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ich gerne zugeben, vorausgesetzt, diese unglaubliche Geschichte, die ich gerade gehört habe stimmt tatsächlich. Aber jetzt bin ich wieder da und ich möchte, dass Sie so schnell wie möglich gehen.“ - „Sie irren sich. Wir beide sind verheiratet. Sie sind Ilse Erhardt und auch verheiratet. Aber nicht mit diesem Mann. Und übrigens, seit wann zählen in einer Ehe die älteren Rechte?“ - „Sie wollen also nicht gehen?“ - „Nein.“ Angelika sagte nur noch diese eine Wort, kalt und bestimmt. Panik stieg in mir hoch. Wie sollte das hier weiter gehen? Es war eine groteske Situation in der ich mich befand, und ich konnte noch nicht einmal etwas dafür. Innerlich verfluchte ich Kando, den Bakarer, der uns diese Sache eingebrockt hatte.

      Christine drehte sich zu mir um. „Werner, ich erwarte jetzt eine klare Aussage von Dir. Wenn unsere Ehe eine Zukunft haben soll, wird diese Person jetzt unverzüglich in das Gästezimmer umziehen. Würdest Du das bitte veranlassen!“ Das ging mir jetzt alles viel zu schnell. Christine schien die Situation bewusst auf die Spitze zu treiben um eine schnelle Entscheidung zu provozieren. Was versprach sie sich davon? Schließlich war ich jetzt nach den bei den Behörden vorliegenden Fakten völlig legal mit Angelika verheiratet und hatte ein Kind mit ihr. Hoffte sie, dass ich zu ihren Gunsten eine übereilte Entscheidung treffen würde?

      Was ich tatsächlich brauchte, war Zeit um mich mit dieser unmöglichen Situation auseinanderzusetzen. Aber mir war auch klar, dass es gut möglich sein konnte, mit dieser Forderung beide Frauen gegen mich aufzubringen. Jede war der Ansicht, eindeutig im Recht zu sein. Jede erwartete daher vermutlich eine schnelle Entscheidung ohne langes Nachdenken von mir. Trotzdem war eine gründliche Analyse ohne Zeitdruck meiner Meinung nach die einzige Möglichkeit, die wenigstens eine kleine Chance bot, den Konflikt zu versachlichen. An eine Lösungsmöglichkeit mochte ich im Moment noch überhaupt nicht denken. Ich war gerade dabei, meine Gedanken entsprechend zu formulieren, als die Türklingel erneut anschlug.

      Froh über den kurzen Aufschub erhob ich mich, um an der Haustür nachzusehen. Die rothaarige, attraktive Frau in den Vierzigern, die davor stand, kam mir bekannt vor, doch in meiner momentanen Verfassung konnte ich sie nicht einordnen. Sie flog mir in die Arme. „Werner, wie schön, Dich wieder zu sehen!“ Für eine Sekunde stieg meine Verwirrung weiter an, dann setzte die Erinnerung ein. Freya. Die Anführerin der Cherusker auf Zwielicht. Für einen Moment war ich wieder auf Zwielicht. Ich sah sie vor mir, wie sie ihren Leuten, die plötzlich auf dem vermeintlich menschenleeren Planeten wie aus dem Nichts erschienen waren, in meiner deutschen Muttersprache befahl, die Bogen zu senken und uns willkommen hieß. Wie kam sie jetzt auf die Erde, hierher, zu unserem Haus? Irgendetwas Bedeutendes musste geschehen sein oder würde geschehen. Ihr praktisch gleichzeitiges Erscheinen mit Christine konnte einfach kein Zufall sein.

      Im Nachbarhaus bewegte sich eine Gardine. Frau Amann. Wenn die wüsste, was hier bei uns los ist, dachte in einem Anflug von verzweifeltem Humor, würde sie versuchen, bei mehreren Kaffeetafeln gleichzeitig anwesend zu sein. Das war jetzt noch genau das, was im Moment noch fehlte, um mein Glück perfekt zu machen.

      Hastig zog ich Freya ins Haus. „Ich habe Dich zuerst gar nicht mehr erkannt. Wie kommst Du hierhin?“ – „Das ist eine etwas längere Geschichte. Einen Teil davon kann ich Dir erzählen, den Rest wirst Du von unserem gemeinsamen Freund Kando erfahren. Er will Euch auch in Kürze besuchen. Ich glaube, er braucht Euch wieder.“

      Ich stöhnte innerlich auf. Meine letzte Begegnung mit ihm war nicht gerade freundschaftlich verlaufen und ich legte nicht unbedingt Wert auf ein Wiedersehen mit dem Bakarer. Schlagartig wurde mir jedoch in diesem Augenblick auch klar, dass er etwas mit den Vorgängen um Christine zu tun haben musste. Auch Freya wäre ohne sein Zutun wohl kaum in auf die Erde gekommen.

      „Komm mit, wir haben schon überraschenden Besuch.“ Ich ging voraus. ‚Das wird bestimmt ein lustiger Abend’, fügte ich sarkastisch in Gedanken hinzu.

