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hat sie bei den Frauen gesucht, aber nirgends finden können.“

      „Sie wird schon wieder auftauchen, trink doch einen mit uns. Auf die Gerechtigkeit, der du heute zum Siege verholfen hast“, entgegnete Ceretic hastig und Ordulf wunderte sich, wie der Britannier vor lauter Durst ganz rot anlief.

      Als sie endlich ihren Durst gelöscht hatten, griff Ordulf nach dem kleinen Bronzekreuz an seinem Hals. Doch Ceretic hob abwehrend die Hände. „Denk an dein Versprechen“, ermahnte er Ordulf eindringlich. Horsa schaute erstaunt vom einen zum anderen, aber Ceretic begann unvermittelt, seinen Holmgang in aller Ausführlichkeit zu schildern.

      „Ich bin froh, dass Uuoden so entschieden hat“, nickte Horsa als er endete. „Ordulf, nun erzähl uns auch von deinem Kampf!“

      Der Angesprochene tat wie ihm geheißen, obwohl sich seine Erinnerungen im Wesentlichen auf das Stechen in seinen Lungen und das Hämmern in den Schläfen beschränkten.

      „Und der Donnerer hat dir tatsächlich einen Dolch geschickt“, bestätige Horsa und zog das rostige Eisen, welches er zwei Tage zuvor an sich genommen hatte, aus seinem Gewand. Ordulf nahm es entgegen und zeigte es in der Runde herum. Ceretic fuhr vor der Waffe zurück, als sei sie vergiftet, doch Swæn betastete sie ehrfürchtig.

      Unvermittelt wandte er sich dann an Horsa: „Ich bin dir sehr dankbar für deinen weisen Richterspruch. Thunær, der Ordulf dies hier in der höchsten Not geschickt hat, blickt zweifellos wohlwollend auf deine Gerechtigkeit. Er wird deine Fahrt übers Meer umso reichlicher segnen!“ Hier machte er eine Pause und Horsa blickte ihn fragend an. „Aber wir Swænen werden nicht mit dir ziehen können.“

      „Wieso denn das?“, begehrte Horsa auf und auch Ceretics Brauen schossen überrascht in die Höhe. Ordulf dagegen klappte die Kinnlade herab. „Ihr seht doch selbst, dass ich ein gerechter Anführer bin – ich habe nicht auf Hoger gehört, obwohl er mir mehr Männer gebracht hat als ihr“, fuhr Horsa fort.

      „Es ist nicht, dass wir unzufrieden mit deinem Urteil wären oder dass uns der Mut zur Fahrt entfallen ist“, antwortete Swæn beschwichtigend, „aber Hoger ist entkommen. Er wird nach Dithmarschen heimkehren und auf Rache sinnen. Wir müssen unseren Vater warnen und der Familie beistehen, denn die Ebbingemannen haben in den Rodbellingern mächtige Verbündete.“

      Horsa kaute auf seiner Unterlippe und blickte nachdenklich auf die beiden Brüder. „Das soll Hengist entscheiden, sobald er zurückkehrt. Hoger wird eine Weile brauchen, um diese Rodbellinger auf seine Seite zu ziehen. Immerhin hat er gerade erst drei Krieger verloren und nichts als sein nacktes Leben gerettet.“ Dabei blieb es vorerst.

      Bereits am Abend dieses ereignisreichen Tages kehrte Hengist aus Keydingen zurück und es dauerte nicht lange, bis einer seiner Knechte zu Ordulf und Swæn gelaufen kam. „Folgt mir“, forderte er knapp. „Hengist will euch sehen.“

      Im Eingang zur Halle trafen die Brüder auf Ceretic. Eilig traten sie ein und verbeugten sich tief vor dem Hochsitz. Der Held hatte sich keine Pause gegönnt. Der Staub der Straßen klebte ihm noch in Bart und Rüstung.

      „Wie konntest du unsere Fahrt gefährden und dich mit diesem Verbrecher schlagen?“, richtete er seine erste tadelnde Frage an Ceretic. „Aber es ist gut zu wissen, dass man dem Boten König Vortigerns trauen kann“, fügte er in versöhnlichem Ton hinzu, bevor der Angesprochene antworten konnte. Dann wandte er sich an Ordulf. „Du also bist der Mann, der allein und mit dem Kopf im Dreck zwei Männer erschlagen hat?“, fragte er halb amüsiert. „Dein Glück, dass der Britannier alles bezeugen konnte. Dass du nach Dithmarschen zurückkehrst, ist völlig ausgeschlossen. Männer wie dich brauche ich in Britannien. Wenn ihr meint, eure Familie kommt nicht ohne Hilfe aus, dann kann dein Bruder von mir aus heimkehren.“ Seinen Blick auf Swæn richtend fuhr er fort: „Du kannst jedem dieser sturen dithmarscher Dickschädel sagen, dass eure Sippe unter meinem Schutz steht. Wer sich an euch vergeht, der beleidigt Hengist Witgissunu! Das sollte reichen, um diese Ebbingemannen zur Besinnung zu bringen.“

