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Kingston.

      „Doch, natürlich.“

      Wurde er da gerade auf den Arm genommen? Aber beide Ranger wirkten nicht wirklich amüsiert. Im Gegenteil. In ihren Augen brannten Zorn und Trauer.

      Der riesige Ranger langte nach oben in einen tiefhängenden Ast und zog diesen tiefer.

      „Da hängen seine Haare drin“, erklärte Kingston. „Ehrlich, ich empfehle Ihnen, hier nochmal gründlicher zu suchen. Auch wenn ich fürchte, dass sonst nichts mehr zu finden sein wird.“

      Special Agent James Bond fluchte leise und griff nach seinem Handy. Oh nein, es würde den Leuten bei der Spurenermittlung tatsächlich nicht gefallen, dass zwei Ranger solch wichtige Details gefunden hatte, die ihnen entgangen waren.

      Er nahm sich fest vor, mehr über diese Ranger herauszufinden. Sie arbeiteten offensichtlich sehr effektiv.

      ]*

      Jared Kingston steuerte den Dodge Richtung Highway.

      „Du hast ihn erkannt“, stellte er nach einiger Zeit fest. Silas Limes nickte.

      „Einer vor meiner Zeit, vermute ich dann mal. Und wer?“

      „Seoc. Seoc Loganach.“

      „Scheiße“, fluchte Kingston leise. „Das wird Cathal nicht gefallen.“

      „Niemandem wird das gefallen“, knurrte Limes. „Dieser Bastard ist schlau, stark und gerissen. Und leider Gottes ein ausgemachtes Arschloch. Kein Wunder, dass der Boss ihn nicht mehr in unserer Truppe haben wollte.“

      „Was wissen wir noch über ihn?“

      „Anscheinend zu wenig. Aber das werden wir wohl ändern müssen.“

      „Die Kleine wird nicht das einzige Opfer bleiben“, murmelte Kingston. „So, wie er an ihr rumgerissen hat, hat es ihm ausgesprochen Spaß gemacht.“

      Silas Limes verzog das Gesicht.

      „Wie gesagt, ein echtes Arschloch.“

      Oktober 2010

       Frankfurt am Main, Deutschland

      Es gab Tage, die man gerne vergessen würde, und genauso einer war heute.

      Valea betrat ihre Wohnung mit einem Gefühl der Erleichterung, aber auch der Frustration. Den ganzen Tag hatten sie und ihr Assistent die Leiche eines älteren Mannes untersucht, die Passanten am Ufer des Rheins gefunden hatten. Sie erkannten schnell, dass er nicht ertrunken war, sondern vorher erdrosselt wurde. Doch die Leiche hatte schon zu lange im Wasser gelegen und die meisten Spuren, die zum Täter hätten führen können, waren fortgewaschen. Hilfreich war auch nicht, dass ihm die Fingerkuppen abgeschnitten worden waren und die Zähne herausgebrochen. Da war jemand sehr darauf bedacht gewesen, dass man diesen Mann nicht identifizieren konnte.

      Valea bezweifelte, dass eine DNA-Analyse mehr Licht ins Dunkel bringen würde. Vermutlich wusste der Täter (oder die Täter), dass das Opfer zumindest mit Fingerabdrücken in einer Datenbank registriert war, sonst hätte er sich nicht so viel Mühe gegeben. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Fall ungeklärt zu den Akten gelegt werden würde, war ziemlich groß. Das hatte sie auch dem grimmigen Gesicht des leitenden Kriminalbeamten entnommen.

      Blieb zu hoffen, dass der Tote kein unschuldiges Opfer war. Aber die Ungewissheit war frustrierend.

      Sie warf ihre Jacke über den nächstbesten Stuhl und steuerte auf das Badezimmer zu. Vielleicht würde eine Dusche den Stress des Tages beseitigen.

      Kurze Zeit später stand sie in der Küche und schnipselte an den Zutaten für einen Salat. Viel Hunger hatte sie nicht, doch aus Erfahrung wusste sie, dass sie etwas essen musste, um ihren Konzentrationspegel hoch zu halten.

