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Von Bagdad nach Stambul - 400 Seiten. Karl May
Читать онлайн.Название Von Bagdad nach Stambul - 400 Seiten
Год выпуска 0
isbn 9783742705907
Автор произведения Karl May
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Am Nachmittag gelangten wir in die Höhe von Banna und nach
Am Nachmittag gelangten wir in die Höhe von Banna und nach
einem scharfen Ritte öffnete sich vor uns der Paß, der nach
Süden führt. Wir hatten unsere Pferde auf den unwegsamen
Höhen sehr in Anspruch nehmen müssen; darum wollten wir
ihnen heute eher Ruhe gönnen und zogen uns seitwärts des
Passes in ein kleines, aber tiefes Tälchen zurück, dessen Seiten
sehr dicht mit Zwergeichen bewachsen waren. Wir hatten Wild
genug geschossen, um nicht hungern zu müssen, und losten nach
dem Mahle um die Reihenfolge der Nachtwache. Hier in der
Nähe des Passes hielten wir die Vorsicht ganz besonders für
notwendig, denn die Kunde von dem Herdenraube war ganz
sicher bereits bis Banna gedrungen, und es ließ sich vermuten,
daß dabei die Rede auch von uns gewesen sei.
Die Nacht verging ohne die geringste Störung, und mit dem
Grauen des Tages ritten wir bereits in den Mund des Passes ein.
Wir hatten diese Zeit gewählt, um völlig unbeachtet zu sein.
Der Weg führte über nackte Höhen und kahle Steinflächen,
durch dunkle Schluchten und melancholische Täler, in denen
kaum ein Wässerlein zu finden war. Man sah und fühlte hier so
recht deutlich, daß man sich auf einem Boden befand, den
vielleicht noch kein Europäer betreten hatte.
Es war nahe am Mittag, als wir ein Quertal zu durchschneiden
hatten. Gerade als wir bei der gegenüberliegenden Ecke
anlangten, blieb Dojan stehen und sah mich bittend an. Ich
kannte seine Manieren; er hatte etwas Verdächtiges bemerkt und
kannte seine Manieren; er hatte etwas Verdächtiges bemerkt und
wollte nun die Erlaubnis haben, mich verlassen zu dürfen. Ich ließ
halten und sah mich um, fand aber nicht die geringste Spur eines
lebenden Wesens.
"Jürü (* Gehe!), Dojan!" sagte ich, und sofort sprang der Hund
in das Gebüsch hinein. Einige Augenblicke später hörten wir
einen Schrei, und dann erscholl jener kurze Laut, welcher mir
sagte, daß Dojan einen Menschen unter sich liegen habe.
"Halef, komm!"
Wir sprangen von den Pferden, warfen den Andern die Zügel zu
und folgten dem Hunde. Wahrhaftig, neben einem stacheligen,
heckenrosenartigen Busche lag ein Mann, und der Hund stand
über ihm und hatte seine Zähne an dessen Gurgel.
"Dojan, geri!"
Der Hund ließ ab, und der Mann erhob sich.
"Was tust du hier?"
Er blickte mich an, als ob er sich die Antwort erst überlegen
wolle, gab sie aber nicht, sondern tat einen plötzlichen
Seitensprung und verschwand.
Auf meinen Wink setzte der Hund dem Fremden nach. Keine
Minute später hörten wir wieder den Angstschrei des Mannes
Minute später hörten wir wieder den Angstschrei des Mannes
und den bezeichnenden Laut des Hundes. Neben der Stelle, wo
der Mann gelegen hatte, hing seine Flinte an einem
abgebrochenen Zweige. Ich winkte Halef, sie zu nehmen, und
dann drangen wir weiter vor. Wir fanden Mensch und Hund
genau wieder in der vorherigen Lage. Der erstere wagte gar
nicht, sich zu rühren und von dem Messer Gebrauch zu machen,
welches er im Gürtel hatte.
"Ich werde dir noch einmal erlauben, dich zu erheben, aber ich
sage dir: wenn du abermals zu entfliehen suchst, so wird der
Hund dich zerreißen," warnte ich ihn.
Dann rief ich Dojan abermals zurück. Der Fremde stand auf und
blieb in demütiger Haltung vor mir stehen.
"Wer bist du?"
"Ich bin ein Bewohner von Soota," antwortete er.
"Ein Bebbeh?"
"Nein, Herr. Wir sind Feinde der Bebbeh, denn ich bin ein
Dschiaf."
"Woher kommst du?"
"Aus Achmed Kulwan."
"Das ist weit. Was hast du dort getan?"
"Das ist weit. Was hast du dort getan?"
"Ich sorge für die Herden des dortigen Kiaja."
"Wohin willst du?"
"Nach Soota zu meinen Freunden. Die Dschiaf feiern ein großes
Fest, welches wir mitmachen wollen."
Das stimmte.
"Haben die Dschiaf auch Gäste bei diesem Feste?"
"Ich habe gehört," antwortete er, "daß Khan Heider Mirlam mit
seinen Bejat kommen will."
Auch das stimmte. Dieser Mann schien kein Lügner zu sein.
"Warum versteckst du dich vor uns?"
"Herr, muß ein einzelner Mann sich nicht verstecken, wenn er
sechs Reiter kommen sieht? Er weiß hier in den Bergen doch
niemals, ob es Freunde oder Feinde sind."
"Aber warum versuchtest du, mir zu entfliehen?"
"Weil ich dachte, du seist ein Feind, denn du hetztest deinen
Hund auf mich."
"Bist du wirklich ganz allein hier?"
"Bist du wirklich ganz allein hier?"
"Ganz allein; das kannst du mir beim Barte des Propheten
glauben!"
"Ich will es dir glauben. Gehe voran!"
Wir kehrten mit ihm zu den Gefährten zurück, wo er seine
Aussage wiederholen mußte. Sie stimmten mit mir darin überein,
daß der Mann ungefährlich sei. Er erhielt seine Flinte wieder und
durfte gehen. Nachdem er sich bedankt und den Segen Allahs
auf unsere Häupter herabgewünscht hatte, setzten wir den
unterbrochenen Ritt weiter fort.
Ich hatte bemerkt, daß Allo den Fremden recht nachdenklich
betrachtet hatte; auch jetzt saß er sinnend auf dem Rappen, und
eben wollte ich ihn nach dem Gegenstande seines Grübelns
fragen, als er, wie sich endlich besinnend, aufblickte und schnell
an meine Seite kam.
"Chodih, dieser Mann hat euch belogen! Ich kannte ihn, aber ich
wußte nicht mehr, wer er war. Jetzt nun habe ich mich besonnen.
Er ist kein Dschiaf, sondern ein Bebbeh. Er muß ein Bruder oder
Verwandter des Scheik Gasahl Gaboya sein. Ich habe sie beide