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zahlt sie es ja auch.

      Obwohl sie immer etwas misstrauisch ist, wenn ich ihr wöchentlich mit einem neuen Antrag komme. Sätze wie: „Ob das denn alles wirklich nötig wäre ... Sachleistungen müssten im Rahmen bleiben ... sonst würde ja jeder kommen ... das wären doch keine Grundbedürfnisse!“ Ich höre mir das immer stoisch ohne Gefühlsregung an und nicke dann immer verständnisvoll. Man muss schon auch die Sorgen der Frau verstehen. Aber ich argumentiere dann immer: „Ist doch nicht Ihr Geld!“ Die soll sich nicht so anstellen! Das nächste Mal bring ich halt mal ein paar Blumen mit. So ein Stiefmütterchen macht sich sicher gut auf ihrem Schreibtisch. Ich hab da nämlich so einen Flatscreen entdeckt, den will ich ihr noch aus den Rippen leiern.

      Neulich allerdings, das muss ich jetzt einmal kritisch anmerken, da hat sie mich etwas verärgert. Krieg da mal wieder einen Brief von ihr. Ein Formschreiben, ohne persönliche Note. „Melden Sie sich am Montag um acht Uhr bei Frau Müller, Ihrer Sachbearbeiterin.“ Kein Bitte, kein wenn es möglich ist, kein wenn es ihre Zeit erlaubt ...! Ich war ein bisschen vergrämt, das muss ich zugeben. Da ich an diesem Tag zu einem Junggesellenabend nach Bayern fuhr, schickte ich ihr von da eine liebgemeinte Postkarte, mit dem Motiv von Schloss Neuschwanstein und fragte nach, ob man die Uhrzeit etwas flexibler gestalten könnte und Mittwoch wäre es mir auch lieber, da sich so ein Junggesellenabend auch gerne mal über mehrere Tage hinziehen könnte. Zumal der Besuch eines einschlägigen Etablissements von gewissem Ruf nicht ausgeschlossen sei, wo auch sicher das ein oder andere Glas auf den Bräutigam geleert werden müsse. Einen Tag Rekonvaleszenz würde mir das Amt doch wohl zugestehen. Deshalb gehe ich davon aus, dass seitens des Amtes mir das gleiche Verständnis entgegengebracht wird, wie auch ich immer Verständnis für das Amt aufbringe. Montag um acht Uhr sei völlig indiskutabel, da, wenn ich erschiene, ein völlig falsches Bild von mir gezeigt werden könnte, welches ich als nichtalltäglich bezeichnen würde. Die Spuren des Junggesellenabschieds möchte ich Frau Müller nicht zumuten. Da mir aber an einem guten, wenn nicht sogar ausgezeichneten Miteinander gelegen ist, ja, ich möchte sogar sagen, es ist mir eine Herzensangelegenheit, erlaube ich mir im Laufe des Mittwochs vorstellig zu werden. Ich verbleibe mit freundschaftlichen und kollegialen Grüßen.

      Herzlichst, Ihr Hans-Günter Sorgenbrecher

      P.S.: Die Bahnfahrkarten, sowie Hotelrechnung und sonstige Belege habe ich sorgsam gesammelt und vorsortiert und werde sie zur Abrechnung mitbringen. Ich schlage also den Mittwoch vor, sagen wir gegen 14.30 Uhr. 14.00 Uhr ginge notfalls auch, wenn ich vom Bahnhof direkt mit einem Taxi vorbeikäme, was allerdings zusätzliche Kosten zulasten des Amtes mit sich brächte. Eine Barauszahlung meiner Aufwandsentschädigung würde ich präferieren. Sollte ich bis Sonntag, 18.30 Uhr, keine gegenteilige Information ihrerseits erhalten, gehe ich davon aus, dass sie den von mir vorgeschlagenen Termin einrichten können.

      Jetzt weiß ich nicht, kam meine Karte aufgrund einer postalischen Unzuverlässigkeit oder einer internen Fehlinformation bei meiner Sachbearbeiterin nicht an oder wurde von Seiten des Amts gegen Frau Müller intrigiert? Vielleicht wollte ein hinterlistiger Kollege mich als Kunden gewinnen und Frau Müller wegmobben. Man weiß es nicht. Jedenfalls teilte man mir an der Pforte des Arbeitsamtes äußerst unwirsch mit, dass heute, am Mittwoch, kein Termin für mich zu bekommen sei. Außerdem hätte man mir eine schriftliche Aufforderung zugesandt. Warum ich dem Termin am Montag fern geblieben sei? Das Arbeitsamt würde nun rechtliche Schritte einleiten und ich hätte mit Repressalien zu rechnen.

      Und so stand ich da, mit meinem Koffer, der Taxiquittung, einer detaillierten Gesamtabrechnung meiner Reise und der Flasche Ettaler Klosterlikör, die ich extra als Mitbringsel besorgt hatte. Und dann versemmeln die einfach den vereinbarten Termin. Die Kosten für meinen Ausflug, den ich im Antrag als Seminar zur Stärkung der Sozialkompetenz deklariert hatte, wurden mir nicht bewilligt. Auch als Fortbildungsmaßnahme Wirtschaft und bayrisches Brauchtum als Zukunftsvision wurde mein Änderungsantrag abschlägig beschieden.