      Die Wohnungsklingel riss sie aus ihren Gedanken. Automatisch sah sie auf die Küchenuhr über der Tür. Einundzwanzig Uhr. Wer wollte sie um diese Zeit besuchen? Ob es einer der anderen Hausbewohner war? Ab und zu gab es lästige Probleme zu klären, wie Putzdienst, Reparaturen oder einfach nur Unstimmigkeiten zwischen den Parteien. Meistens wurde Valea zur Schlichtung hinzugezogen und sie mühte sich nach Kräften, zu vermitteln. Bisher hatte es gut funktioniert.

      Sie legte das Schneidemesser zur Seite und ging zur Wohnungstür.

      Es war keiner der Hausbewohner. Überrascht sah sie an ihrem Besucher hoch.

      „Roman Rothenstein.“

      Er lächelte amüsiert zu ihr hinunter.

      „Dr. Valea Noack. Darf ich hereinkommen?“

      Sie überlegte.

      „Wenn Sie mir erklärt haben, woher Sie meine Adresse kennen.“

      Er lächelte breiter.

      „Das war überhaupt kein Problem. Schließlich kenne ich Ihren Namen und Ihren Beruf. Und Sie haben sich nicht versteckt.“

      Sie nickte und trat zur Seite, so dass er eintreten konnte.

      Valea schloss die Tür und führte ihn durch den kleinen Flur ins Wohnzimmer.

      Er sah sich interessiert um. Die Wohnung war nicht groß und das Wohnzimmer vollgestopft mit Regalen voller Bücher, einer kleinen Sitzgruppe und einem Schrank.

      „Setzen Sie sich“, bat Valea. „Darf ich Ihnen was zu trinken anbieten?“

      Er ließ sich auf einen der Sessel fallen und streckte die Beine von sich. Dann betrachtete er sie ausgiebig von oben bis unten.

      Valea erwiderte seinen Blick ruhig und musterte ihn genauso interessiert. Er hatte sich kein bisschen verändert. Vor ihr saß der gleiche Mann, wie in Kinshasa. Die vergangenen fünf Jahre hatten keine Spuren an ihm hinterlassen. Sie hingegen hatte sich verändert. Das wusste sie. Vielleicht nicht so sehr äußerlich, doch innerlich mit Sicherheit.

      „Sie haben Ihre Berufung gefunden“, stellte er nach seiner Musterung fest, ohne auf ihre Frage einzugehen. „Sie wirken ausgeglichener.“

      Valea überlegte, wie er darauf kam. Im Moment fühlte sie sich nicht ausgeglichen. Nur frustriert.

      Sie ließ sich ihm gegenüber auf der kleinen Couch nieder.

      „Vielleicht, wenn man es insgesamt betrachtet“, gab sie schließlich zu. „Doch manchmal ist dieser Beruf auch deprimierend.“

      „Wie heute.“

      „Ja, wie heute.“ Sie nickte. „Aber das gehört wohl dazu. Warum sind Sie hier?“

      „Ich war zufällig in der Gegend und ein wenig neugierig, wie es Ihnen ergangen ist.“

      Sein Lächeln war verschwunden und er beugte sich vor.

      „Ich habe gehört, dass Sie eine erfolgreiche Jägerin sind, Dr. Noack. Empfinden Sie das auch?“

      Sie atmete tief durch.

      „Das ist eine sehr persönliche Frage, Herr Rothenstein.“

      „Ja, ich weiß.“ Jetzt lächelte er doch. „Aber manchmal kann man nicht umhin, persönlich zu werden, wenn man die Wahrheit hören will.“

      „Es gibt keine Wahrheit. Das haben Sie mir selbst einmal gesagt“, erinnerte sich Valea. „Was ich fühle, ist eine Empfindung. Ein Eindruck, der auf meiner eigenen persönlichen Wahrnehmung beruht. Was ich empfinde, ist daher bedeutungslos.“

      „Also hören Sie lieber auf das, was andere Leute über sie denken?“

      Jetzt lächelte sie selbst.

      „Nein, Herr Rothenstein. Warum sollte ich? Letztlich trägt jeder seine eigene Wahrheit in sich und niemand kennt die eines anderen.“

      „Aber Sie sind eine Jägerin auf der Suche nach der Wahrheit“, beharrte Rothenstein.

      Valea

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