Скачать книгу

Schock Nüssen auch viele taube sind,

       so können wir sogar sieben Schock rechnen, ohne die

       Mühewaltung, welche das Füttern, Wassergeben und

       Bauerreinigen eines solchen unnützen Fressers verursacht.

       – Ja, lieber Bruder, sprach der erste wieder mit

       einem Seufzer, wir haben uns da von unsrer Gutherzigkeit

       gegen dieses unvernünftige Geschöpf, gegen

       unsre Meise, zu einer unverantwortlichen Verschwendung

       hinreißen lassen, denn bedenke, wie viele Jahre

       wir nun schon das nutzlose Geschöpf füttern! Es ist

       ganz unerhört! – Darauf wurden die Brüder alsbald

       einig, dem unnützen, kostspieligen Kostgänger den

       Bauer zu öffnen und ihn hinfliegen zu lassen, wohin

       er wollte. Aber der Schmerz über ihre zu spät von

       ihnen erkannte Verschwendung nagte den Brüdern am

       Herzen, sie konnten sich jene nicht vergeben, diesen

       nicht überwinden, und am folgenden Tage hatte der

       Gram über ihre Verschwendung ihnen zu gleicher Zeit

       das Herz gebrochen.

       56. Thassilo in Lorsch

       Es geschah, daß Kaiser Karl der Große zu streiten

       kam mit Thassilo, dem mannlichen Bayerherzog, der

       sein ganz naher Verwandter war, und da er großes

       Unrecht durch Anreizung der Widersacher Karls verübt,

       so übte Karl eine erschreckliche Rache und ließ

       ihm eine entsetzliche Strafe zuteil werden. Karl ließ

       den Agilolfinger Thassilo blenden, welches dadurch

       geschah, daß jener gezwungen ward, auf einen seinen

       Augen nahegebrachten, im Feuer glühend gemachten

       Schild zu sehen, bis ihm das Licht der Augen dunkel

       ward und gar verging. Sein langes Haar ward vor dem

       Thron ihm abgeschnitten und er zum Mönch geschoren,

       dann sollte er nach des Kaisers Gebot eingetan

       werden als Mönch in ein Kloster, damit er büße und

       bete all sein Leben lang. Darauf nach langen Jahren

       begab es sich, daß einstmals Kaiser Karl gen Lauresheim,

       das ist Lorsch, das Kloster, kam, und hatte den

       Herzog Thassilo längst vergessen, und sich gedrungen

       fühlte, zur Nachtzeit im Münster dort zu weilen und

       zu beten, da nahm er mit Staunen wahr, wie ein

       Mönch durch den Kreuzgang unsichern Trittes wandelte,

       welcher blind war, ihm zur Seite aber ein lichtumflossener

       Bote Gottes ging, der ihn leitete. Des

       Greises Züge kamen dem Kaiser bekannt vor, doch

       konnte er sich dessen Namens nicht entsinnen. Und

       der Mönch ward von Altar zu Altar geleitet und betete

       an jedem und schritt dann mit seinem überirdischen

       Führer still zurück. Darauf hat der Kaiser am andern

       Morgen den Abt des Klosters Lorsch zu sich entboten

       und hat ihn gefragt, welchen Mönch er im Kloster

       habe, dem ein Engel diene. Der Abt erstaunte und

       wußte nichts zu sagen, folgte aber des Kaiser Gebot,

       in nächster Nacht mit ihm des Mönchs wieder zu harren.

       Da geschah es ganz so wie in der vorigen Nacht,

       daß der blinde Mönch wieder kam und der Engel ihn

       geleitete. Und der Kaiser, gefolgt von dem Abt, ging,

       als der Mönch gebetet hatte, dem Mönch und dessen

       Führer nach, und trafen den Mönch allein in seiner

       Zelle. Der Abt kannte den Mönch aber nur unter seinem

       Klosternamen und wußte nichts weiter von ihm.

       Nun sprach der Abt ihn an, zu sagen, was er vordem

       in dem weltlichen Leben gewesen, und nichts zu verhehlen

       und zu verschweigen, denn sein Herr und Kaiser

       sei es, der vor ihm stehe. Da sank der blinde

       Mönch zu des Kaisers Füßen nieder und sprach: O

       Herr! Viel habe ich gegen dich gesündigt, und meine

       Buße währet für und für. Thassilo war ich vordem geheißen.

       – Da hub ihn der Kaiser gnädiglich auf und

       sprach: Schwer hast du gebüßt, und härter, als mir

       lieb, all deine Schuld sei dir vergeben. Da küßte der

       blinde Greis des Kaisers Hand und sank zur Erde und

       verschied. Im Kloster Lorsch ruht sein Staub.

       57. Der Heerwisch

       Die Leute in der Gegend der Bergstraße und insonderheit

       um die Orte Lorsch und Hähnlein nannten und

       nennen die Irrwische Heerwische und haben einen

       Spottreim, daß sie sie anrufen, wenn sie, wie gewöhnlich

       nur geschieht, in der Adventszeit sich sehen lassen:

       Heerwisch, ho ho!

       Brennst wie Haberstroh!

       Schlag mich blitzeblo!

       Das ist aber schon mehr als einem übel bekommen.

       Da war vor länger als dreißig Jahren einmal ein junges

       Mädchen, das ging zur Abendzeit an einem

       Sumpf bei Hähnlein vorüber, da sah sie einen Irrwisch

       hüpfen und rief ihm keck und laut den Spottreim

       hinüber. Sogleich kam der Irrwisch über den

       Sumpf herübergeflattert, auf das Mädchen zu, dem

       ward angst – es eilte, was es eilen konnte, seinem Elternhause

       zu, der Heerwisch aber flugs hinterdrein,

       und hatte feurige Flügel, und schlug damit wie ein

       recht wilder großer Sumpfvogel auf das Mädchen los,

       und als sie, zum Tod geängstigt, das Haus erreichte

       und hineinschlüpfte, war der Heerwisch auch mit drin,

       machte die ganze Hausflur hell, trat ihr in die Stube

       nach und schlug mit seiner Flackerlohe alle Leute, die

       ihm in den Weg und Wurf kamen, dann fuhr er zum

       Schornstein hinauf und aus dem Schlot wie ein Feuerdrache

       und walzte über alle Dächer, daß sich männiglich

       entsetzte. Am andern Tage waren alle, und das

       Mädchen zumeist, »blitzeblo« von des Heerwisches

       Schlägen. Die Heer- und Irrwische und Feuermänner

       werden für Verstorbene gehalten, welche wegen ihrer

       Übeltaten im Leben die ewige Ruhe nicht finden, insonderheit

       sind es falsche Feldmesser,

       Grenzsteinverrücker und Bauern, die dem Nachbar

       die Furchen abpflügen, die

Скачать книгу