      Seitdem ist das Verhältnis zu Frau Müller nachhaltig gestört, um nicht zu sagen zerrüttet. Ich sah mich gezwungen, trotz unserer früheren guten Zusammenarbeit, ihr eine Abmahnung zu schicken. Zumindest der Antrag auf die mobile Bierzapfanlage wurde jetzt bewilligt. Mit meiner Geschäftsidee kam ich nun in das Förderprogramm Ausgliederung zur Eingliederung in die Selbstständigkeit durch Eigeninitiative! Und den Flatscreen gab es auch, als Förderung der Grundausstattung eines neuen Geschäftsmodells.

      Zu Frau Müller habe ich übrigens keinen Kontakt mehr. Sie soll gekündigt haben und inzwischen auch Hartz IV bekommen. Sie hat sich mich als Vorbild genommen. Nicht der schlechteste Weg, Karriere zu machen.

      Mein Verhältnis zu Frauen oder warum ich keins habe.

      Natürlich haben Frauen in meinem Leben auch eine Rolle gespielt. Allen voran meine Mutter Ella. Sie war immer für mich da und glaubte an mich. Sicherlich würde sie es heute noch tun, wäre da nicht über uns dieser Musiker eingezogen. Er war Pianist! Meine Mutter freute sich schon auf den neuen Mitmieter, denn sie liebte Musik.

      Aber dazu kam es leider nicht. Als sie eines Tages von der Arbeit nach Hause kam, veränderte sich schlagartig ihr Leben. Sie war Reinigungsfachkraft im gehobenen Dienst. Sie kontrollierte den Ein- und Verkauf von Urinal-Utensilien und hatte die Oberaufsicht über zehn Sanitäranlagen im innerstädtischen Bereich unter sich. Für eine dieser Anlagen war sie selbst verantwortlich. Unter Kennern galt ihre Toilette als absoluter Geheimtipp. Keine andere Bedürfnisanstalt wurde mehr frequentiert. Sie war die Innovativste der ganzen Branche. Sie führte als erste Musikberieselung ein. Händels Wassermusik an den Urinalen und die Hits von Modern Talking in den gemütlich eingerichteten Kabinen. Das löste jede Verstopfung in Windeseile. Liebevoll und voller Hochachtung wurde sie von allen Urin-Ella genannt. Von ihrem reichhaltigen Trinkgeld fuhren wir jedes Jahr an die Cote d`Azur. An meinen Vater habe ich keine Erinnerung mehr. Er hatte sich schon kurz nach meiner Geburt verpisst. Als nun meine Mutter eines Tages nach Hause kam, wurde gerade der Flügel des Musikers angeliefert. Er wurde von zwei Arbeitern mittels eines Flaschenzuges nach oben gezogen. Ich weiß nicht wie, aber irgendwie riss das Seil.

      Doch es war wirklich eine schöne Beerdigung. Alle ihre Kollegen waren da, sogar einige Stammkunden. Nach der Trauerfeier versammelten wir uns an Mutters Arbeitsstätte zum Leichenschmaus. Es wurde viel erzählt und gelacht. Es war ein rauschendes Fest, könnte man sagen.

      Der Pianist hat übrigens eine Umschulung gemacht. Es muss ihn doch sehr getroffen haben, fast so sehr wie meine Mutter. Er spielt heute Piccolo-Flöte.

      Aber ich wollte ja von den Frauen erzählen. Ich hätte sicher auch gerne eine Freundin, aber ich bin wohl zu anspruchsvoll. Man hört ja auch so viele Geschichten, was Frauen alles wollen. Nicht nur Geld und Sicherheiten, nein, vor allem Sex.

      Na, und da weiß ich nicht so wirklich Bescheid. In der Schule war ich längere Zeit krank und als ich wiederkam, waren die gerade bei der Entbindung. Meine Klassenkameraden waren mir daher um einiges voraus. Eine Mitschülerin ganz besonders. Sie wurde mit zwölf Jahren schwanger, von einem mitreisenden Kettenkarusselhilfsaufsteller. Schuld daran sind nur unsere Politiker, die mit Verweis auf die rückläufige Bevölkerungsentwicklung mehr Kinder fordern. Aber diese Argumentation hat bei mir nie verfangen. Denn vor die Kinder hat der liebe Gott den Sex gestellt. Wie bereits erwähnt, kenne ich mich da nicht aus. Ein Freund meinte zwar, das sei eine Wissenslücke, die ich füllen müsste. Aber Mutter meinte, man müsse nicht jeden Quatsch mitmachen.

      Außerdem habe ich von den vielen Sexrisiken und Sexpraktiken gelesen. Nein, da bleib ich lieber allein mit John und Jim. Ja, ich habe meinen Händen Namen gegeben. Ist doch irgendwie persönlicher! Und die Jungs sind gut. Die verstehen ihr Handwerk. Die will ich nicht missen.

      Doch warum werden heute so wenige Kinder gezeugt? Das ist ja kein Wunder, wenn man sich diese ganzen Sexpraktiken ansieht. Da wird ausgepeitscht, geknebelt und gefesselt. Man begießt sich mit Kerzenwachs, bekleckert sich mit Honig, muss Früchte mit Sahne vom letzten Adventskaffee von der Brust schlecken. Wie soll es da noch zum Akt kommen, wenn man sich vor Schmerzen nicht bewegen will oder so verklebt ist, dass man es auch nicht mehr kann. Ganz abnorm wird es, dank veganer oder laktosefreier Sahneersatzprodukte. Veganer Sex zur Befriedigung der Fleischeslust!? Ein Widerspruch

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