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sie sich außerhalb dieses Kreises keinem hingeben. In den Lagern mußten sie mit den Troßbuben Heu, Stroh und Holz herbeischleppen, Gräben, Teiche und Gruben ausfüllen, die Reinigung des Lagers besorgen. Bei Belagerungen hatten sie mit Reisig, Wellen und Büscheln die Gräben auszufüllen, um das Stürmen zu erleichtern; sie waren behilflich, die Geschütze in Position zu bringen, und mußten sie, wenn diese in den grundlosen Wegen steckenblieben, an der Fortschaffung derselben helfen. Um dem Elend dieser zahlreichen hilflosen Frauen einigermaßen entgegenzuwirken, errichtete man seit der Mitte des dreizehnten Jahrhunderts in vielen Städten sogenannte Beguinenanstalten, die unter städtischer Verwaltung standen. In diesen untergebracht, waren sie gehalten, einen anständigen Lebenswandel zu fuhren. Aber weder waren diese Anstalten noch die zahlreichen Frauenklöster imstande, alle Hilfesuchenden aufzunehmen.

      Die Eheerschwernisse, die Reisen der Fürsten, der Herren weltlichen und geistlichen Standes mit ihrem Troß an Rittern und Knechten, die nach den Städten kamen, die Männerjugend in den Städten selbst, nicht zu vergessen die verheiratete Männerwelt, die lebenslustig, von Skrupeln nicht berührt, nach Abwechslung im Lebensgenuß trachtete, schufen auch in den Städten des Mittelalters das Bedürfnis nach Prostitution. Und wie jedes Gewerbe in jener Zeit organisiert und reguliert wurde und ohne Zunftordnung nicht bestehen konnte, so geschah das auch mit der Prostitution. Es gab in allen größeren Städten Frauenhäuser, die städtisches, landesfürstliches oder kirchliches Regal waren, deren Reinerträge in die bezüglichen Kassen flossen. Die Frauen in diesen Häusern hatten eine selbstgewählte Altmeisterin, die auf Zucht und Ordnung zu sehen und insbesondere eifrig darüber zu wachen hatte, daß nichtzünftige Konkurrentinnen, die »Bönhasen«, dem legitimen Geschäft nicht schadeten. Im Falle des Ertapptwerdens wurden sie behördlich bestraft. So beschwerten sich die Bewohnerinnen eines Nürnberger Frauenhauses über ihre nichtzünftigen Konkurrentinnen bei dem Magistrat, »daß auch andere Wirte Frauen halten, die nachts auf die Gassen gehen und Ehemänner und andere Männer beherbergen und solches (ihr Gewerbe) inmaßen und viel gröber denn sie es halten, in dem gemeinen (zünftigen) Tochterhaus, daß solches zum Erbarmen sei, daß solches in dieser löblichen Stadt also gehalten werde«. Die Frauenhäuser genossen besonderen Schutz; Ruhestörungen in ihrer Nähe wurden doppelt hart geahndet. Auch hatten die weiblichen Zunftgenossen das Recht, bei Prozessionen und Festlichkeiten, bei denen die Zünfte stets mitwirkten, ebenfalls im Zuge zu erscheinen. Nicht selten wurden sie auch zu fürstlichen und Ratstafeln als Gäste gezogen. Die Frauenhäuser wurden für dienlich erachtet, »zu besserer Bewahrung der Ehe und der Ehre der Jungfrauen«. Das ist dieselbe Begründung, mit der man in Athen die Staatsbordelle rechtfertigte und noch heute die Prostitution entschuldigt. Indes fehlte es auch nicht an gewalttätigen Verfolgungen der Freudenmädchen, die ausgingen von derselben Männerwelt, die durch ihre Anforderungen und ihr Geld die Prostituierten unterhielten. So verordnete Kaiser Karl der Große, daß eine Prostituierte nackt auf den Markt geschleppt und ausgepeitscht werden solle; er selbst, der »allerchristlichste« König und Kaiser, hatte nicht weniger als sechs Frauen auf einmal; auch waren seine Töchter, die offenbar dem Beispiel des Vaters folgten, keineswegs Tugendboldinnen. Sie bereiteten ihm durch ihren Lebenswandel manche unangenehme Stunde und brachten auch mehrere uneheliche Kinder ihm heim. Alkuin, Karl des Großen Freund und Ratgeber, warnte seine Schüler vor den »gekrönten Tauben, die nächtlich durch die Pfalz fliegen«, worunter er des Kaisers Töchter verstand.

      Dieselben Gemeinwesen, die das Bordellwesen offiziell organisierten und es unter ihren Schutz nahmen und den Priesterinnen der Venus allerlei Privilegien einräumten, verhängten die härtesten und grausamsten Strafen über eine arme, verlassene Gefallene. Die Kindsmörderin, die aus Verzweiflung ihre Leibesfrucht getötet hatte, wurde den grausamsten Todesstrafen unterworfen, nach dem gewissenlosen Verführer krähte kein Hahn. Er saß vielleicht mit im Gericht, welches über das arme Opfer das Todesurteil fällte. Dergleichen kommt noch heute vor . Auch der Ehebruch der Frau wurde aufs härteste bestraft, der Pranger war ihr mindestens sicher, aber über den Ehebruch des Mannes wurde der Mantel christlicher Liebe gedeckt.

