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      „Ich hoffe, er lässt mich nicht mit dem Essen hängen“, maulte Butch und ging.

      Das Telefon klingelte. Cantrell nahm den Hörer ab und fragte: „Bitte?“

      Er vernahm am anderen Leitungsende das rasche, ängstlich anmutende Atmen eines Menschen.

      Sonst nichts.

      „Wer spricht dort?“, fragte er, aber es wäre präziser gewesen, nach dem Atmen des Anrufers zu fragen, denn dabei blieb es. Eine spontane Eingebung ließ Cantrell erklären: „Ich weiß, dass Sie es sind, Marsha. Hier spricht Tony Cantrell. Sagen Sie mir, was Sie bedrückt.“

      Keine Antwort. Nur das Atmen war zu hören.

      „Sie haben nicht gewusst, worauf Sie sich einlassen“, fuhr Cantrell fort. „Luigi hat Sie herumgekriegt. Weil Sie ihn zu lieben glauben, haben Sie mitgemacht, aber jetzt kommen Ihnen Bedenken, und Sie möchten mir Ihr Herz ausschütten. Legen Sie ruhig los, ich höre.“

      Es klickte in der Leitung.

      Der Anrufer hatte aufgehängt.

      6

      Luigi Cantoni zögerte, als es klingelte. Irgendein Instinkt sagte ihm, dass es riskant war, die Tür zu öffnen, andererseits hatte er den Wunsch, seine Neugierde zu befriedigen. Er ging in die Diele und rief halblaut: „Wer ist da?“

      „Cilly“, antwortete eine Mädchenstimme. „Ich habe was für Marsha.“

      „Marsha ist nicht hier.“

      „Ich will es nur für sie abgeben.“

      Er nahm die Kette zurück und öffnete die Tür. In seinem Gesicht klebte noch ein Rest von Seifenschaum. Er war beim Rasieren gestört worden. „Cilly?“, murmelte er und musterte das vor ihm stehende Mädchen. „Marsha hat Sie mir gegenüber niemals erwähnt.“

      „Das glaube ich“, meinte das Mädchen und kramte in ihrer Handtasche. „Wir stehen nicht gerade gut miteinander.“ Sie holte mit einem Ruck eine Pistole aus der Handtasche und richtete die Waffe auf ihr Gegenüber. Luigi Cantoni trat einen halben Schritt zurück. Er hielt sich für einen reaktionsschnellen Mann und begriff im nächsten Moment, dass es klüger gewesen wäre, mit einem Handkantenschlag zu antworten, aber jetzt war es fast schon zu spät, die Hand des Mädchens zitterte nicht, ihr Finger lag am Druckpunkt des Abzugs.

      Sein Erschrecken ging nicht sehr tief.

      Mädchen, die wie diese Cilly aussahen, pflegten nicht mit Kanonen aufzutreten, sie hatten geeignetere Waffen, um ihre Ansprüche durchzusetzen.

      „Was soll das?“, fragte er.

      „Gehen wir ins Wohnungsinnere“, schlug das Mädchen vor. Sie trug eine große, blau-getönte Sonnenbrille und eine weiße Baskenmütze. Der glockige, weit fallende Popelinemantel entsprach dem neuesten Nostalgietrend.

      Er zuckte mit den Schultern und tat, was sie von ihm verlangte. Er hörte, wie die Wohnungstür ins Schloss fiel. Nein, er hatte keine Angst. Es geschah nicht zum ersten Male, dass er mit einer kitzligen Situation fertig werden musste. Mit dieser Mieze würde er kurzen Prozess machen. Sie hatte keine Ahnung, wie flink er sein konnte, und sie beging gewiss den Fehler, sich mit der verdammten Pistole für unverwundbar zu halten. „Sie heißen gar nicht Cilly“, sagte er und blieb im Wohnzimmer stehen.

      „Richtig. Ich heiße nicht Cilly. Würden Sie bitte die Arme heben? Ich möchte, dass Sie sie im Nacken verschränken“, sagte das Mädchen.

      Er gehorchte widerwillig. Die Kleine trat auf wie ein Profi, das irritierte ihn. Er starrte ihr ins Gesicht. Sie war schön. Sie hätte sich als Modell oder Mannequin verdingen können, möglicherweise stammte sie auch aus dieser Branche, jedenfalls hatte sie gelernt, sich kühl und selbstbeherrscht zu geben.

