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Karte aus der Hülle und steckte sie in den Schlitz der Säule neben sich. Im Parkhaus fuhr sie die Rampe hoch, in den ersten Stock und ganz nach hinten zu den Plätzen hundertvierzehn und hundertfünfzehn, die beide frei waren. Colette stieg aus und schloss eine der Sperren auf. Der Metallbügel ließ sich nach unten klappen. Sie stieg wieder in den Wagen und fuhr auf ihren Parkplatz.

      »So, da wären wir. Es ist etwas umständlich, das Ding immer erst aufschließen zu müssen, aber sonst stellt sich jeder hierhin und die Plätze wären am Ende nicht frei, wenn wir sie mal brauchen. Die Miete für die Parkplätze wird von Blammer bezahlt. Es gehört quasi zu Simons Gehalt. In München ist so ein Stellplatz Luxus und natürlich auch eine praktische Sache, besonders am Wochenende.«

      Florence nickte. »Was ist mit der Kamera?«

      Colette nahm den Apparat und hielt ihn hoch.

      »Der gehört Simon«, sagte sie nachdenklich. »Er hat ihn wohl gestern liegenlassen.« Sie überlegte. »Weißt du was, das ist eigentlich eine gute Idee. Wir sehen uns so selten. Wir müssen deinen Besuch unbedingt festhalten. Das haben wir glaube ich noch nie richtig gemacht. Den Fotoapparat nehmen wir einfach mit und ich schicke dir die Bilder dann später.«

      Florence dachte an ihre Besuche in München. Sie war immer nur kurz hier, aber sie hatten doch bestimmt schon einmal Fotos gemacht, war sie sich sicher. Sie besaß sogar eine Aufnahme, auf der sie mit Colette, Simon und Marc zu sehen war. Es war bei den Halters im Wohnzimmer und Marc war noch sehr klein. Es wurde also wieder Zeit, neue Erinnerungen zu schaffen. Sie nahm Colette den Apparat ab und steckte ihn dann in ihre Handtasche.

      »Den nehme ich. Ich fürchte sonst, dass du mich bei jeder Gelegenheit aufnimmst und es nachher diese Horrorbilder gibt«, lachte sie.

      Colette sah sie ernst an. »Das würde ich niemals tun«, sagte sie spöttisch. »Die Zeiten sind vorbei, ich schwöre es dir.«

      Florence lachte. »Solange es mich nicht trifft, wie damals die Drillinge in Angers, an der Uni, als du sie schlafend fotografiert hast.«

      »Das war aber doch auch komisch«, meinte Colette, »wie die Drei nebeneinanderlagen, alle den Mund offen. Leider konnte ich ihr schnarchen nicht mit aufnehmen.«

      »Dafür hast du aber das Foto fünfzig Mal kopiert und es überall auf dem Campus aufgehängt.« Florence musste wieder lachen, bei dem Gedanken daran. »Zum Glück haben die Drillinge nie herausgefunden, dass du es warst.«

      »Eigentlich müsste ich es ja mal beichten«, sagte Colette.

      »Tu es lieber nicht, sie würden dich noch heute in zwei Teile hauen, wenn sie könnten.«

      »Ja«, seufzte Colette, »Spaß haben die Drei nie verstanden, sie würden mich sogar dreiteilen, die Drillinge.«