      In Würzburg schwor der Frauenwirt dem Magistrat: »Der Stadt treu und hold zu sein und Frauen zu werben.« Ähnlich in Nürnberg, Ulm, Leipzig, Köln, Frankfurt usw. In Ulm, in dem 1537 die Frauenhäuser aufgehoben wurden, beantragten 1551 die Zünfte wieder ihre Einführung, »um größeres Unwesen zu verhüten«! Hohen Fremden wurden auf Stadtkosten Freudenmädchen zur Verfügung gestellt. Als König Ladislaus 1452 in Wien einzog, sandte ihm der Magistrat eine Deputation aus öffentlichen Dirnen entgegen, die, nur mit leichter Gaze bekleidet, die schönsten Körperformen zeigten. Und Kaiser Karl V. wurde bei seinem Einzug in Antwerpen ebenfalls von einer Deputation nackter Mädchen begrüßt, eine Szene, die Hans Makart in einem großen Gemälde, das sich im Museum zu Hamburg befindet, verherrlichte. Solche Vorkommnisse erregten in jener Zeit kaum Anstoß.

      4. Rittertum und Frauenverehrung

      Phantasiereiche Romantiker und Leute von schlauer Berechnung haben den Versuch gemacht, das Mittelalter als besonders sittlich und als beseelt von wahrer Frauenverehrung darzustellen. Dazu muß besonders die Zeit der Minnesänger – vom zwölften bis zum vierzehnten Jahrhundert – die Folie geben. Der Minnedienst (Liebesdienst) des Rittertums, den es zuerst bei den Moriscos in Spanien kennenlernte, soll Zeugnis für die hohe Achtung ablegen, in der zu jener Zeit die Frau stand. Da ist an einiges zu erinnern. Erstens bildete die Ritterschaft nur einen sehr geringen Prozentsatz der Bevölkerung und dementsprechend auch die Ritterfrauen von den Frauen; zweitens hat nur ein sehr kleiner Teil der Ritterschaft jenen so verherrlichten Minnedienst geübt; drittens ist die wahre Natur dieses Minnedienstes stark verkannt oder entstellt worden. Das Zeitalter, in dem dieser Minnedienst blühte, war das Zeitalter des schlimmsten Faustrechtes in Deutschland, in dem alle Bande der Ordnung gelöst waren und die Ritterschaft sich ungezügelt der Wegelagerei, dem Raub und der Brandschatzung hingab. Eine solche Zeit der brutalsten Gewalttätigkeiten ist keine, in der milde und poetische Gefühle vorherrschen. Im Gegenteil. Diese Zeit trug wesentlich dazu bei, die etwa noch vorhandene Achtung vor dem weiblichen Geschlecht zu zerstören. Die Ritterschaft, und zwar auf dem Lande wie in den Städten, bestand zu einem großen Teil aus rohen, wüsten Gesellen, deren vornehmste Leidenschaft, neben Fehden und unmäßigem Trinken, die zügelloseste Befriedigung geschlechtlicher Begierden war. Die Chronisten jener Zeit wissen nicht genug von Notzucht und Gewalttat zu erzählen, die sich der Adel sowohl auf dem Lande wie in den Städten zuschulden kommen ließ, in denen er bis zum dreizehnten und teilweise bis ins vierzehnte und fünfzehnte Jahrhundert das Stadtregiment in der Hand hatte. Und die Mißhandelten besaßen selten die Möglichkeit, sich Recht zu verschaffen, denn in der Stadt besetzten die Junker die Schöffenbank, und auf dem Lande war es der Gutsherr, dem der Blutbann zustand. Es ist also arge Übertreibung, daß Adel und Herrentum mit solchen Sitten und Gewohnheiten eine besondere Achtung vor den Frauen hatten und sie als eine Art höherer Wesen auf den Händen trugen.

      Eine sehr kleine Minderheit der Ritterschaft schien für Frauenschönheit zu schwärmen, aber diese Schwärmerei war keineswegs platonisch, sondern verfolgte sehr reale Zwecke. Selbst jener Harlekin unter den Schwärmern »für minnigliche Frauen«, jener Ulrich von Lichtenstein lächerlichen Angedenkens, war nur so lange Platoniker, als er es sein mußte. Im Grunde genommen war jener Minnedienst die Vergötterung der Liebsten auf Kosten – der legitimen Frau, ein ins Mittelalterlich-Christliche übertragener Hetärismus, wie er zur Zeit des Perikles in Griechenland bestand. Die gegenseitige Verführung der Frauen war auch in der Ritterschaft ein stark geübter Minnedienst, so wie sich heute ähnliches in gewissen Kreisen unserer Bourgeoisie wiederholt.

      Unzweifelhaft lag in jenem Zeitalter in dem offenen Rechnungtragen der Sinnenlust die Anerkennung, daß der in jeden gesunden und reifen Menschen eingepflanzte Naturtrieb die Berechtigung hat, befriedigt zu werden. Insofern lag darin ein Sieg der gesunden Natur über die Askese des Christentums. Andererseits muß immer wieder hervorgehoben werden, daß diese Anerkennung nur für das eine Geschlecht in Betracht kam, daß hingegen das andere behandelt wurde, als könnte und dürfte es nicht die gleichen Triebe haben. Die geringste Übertretung von seiner Seite, der von der Männerwelt vorgeschriebenen Moralgesetze, wurde auf das härteste bestraft. Und das weibliche Geschlecht hat infolge fortgesetzter Unterdrückung und eigenartiger Erziehung sich so in den Ideengang seines Beherrschers hineingelebt, daß es diesen Zustand bis heute natürlich findet.

      Gab

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