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Haily. Roberta C. Keil
Читать онлайн.Название Haily
Год выпуска 0
isbn 9783742732897
Автор произведения Roberta C. Keil
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
„Wir könnten heute Nachmittag zum Einkaufen gehen, wenn du magst, Emma!“ Ich schrak zusammen. Jacky sah mich direkt an und alle Augen richteten sich auf mich. Ich blickte auf meinen Teller.
„Wie es am besten passt“, antwortete ich. Ich wusste nicht, wie es mit mir weiterging, was von mir erwartet wurde. Ich hatte versprochen, mich benehmen zu können und niemand würde sich über mich beschweren müssen.
„Wenn du erst etwas ausruhen möchtest, ist das okay. Aber vielleicht möchtest du möglichst schnell eigene Sachen bekommen!“ Sie lächelte. „Außerdem müsste ich kurz zur Bank, etwas erledigen. Du kannst mich gerne begleiten.“
Ich nickte. Und schob mir eine Gabel Kartoffeln mit Gemüse in den Mund. Damit war ich aller Worte entschuldigt. Die Gespräche wurden fortgesetzt.
Nach dem Essen räumten die beiden älteren Kinder zusammen mit der Indianerin und Sandy den Tisch ab. Ich wollte mich beteiligen, wurde aber von Sandy zurückgehalten.
„Lass nur“, sagte sie und – lächelte. Ich war so viel Lächeln nicht gewohnt. Mein Leben war bisher sehr ernst gewesen.
„Wir fahren nachher nach Prescott. Dort gibt es einige nette Boutiquen. Ist zwar keine Großstadt, aber für den Anfang reicht es vielleicht.“ Jacky sprach wieder mit mir. „Wir werden Michael mitnehmen, damit Devon und Dylan ihre Hausaufgaben machen können.“
Michael war der Kleine. Devon und Dylan. Klang irisch. Irgendwie. Fast wie Jacklyn und Marilyn. Jack und Jacky. Und die Indianerin hieß Waleah. Der Name fiel jetzt so oft, ich konnte ihn mir endlich merken. Ich war gespannt, wie das vierte Kind heißen würde. Ob es eine Michaela wurde? Oder Michelle? Jack Junior, vielleicht? Viele Möglichkeiten blieben ja nicht.
Sandy brachte jetzt Tassen und Waleah trug eine große Kanne herein. Es gab Kaffee nach dem Essen und das fröhliche Geplauder setzte wieder ein. Kaffee hatte ich seit Monaten nicht mehr bekommen. Abgesehen von dem Automatenkaffee, den es heute Morgen in dem Diner gab. Der Duft des frisch gebrühten Getränkes stieg mir jetzt verlockend in die Nase.
War das wirklich erst heute Morgen gewesen? Es war alles so neu, aber dennoch wurde ich das Gefühl nicht los, schon eine Ewigkeit hier zu sein.
Marilyn war die Erste, die den Mittagstisch verlassen wollte. Esma, wie alle die Pflegerin nannten, erhob sich und brachte die Frau im Rollstuhl hinaus. Niemand ging näher darauf ein und niemand fühlte sich verpflichtet, mir etwas zu erklären. Das gab mir einerseits das Gefühl, dazu zu gehören, andererseits fühlte ich mich als Außenseiter, weil ich vermutlich als Einzige nicht wusste, wo Esma mit Marilyn hinging.
Dann verließ Aiden die Runde. Die Arbeit rief. Waleah ging in die Küche und Sandy folgte ihr. Die beiden älteren Kinder gaben ihrer Mutter einen Kuss auf die Wange und verabschiedeten sich zum Unterricht.
Ich blieb mit Jacklyn und dem Kleinen zurück.
„Du bist sehr schweigsam. Wenn du uns etwas mitteilen möchtest, bitte ich dich, mit uns zu sprechen.“ Sie sah mich ernst an.
„Es ist schon okay.“
„Ich möchte, dass du das weißt. Wir sind jetzt ein stückweit deine Familie und du darfst dazugehören. – Aber ich weiß, dass es etwas dauert, bis du uns Vertrauen schenkst. Das ist in Ordnung.“
Ich nickte.
„Du musst nicht über deine Zeit in Maricopa sprechen. Jeder hier weiß, was dort passiert. Du weißt sicher, dass Sandy genauso zu uns kam, wie du jetzt. Sie war in Maricopa. Ich selbst war dort und Marilyn hatte das Glück, dort nur drei Wochen verbringen zu müssen.“
„Du? Auch? Und Marilyn?“ Ich musste das fragen. Die glückliche Jacklyn, die mit dem attraktivsten Mann verheiratet war, dem ich je begegnet war, war im Knast gewesen!
