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schon auf einen Stick übertragen und auf dem Handy gelöscht.

       Auch den Namen Hendrik oder den Namen einer Schwester Sigrid konnten wir nirgends entdecken. Haben jede Mail durchgecheckt.“

      „Nirgends sein Name?

       Nirgends der Name Adork?“

      „Vielleicht dass er ein Pseudonym benutzt?“

      „Ihr Hornochsen – habt ihr den richtigen Mann erwischt?“

      „Es war der einzige in der Pension, der einzige jüngere.

       Sein Wagen steht vor der Pension. Exakt sein Nummernschild.“

      „Ihr Hornochsen, es ist der falsche Mann!

       Könnt ihr nie etwas richtig machen?

       Bringt mir das richtige Handy, sofort!“

      Der Verzweifelte

      Früher Vormittag. Hendrik saß auf der Bettkante im Zimmer seiner Pension. Jedes Fältchen in seinem Gesicht war ein Ausdruck purer Verzweiflung.

      Er griff einen Zettel und begann ein sinnloses Spiel: Immer wieder notierte er eine Nummer auf – die Nummer, die die auf der Serviette sein könnte, er setzte sie immer neu aus den Rudimenten zusammen, die in seinem Gedächtnis verblieben waren – an die ersten drei Zahlen erinnerte er sich klar, dann begann sich ein Nebel auszubreiten, in dem manchmal gleiche, dann völlig unterschiedliche Zahlen auftauchten. Zwölf Zahlen auf einer Serviette, die er mehrmals, doch immer nur flüchtig betrachtet hatte – nein, es war hoffnungslos.

      Drei Zahlenkolonnen hatte er schließlich notiert, die etwas wie eine Annäherung waren an die gesuchte. Mit dem Mut der Verzweiflung gab er sie nacheinander in sein Handy ein, jedes Mal fragte er mit einer Stimme, die sich schon beim Fragen entschuldigte, ob dort eine Iris zu sprechen sei. Zweimal antwortete eine tiefe Herrenstimme, einmal die schon recht zittrige einer alten Frau.

      Sein Handy klingelte.

      Sigrid war am Apparat.

      „Seit einer halben Stunde versuche ich dich anzurufen. Telefonierst du selber die ganze Zeit?

      Bist du noch in deiner Pension?“

      „Bin ich. Was gibt es?“

      „Hendrik. Es wäre mir lieber, du würdest nach Köln zurückkehren.

      Olaf hat vorhin eine Stunde mit mir telefoniert. Er hat einen guten Freund in Frankfurt, der wiederum Rudmar seit Jahren gut kennt.

      Er sagte mir: Vor Rudmar sollte man sich in Acht nehmen. Er ist in der Frankfurter Nachtszene kein unbeschriebenes Blatt.“

      „Olaf – ist es der geheime Informant?“

      „Ich fragte ihn – nein. Er hat mir diesen Zettel nicht zugesteckt.

      Doch auch er war der Meinung: Wir sollten den Hinweis ernst nehmen.

      Mit Rudmar ist nicht zu spaßen.“

      „Was willst du jetzt andeuten? - Doch ein Fall für die Mordkommission?“

      „Hendrik – jetzt übertreibst du wieder.

      Er ist ein Ganove. Er treibt bei zwei Bordellen Schutzgelder ein.

      Doch ein Mord -?

      Nein, Hendrik, nochmals: Daran glaube ich nicht.“

      „Und wenn ihn jemand gesehen haben sollte – an jenem Wochenende dort bei der Garage?“

      „Selbst das würde nichts bedeuten. Die beiden haben oft in der Garage miteinander gearbeitet.

      Du meinst, es gibt einen solchen Zeugen?“

      „Ich stelle es mir eben nur vor.“

      „Unsinn, Hendrik! Vergiss das!

      Ein Testament fälschen – oder einen Mord begehen – einen Mord an seinem Halbbruder –

      Nein, das sind völlig andere Dinge.

      Ich habe ein Gespür für Menschen. So sehr kann ich mich nicht täuschen. –

      Sag einmal, du selbst klingst so ein bisschen belegt mit der Stimme. Ist etwas nicht in Ordnung? Ich meine: etwas anderes, als was Du mir über Rudmar berichtet hast?“

      „Willst du es hören?

      Hör zu –: Ich war gestern in einem indischen Restaurant – ich sehe eine junge Frau und setze mich zu ihr – wir essen zusammen und lächeln uns vier Stunden lang an – als sie geht, hinterlässt sie mir auf einer Serviette ihre Handynummer – auf der Mainbrücke wollte ich die Nummer in mein Handy übertragen – jetzt liegt die Serviette mitsamt meinem Portmonee auf dem Grund des Mains.“

      „Du hast dein Portmonee verloren?“

      „Ach mein Portmonee – vergiss es!

      Ich habe die Handynummer verloren!

      Sigrid – ich hatte die Frau meines Lebens getroffen!“

      „Du hast keine Adresse?“

      „Nichts! – Fragt man die Frau seines Lebens nach ihrer Adresse?“

      „Du hast ihren Namen?“

      „Den Vornamen. Iris.

      Fragt man die Frau seines Lebens beim ersten Date nach dem vollen Namen?

      Sie stieg ins Taxi. Ich hörte, wie sie dabei ‚Eschborn’ sagte.“

      „Sie wohnt in Eschborn?“

      „Dort wollte sie offenbar hin.

      Sigrid, ich habe nicht die geringste Spur!“

      „Eschborn… Also musst du sie irgendwo in Eschborn suchen…“

      „Sigrid – willst du mir sagen -?“

      „Verrückt! Nein… Es geht nicht: Haustür für Haustür abklingeln…

      Wenn du dich einfach noch mal in das Restaurant setzt und hoffst, dass sie ein zweites Mal auftaucht?“

      „Das sollte sie tun?

      Sie wartet auf meinen Anruf!

      Wahrscheinlich hat sie die Hand schon den ganzen Tag am Handy und wartet, dass es endlich klingelt.

      Sigrid, ich bin halb aufgelöst vor Irrsinn und Verliebtheit…

      Wenn es ihr ähnlich ergeht…

      Ganz sicher ergeht es ihr ähnlich!

      Es ergeht ihr genauso! Ich spüre es. Die Sehnsucht zerfrisst sie – genau wie mich. Und hier sitze ich und weiß es – und kann nichts tun.“

      Sigrid seufzte tief.

      „Armer Bruder! Wie gern würde ich dir helfen. An die Nummer kannst du dich nicht erinnern?“

      „Sigrid – zwölf Zahlen!“

      Sigrid seufzte aufs Neue, ihr schwesterliches Mitgefühl war echt.

      „Hendrik, wie wäre es, wenn du einfach hierher zurückkommst? Wir setzen uns auf die Terrasse und trinken gemütlich einen Kaffee.“

      „Sigrid! Du willst mich nach Haus locken?

      Du hast es schon einmal versucht. Ich sage dir: Keine Chance.

      Erst knüpfe ich mir diesen Hund Rudmar vor. Ich hänge ihn auf, kopfüber, das verspreche ich dir.

      Dann laufe ich alle Straßen von Eschborn ab.

      Eine Woche lang. Wenn es sein muss, auch zwei Wochen. Auch drei. Irgendwann muss sie mir in die Arme laufen…“

      „Hendrik! Hendrik!

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