      Er fragte sich, was sie von ihm wollte. Geld? Er war nicht so betucht, um einen solchen Überfall rechtfertigen zu können, noch nicht, schränkte er ein, denn die Geschäfte liefen fabelhaft, er war drauf und dran, sich unter die Großen der Branche einzureihen.

      „Was weiß Marsha?“, fragte das Mädchen.

      „Marsha? Was sie weiß?“, staunte er.

      „Ja. Von der Erpressung. Von ihren Hintergründen“, meinte das Mädchen. „Los, raus mit der Sprache!“

      Er kam sich mit dem Seifenschaum im Gesicht plötzlich lächerlich vor. Er hielt sich für einen gutaussehenden Mann, der auf Frauen wirkte und es nicht schwer hatte, sie für sich zu gewinnen. Er bedauerte, der Unbekannten nicht attraktiver gegenübertreten zu können und wünschte, diesen Umstand zu korrigieren.

      „Ich sehe aus wie eine Vogelscheuche“, sagte er. „Kann ich nicht mal mein Gesicht abtrocknen?“

      „Es würde dadurch nicht schöner“, forderte das Mädchen ihn heraus. „Lassen Sie es nur, wie es ist. Wir sprechen jetzt von Marsha.“

      „Worauf wollen Sie hinaus?“

      „Das sagte ich bereits.“

      „Sie sprechen von Erpressung“, meinte er. „Sehe ich aus wie einer, der so etwas fertigbrächte?“

      „Genau so!“, sagte das Mädchen.

      Er schüttelte den Kopf. „Das haut mich um. Sie kommen also von Rocco. Hat er nicht genügend Mumm, sich selbst um die Chose zu kümmern?“

      „Sie sollen mir sagen, was Marsha weiß!“

      Er war immer noch verblüfft. Wie war es Rocco gelungen, ihn zu entlarven? Er fand dafür keine Erklärung. Nur das Mädchen konnte sie ihm geben, sonst niemand.

      „So geht das nicht“, sagte er. „Ich lasse mich nicht auspressen wie eine Zitrone. Und Sie können mich nicht über den Haufen blasen, auch wenn Rocco das sicherlich will. Sie wären damit für immer seine Gefangene. Nicht nur das. Sie wären für ihn ein Sicherheitsrisiko, denn er müsste befürchten, dass Sie sich wie eine Klette an ihn hängen, dass Sie ihm lästig werden. Er würde Sie vernichten, Mädchen.“

      „Zerbrechen Sie sich nicht Ihren Kopf über meine Probleme“, spottete das Mädchen, „und hören Sie auf, meinen Fragen auszuweichen.“

      „Marsha weiß alles“, sagte er.

      „Wer noch?“

      „Ich habe für den Fall, dass mir etwas zustößt, ein Testament hinterlegt, bei meinem Notar. Wie finden Sie das? Wenn Sie abdrücken, wird Rocco dafür zahlen müssen. Klar, dass er dann Sie in den Ring schicken wird, und ebenso klar, dass Sie dort für den Rest Ihres Lebens knockout gehen werden...“

      „Sie lügen, Sie Stinktier“, sagte das Mädchen. „Sie sind nicht der Typ, der zu einem Notar geht und dort sein Testament hinterlegt.“

      „Wollen Sie es darauf ankommen lassen?“, fragte er höhnisch.

      „Ja“, sagte sie und drückte ab.

      7

      Sie schoss viermal hintereinander. Sie konnte nichts dagegen tun, es überkam sie wie ein Rausch, sie musste einfach abdrücken, wieder und wieder. Das Krachen der Schüsse brach sich in dem nicht sehr großen Raum, es sorgte für klirrende Gläser und fremde Resonanzen, dann war Stille. Ihr Schlusspunkt wurde von dem schweren, wuchtigen Fall gesetzt, den Luigi Cantonis Körper verursachte.

      Er fiel auf das Gesicht, seine hinter dem Nacken verschränkten Arme hatten sich gelöst, sie waren zur Seite geworfen, er rührte sich nicht.

      Das Mädchen schloss die Augen.

      Er ist tot, dachte sie. Tot!

      Du hast ihn ermordet...

      Einige Sekunden lang schien es ihr so, als ob sie träumte. Sie war in einer Umgebung groß geworden, die Gewalt zu ihren Überlebensnotwendigkeiten zählte,

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