      Sie lachten und stiegen schließlich aus. Sie gingen quer über die Parkebene zu den Treppen. Vom Parkhaus aus gab es eine überdachte Verbindung direkt zum Bahnhof hinüber. Colette und Florence gingen aber in die andere Richtung zur Innenstadt und zu den Einkaufsstraßen. Colette steuerte sofort zum Marienplatz. Dort machte Florence die ersten Aufnahmen. Vor dem Rathaus ließen sie sich von einem jungen Mädchen knipsen. Dann vergaßen sie den Fotoapparat für eine Weile. In den Geschäften des Marienplatzes hielten sie sich am längsten auf. Es gab zahllose Modehäuser, Schmuckgeschäfte und Parfümerien. Florence dachte auch an die Lederhosen, die sie ihrem Bruder schenken wollte. Am Färbergraben gab es ein Spezialgeschäft, in dem sie schließlich fündig wurde. Sie war allerdings überrascht, wie teuer die Hosen waren. Sie entschied sich schließlich für ein billiges Modell, das laut der Verkäuferin extra für Freizeitaktivitäten seines Trägers bestimmt war. Colette handelte sogar noch am Preis, weil Florence immerhin gleich zwei Lederhosen nahm. Dann bummelten sie weiter zur Maffeistraße und natürlich auch in die Maximilianstraße. Hier hatten es Florence die Schuhgeschäfte angetan. Zum Mittagessen kehrten sie zurück zum Marienplatz, ins Wirtshaus zum Goldenen-Brunnen. Colette wollte mit Florence unbedingt eine echt bayerische Wurstplatte probieren. Als die Speisen zu ihrem Tisch gebracht wurden, machte sie ein Foto von ihrer Freundin, wie sie zwischen den Einkaufstüten saß. Bevor sie zu essen begannen, stellten sie die Kamera auf den Nebentisch und machten noch eine weitere Aufnahme, diesmal ohne Hilfestellung durch einen anderen Gast, sondern mit dem Selbstauslöser der Kamera. Colette schaffte es gerade noch an den Tisch zurück, beinahe wäre sie gestolpert. Sie setzten sich nebeneinander und konnten eben noch ihre Getränke hochhalten, als das Blitzlicht auslöste. Nach dem Essen hatten sie noch etwas Zeit. Das Wellnessprogramm sollte erst ab 15:00 Uhr beginnen. Sie gingen wieder ein Stück zu Fuß zum Sendlinger-Tor-Platz. Auch hier machten sie einige Aufnahmen. Einmal stellte sich Florence unter den weiten Bogen eines der ehemaligen Stadttore und ließ sich von Colette in einer übermütigen Pose fotografieren. Sie überprüfte aber sofort an dem kleinen Monitor der Kamera, ob die Aufnahme nicht zu peinlich geworden war. Sie ließ es durchgehen. Zu ihrer Überraschung fand auf dem Platz eine große Veranstaltung statt. Florence konnte nicht fassen, dass es der Hamburger Fischmarkt war, der hier quasi ein Gastspiel gab. Sie kauften zwar keinen Fisch, schlenderten aber dennoch über eine Stunde lang an den Ständen und Verkaufswagen vorbei. Es wurde bei weitem nicht nur Fisch verkauft. Am Rande des Platzes boten zahlreiche Händler auch Gebäck, Fleisch und sogar Lederwaren und T-Shirts an. Dann mussten sie sich beeilen, ihren Termin nicht zu verpassen.

      Es war Florence erster Besuch in einer Wellnessoase. Sie sah sich das Angebot der Massagen an und entschied sich ausgerechnet für die Hawaiianische-Lomi-Lomi-Nui-Massage. Colette fand ihre Wahl in Anbetracht ihrer Herkunft als etwas langweilig, musste aber zugeben, dass es mit die beste Massage war, die das Wellnessprogramm zu bieten hatte. Sie selbst entschied sich auch für das Lomi-Lomi, was wiederum Florence langweilig fand. Sie ließen sich fast eine halbe Stunde lang durchkneten, einreiben und massieren. Danach gingen sie zum Schwimmen in die Aquawelt, die ebenfalls zu der Wellnessoase gehörte. Den Nachmittag beendeten sie schließlich in der Ruhezone. Colette hatte recht, wie Florence feststellen musste, in der Ruhezone ließ es sich wunderbar entspannen.

      3 Nuku Hiva

      Am nächsten Morgen frühstückten sie alle gemeinsam. Florence war zusammen mit der Familie aufgestanden. Simon reichte ihr ein Brötchen. Marc spielte am Tisch. Florence hatte ihm aus Paris eine Actionfigur mitgebracht, die es anscheinend in Deutschland nicht zu kaufen gab. Er war begeistert und kündigte an, die Figur gleich morgen mit in die Schule nehmen zu wollen.

      »Florence war das erste Mal in so einem Studio«, erklärte Colette.

      »Es war herrlich«, bestätigte Florence. »Schwimmen und ausruhen kann ich natürlich auch zu Hause, aber es ist schon etwas anderes, wenn man sich ganz abschotten kann. Und dann war natürlich auch die Massage toll.«

      »Wie hieß die noch gleich?«, fragte Simon.

      »Hawaiianische-Lomi-Lomi-Nui«, sagte Colette.

      »Das passt ja zu dir, Florence. Und was bedeuten die Worte?«

      »Nui ist eigentlich der Begriff für groß und Lomi bedeutet wohl kneten oder so ähnlich, also die große Knet-Massage.«

      Sie lachten.

      »Genauso habe ich mich auch gefühlt«, stöhnte Colette. »Aber hinterher hat man schon gemerkt, wie angenehm und entspannend es war. Ich werde die Lomi-Lomi-Nui auf jeden Fall noch einmal wiederholen und ich werde auch alle anderen Massagen einmal durchprobieren.«

      »Nicht, dass man dich noch zerfleischt, Liebling«, sagte Simon lachend.

      Colette stieß ihn an und er wich lachend aus.

      »Wann geht denn heute deine Maschine«, fragte Simon schließlich. Er sah auf die Uhr, als wenn er auch gleich ins Büro aufbrechen wollte.

      »Die Maschine nach Paris hebt um zehn ab. Von dort geht es dann um eins Richtung New York und über Los Angeles nach Tahiti.«

      »Oh, schöne Reise. Ich würde an jedem dieser Orte aussteigen und ein paar Tage bleiben.« Simon versuchte die Melodie von »New York, New York« zu pfeifen.

      »Das habe ich schon alles

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