      Freya und Angelika erkannten sich sofort wieder und begrüßten sich herzlich. Danach wandte sich Freya an Christine. Sie ging auf sie zu und gab ihr die Hand. „Sie sind sicher Christine“, sagte sie. Diese sah sie verblüfft an. „Das stimmt, woher kennen Sie mich?“ Freya zeigte auf mich: „Werner hat von Ihnen erzählt. Er war fest entschlossen, sie aus den Fängen der Bakarer zurück zu bekommen. Dafür wollte er alles riskieren und er hat es geschafft, wie ich sehe. Übrigens sollten wir das „Sie“ weglassen. Da wo ich her komme, gibt es da nicht. Ich bin Freya.“ Sie schenkte Christine ein freundliches Lachen. Christine wirkte in diesem Moment wie versteinert, Tränen traten in ihre Augen. Auch Angelika machte keinen übermäßig glücklichen Eindruck. Mit ein paar knappen Sätzen klärte ich Freya über die tatsächliche Situation auf. „Oh je, “ meinte sie, „ich habe ganz vergessen, dass es auf der Erde etwas anders als auf Zwielicht zugeht. Bei uns hätten wir jetzt ein Dreierverhältnis und alles wäre in Ordnung.“ - „Aber hier nicht und nicht mit mir“, sagte Christine bestimmt. „Und mit mir auch nicht“, fügte Angelika hinzu. ‚Bloß das nicht’, dachte ich. Angelika war für mich eine Frau wie aus dem Bilderbuch und auch an Christine hatte ich die besten Erinnerungen, niemals hätte ich mich freiwillig von ihr getrennt. Aber das gute Einvernehmen hatte zur Folge, dass man entsprechend viel Zeit intensiv miteinander verbrachte und dies sich auch des Öfteren als ziemlich fordernd herausstellte. Zwei Frauen dieser Art, selbst wenn sie sich untereinander verstehen würden, wären für meinen Geist und Körper nicht zu verkraften gewesen.

      Ich beendete die entstandene Pause, bevor es peinlich wurde, indem ich alle bat, am Wohnzimmertisch Platz zu nehmen. Dann wandte ich mich an Freya: „Freya, wie geht es Euch und was hat Dich hierher gebracht?“ Sie nickte mir zu. „Wie ich Dir eben schon sagte, dies ist eine etwas längere Geschichte. Sie begann kurz nach Eurem Besuch bei uns auf Zwielicht. Seitdem wurde unsere Siedlung vermehrt von Hornteufeln angegriffen. Waren es davor immer nur einzelne Exemplare gewesen, die uns Ärger bereiteten, griffen Sie jetzt in größeren Verbänden von zehn bis zwanzig Tieren an. Unsere Bogenschützen hatten größte Mühe mit dieser neuen Situation fertig zu werden. Seit Beginn dieser Angriffe haben wir schon mehr als zwanzig Menschen verloren, davon etwa zur Hälfte Bogenschützen. Nach dem zweiten größeren Angriff, bei dem alleine fünf Menschen getötet wurden, baten wir die Bakarer um wirkungsvollere Waffen. Sie lehnten ab. Nach jedem weiterem größerem Angriff wiederholten wir unsere Bitte erfolglos. Sie stellten uns lediglich eine weitere irdische Baumaschine zur Verfügung, um vermehrt Befestigungen bauen zu können. Wir erweiterten diese also. Es ist allerdings im Moment ein Wettrennen mit der Zeit, denn die Zahl der angreifenden Hornteufel wird immer größer und ihre Angriffe werden immer gefährlicher. Diese Bestien müssen eine gewisse Intelligenz besitzen. Dann geschah vor etwa vierzehn Tagen etwas Seltsames. Der fast immer trübe Himmel über Zwielicht wurde durch grelle Blitze erhellt, obwohl es dort Gewitter wie auf der Erde nur extrem selten gibt. Meistens waren diese Blitze lautlose Erscheinungen, gelegentlich waren jedoch unterschiedliche Geräusche zu hören. Gegenstände drangen in die Atmosphäre ein, sie zogen glühende Feuerschweife hinter sich her. Einige verglühten noch in der Luft, andere schienen am Boden aufzuschlagen. Ein größerer Brocken ging ganz in der Nähe unserer Siedlung nieder. Wir hörten ein lautes Pfeifen und dann einen dumpfen Krach, als er aufschlug. Er glühte noch stundenlang und strahlte eine große Hitze ab. Als er dann abkühlte und wir uns ihm nähern konnten, hatten wir den Eindruck, er könnte künstlichen Ursprungs sein. Vielleicht hatte er zu einem Raumschiff gehört, das auseinander gebrochen war.

      Vor etwa einer Woche landete dann wieder ein automatischer Transporter der Bakarer in der Nähe unserer Siedlung. Die Bakarer hatten ein Gerät mitgeschickt, mit dem wir Gegenstände, die aus dem All in der Nähe unserer Siedlung niedergegangen waren, abtasten sollten. Darüber hinaus wurde ich zur Raumstation beordert. Ich begab mich also zu dem aus dem All herabgefallenen Gegenstand und verfuhr mit dem Abtaster wie von den Bakarern vorgeschrieben.

      Kurz danach wurden wir wieder von Hornteufeln angegriffen. Dieses Mal waren es über Dreißig, so viel wie noch nie. Wir hatten die Straßen gerade noch rechtzeitig räumen können und sie versuchten erstmals in unsere Häuser einzudringen. Es kostete uns große Mühe, den Angriff abzuwehren, aber schließlich töteten wir sie alle. Wir selbst verloren allerdings auch drei Menschen, in deren Haus einige Hornteufel eindringen konnten. Wir verstärken jetzt an jedem Haus Türen

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