      So kam es, dass Swæn seine Sachen packte, Ordulf aber blieb. Früh am Morgen des folgenden Tages sattelte Ordulf ein letztes Mal die treue Hilda. Dann umarmten sich die Brüder kurz und Swæn stieg in den Sattel. Er verließ den Hof auf demselben Wege, auf dem sie nicht ganz eine Woche zuvor voll Hoffnung angekommen waren. Ordulf schaute ihm noch lange nach. Er ahnte nicht, dass dies das letzte Mal sein sollte, dass er den Bruder sah. Nun würde er als einziger Swæn mit Hengist nach Britannien ziehen, obwohl seine Mutter doch gerade das Gegenteil beschlossen hatte. Das Wurd eines Mannes ließ sich wahrhaftig nicht vorhersehen! Hatte damals nicht gerade ein Gewitter getobt? Und dann die Sache mit dem Opferdolch im Schlick. Thunær hielt seit seinem Kampf mit dem Leitwidder unverkennbar die Hand über ihn.

      Von hinten legte sich eine Hand auf seine Schulter. Erstaunt fuhr Ordulf herum, er war doch allein? Voll Freude erkannte er den breiten Schnurrbart seines britannischen Lebensretters.

      „Lieber Freund, ich muss dir noch etwas sagen – wenn du schweigen kannst?“

      Ordulf zog die Augenbrauen überrascht in die Höhe. „Wenn du es willst, werde ich schweigen wie ein Grab. Ganz egal, worum es geht. Ich verdanke dir schließlich, dass ich nicht tatsächlich im Grabe liege.“

      „Darum eben geht es. Ich habe dir zwar das Leben gerettet, indem ich für dich gesprochen und gekämpft habe, aber der eigentliche Verdienst gebührt nicht mir. Ich habe den Hinterhalt, den dir die Ebbingemannen gestellt haben, in Wahrheit nämlich gar nicht selbst beobachtet.“

      „Aber du konntest doch in allen Einzelheiten berichten, was vorgefallen ist. Oder hast du es durch Zauberei erfahren?“ Ordulf trat unwillkürlich einen Schritt zurück.

      „Nein, ich folge einem mächtigen Gott, der mir den Umgang mit Zauberern verbietet.“ Ceretic bekreuzigte sich rasch. „Er hat mich dazu gebracht, trotz aller Gefahren für dich einzutreten, denn er liebt die Wahrheit und Unrecht ist ihm ein Gräuel. Aber das meine ich nicht. Ich will auch Gutha Gerechtigkeit geschehen lassen. Sie hat alles beobachtet und mir davon erzählt.“

      „Wer ist denn Gutha?“, fragte Ordulf erstaunt. „Eine britannische Hexe?“ Wieder zog er kritisch die Stirn in Falten.

      „Nein, nein“, lachte Ceretic. Ordulfs Aberglaube schien tief verwurzelt. „Gutha ist lediglich die Magd von Hengists Tochter“, erklärte er amüsiert. „Wie eine Hexe kommt sie mir jedenfalls nicht vor.“

      „Das …“, setzte Ordulf zu einer Erwiderung an, brach aber mitten im Satz ab. Es war, als würde ihm der Boden unter den Füßen weggezogen. Wie unendlich peinlich. Das Mädchen hatte ihn tatsächlich gerettet, wie sie stets behauptete, und er hatte sie ausgelacht wie eine dumme Gans. Wie sollte er das je wiedergutmachen? Eine Weile blieb er ratlos stehen, dann begab er sich auf die Suche nach dem Mädchen.

      Erst am Abend, als er gerade aufgeben und zum Lager zurückkehren wollte, erblickte er ihren roten Schopf.

      „Ich muss noch etwas erledigen“, rief er dem alten Witiko zu, der neben ihm in Richtung Lager trottete. Unvermittelt machte er auf dem Absatz kehrt und lief zurück auf die Wurt. Atemlos erreichte er das Tor. Und tatsächlich entdeckte er sie wieder. Gutha sah ihn nun auch. Doch sie verzog schmollend das Gesicht, drehte um und verschwand zwischen zwei Wirtschaftsgebäuden.

      „Gutha!“, rief er, als er die Stelle erreichte, an der sie gerade noch gestanden hatte. Wieder sah er sie kurz, doch schon war sie um die nächste Ecke verschwunden. Offenbar zürnte sie ihm noch immer. Ordulf verfiel wieder in den Laufschritt und folgte ihr ins Halbdunkel zwischen den Gebäuden. Als er um die Ecke bog, musste er scharf bremsen. Die Gesuchte stand direkt vor ihm an die Wand einer Scheune gelehnt. Er spürte ihren heißen Atem auf seiner Wange. Diesmal schmollte sie nicht, sie hatte den Mund leicht geöffnet und schien völlig außer Atem. Das musste vom Rennen kommen.

      „Entschuldige, ich habe nicht gewusst, was du für mich getan hast“, stammelte er. „Es tut mir leid!“

      „Du verstehst wohl noch gar nichts von Mädchen, was?“, antwortete sie.

      „Wie meinst du das?“, fragte Ordulf empört und verwirrt

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