„Ja, auch wir! – Wenn du magst, kann ich dir bei Gelegenheit die Geschichte erzählen. Ich möchte damit nur sagen, dass wir wissen, was du erlebt hast. Und wir verstehen sehr gut, wenn du darüber nicht sprechen möchtest. Aber du darfst es gerne.“
Ich nickte wieder.
„Komm, ich schaue schnell nach Devon und Dylan und dann fahren wir los. Würdest du bitte mit Michael ins Bad gehen und ihm helfen, die Hände zu waschen?“
Sie zeigte mir das Bad und sagte Michael, dass er auf Emma zu hören hätte. Die dunklen Augen des Jungen durchdrangen mich. Dann nickte er, saugte die Lippen nach innen und drehte den Wasserhahn bis zum Anschlag auf. Das Wasser spritzte nach allen Seiten. Ich griff sofort ein und drehte es zurück, bis ein kleiner Strahl in das Becken lief.
In meinem ganzen Leben musste ich nie einem Kind helfen, die Hände zu waschen. Seine Ärmelbündchen wurden nass. Ich schob sie schnell zurück. Er ließ sich das gefallen, plapperte etwas vom großen Donner. Ein Pferd. Wie er mir anschließend erklärte. Gute Güte. Die Kinder wuchsen auf einer Ranch auf. Da war der „große Donner“ ein Pferd. Was sonst!
Im Gegensatz zu seinen Geschwistern war sein Haar dunkel. Wenn er es länger tragen würde, sähe man ihm seine indianische Abstammung an. Genau wie seinem Vater.
Anfangs wunderte ich mich über Aidens langes Haar. Aber nun war mir klar, es war sicher wegen der Tradition.
„Nun gehen wir Schule machen!“, bestimmte Michael.
„Oh, ich weiß aber nicht, wo deine Geschwister in die Schule gehen.“
„Mike weißt du!“ Ich starrte das Kind an. Wer war Mike? Es dauerte einen kleinen Moment, bis ich begriff, dass er sich selbst wohl so nannte. Mike. Okay. Er rannte durch den Flur und bog um eine Ecke und war aus meinem Blickfeld verschwunden. Ich hetzte hinterher, weil ich doch auf ihn aufpassen sollte. Aber ich kannte mich mit Kindern nicht aus.
Im Flur gab es mehrere Türen. Am Ende lag ein Fenster, das bis zum Boden reichte. Ich sah Michael nicht.
Verdammt, ich versaute meinen ersten Auftrag. Ich war nicht einmal in der Lage auf einen Zweijährigen aufzupassen.
Plötzlich lugte er aus einem Türrahmen hervor und winkte mir mit einem spitzbübischen Lachen.
„Emma kommt mit!“, rief er und ich legte meinen Zeigefinger auf den Mund, um ihm zu bedeuten, dass er leise sein sollte. Die anderen Kinder sollten lernen. Sicher stand ihnen ein Hauslehrer zur Verfügung.
Er verschwand durch die Tür und ich stürzte hinterher, um ihn aufzuhalten, und stand mitten in einem Raum, in dem Devon und Dylan jeder vor einem Computer saßen mit Kopfhörern auf den Ohren. Auf dem Bildschirm war eine Person zu sehen, die sprach. Wir hörten nichts, aber die Kinder schienen uns nicht wahrzunehmen.
„Sieh mal, Emma, Dylan lernt Schule!“
„Komm, wir lassen deine Geschwister in Ruhe lernen“, flüsterte ich und fasste Michael bei der Hand und versuchte ihn aus dem Zimmer zu lotsen.
„Mike bald auch Schule lernt er!“
Er drückte sich so witzig aus, dass ich grinsen musste.
„Ja, sicher bald. Aber bis dahin lassen wir Devon und Dylan in Ruhe. Komm jetzt! Deine Mutter wartet sicher schon auf uns.“
Jacky hatte nach ihren Schülern sehen wollen. Aber sie war nicht hier. Vermutlich vertrödelte ich die Zeit, als ich mit Michael im Bad war? Vielleicht saß sie schon im Auto, mit laufendem Motor, und wartete nur darauf, dass ich den Jungen lieferte und abfahrbereit war. Mein Herz pochte. Ich wollte, nein ich musste alles richtig machen.
„Komm jetzt Michael!“
„Sollst du Mike sagen!“, forderte er von mir.
„Na gut, komm jetzt bitte, Mike!“
„Michael, ich hatte dich gebeten,