrrad. Also an dieser Stelle ist alles klar!
Woher oder wie die in die Akte gekommen sind“, fuhr Rohr fort, „das ist das Eine. Und an dieser Stelle wäre eine Manipulation vorstellbar. Das Andere“, jetzt zuckte er mit den Schultern, „das Andere ist einfach das, wonach es im Moment aussieht. Ein ehemaliger Spion ist in einen aktuellen Mord verwickelt. An einem Zeugen vielleicht. Jemand hatte den Spion erkannt und erpresste ihn, zum Beispiel. Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, findest du nicht auch?“
Krüger seufzte. „Ich habe von Anfang an gedacht, dass das ein seltsamer Fall ist. War erst nur so ein Gefühl.“
Rohr legte den Bericht, den er die ganze Zeit hinter dem Rücken gehalten hatte, auf Krügers Pult. „Ich liefere die Fakten und ihr die Erklärungen dazu“, sagte er lächelnd.
„Das bleibt im Moment noch unter uns, Erwin“, bestimmte Krüger. „Darüber muss ich zuerst nachdenken!“
„Tut mir leid. Im AFIS-System ist das jetzt schon drin“, erwiderte Rohr. „Da kann ich nichts mehr machen!“
„Schon klar“, antworte Krüger. „Das ist kein Problem. Nur wer Zugriff und das Wissen über die Zusammenhänge hat, kann damit was anfangen. Ich denke da eher an die Presse. Stell dir vor, wenn was durchsickert!“
Rohr zog sich zurück. Eine Bemerkung über Krügers Angewohnheit, die Fälle mit seiner Lebenspartnerin zu besprechen, verkniff er sich. Offiziell wusste er nichts davon, aber Krüger ließ es ab und zu durchblicken. Aber sie gab nichts weiter, davon war auch Rohr überzeugt.
***
Herbert Fleischer wirkte nervös, als er in dem tiefen Sessel des Restaurants, das als Treffpunkt diente, auf Michael Gerteis wartete. Das Unvorstellbare war eingetroffen. Lehmanns Fingerabdrücke waren bei einer Routineanfrage im System aufgetaucht. Dass es sich um die Prints eines EX-Spions handelte, war im AFIS nicht hinterlegt. Deshalb hatte die Anfrage auch keinen Alarm ausgelöst.
Herbert konnte nur hoffen, dass es sonst keiner bemerken würde. Er hatte seinen Computer so eingestellt, dass er eine Meldung erhielt, wenn dieser Datensatz angewählt oder verändert werden sollte. Zu den Gründen einer AFIS-Abfrage erhielt Herbert keine automatische Auskunft. Lediglich die Information, von welcher Stelle die Anfrage stammte, konnte er einsehen. Normalerweise würde man sich bei Bedarf an die entsprechenden Kollegen wenden.
Dienststelle Freiburg. Ein Abgleich, der einen Treffer ergeben hatte. Unbekannt, Gott sei Dank. Aber ein Treffer blieb ein Treffer. Das konnte alles Mögliche auslösen.
Endlich tauchte Michael Gerteis auf und ließ sich neben ihn in den Sessel sinken. „Du hast Neuigkeiten?“, fragte er gespannt.
Herbert nickte und schob ihm einen Hefter zu. „Da drin findest du alles nochmal zum Nachlesen“, gab er zurück.
„Mach es nicht so spannend“, forderte Gerteis.
Er hörte aufmerksam zu, bis zu der Stelle, an der Fleischer erwähnte, dass in Freiburg bereits eine Wohnung geräumt werde.
„Moment mal. Du erwartest, dass ich nach Freiburg ziehe?“, unterbrach er aufgebracht.
„Du bist der Einzige“, gab Fleischer ungerührt zurück, „der ihn kennt!“
„Nein, nein, das könnt ihr vergessen! Ich bin in Rente und raus aus der Sache“, wehrte Gerteis ab.
„In Rente ja, aber raus, das bist du nicht. Und das weißt du auch.“
„Trotzdem.