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hohem Erröten und ward ihrem Herzgeliebten alsobald

       angetraut. Der Kaiser begabte seine Kinder reich

       mit Ortschaften, Waldungen und Feldern und hielt

       Eginhart gar hoch in seinem Herzen. Als aber der

       große Kaiser verstorben war, da sehnte Eginhart sich

       vom Hofe hinweg mit seiner lieben Imma in beschauliche

       Stille, und König Ludwig der Fromme, Karols

       Sohn, begabte ihn mit zwei königlichen Villen im

       Odinwald, die hießen Michlinstadt und Mühlenheim.

       Nach einer Reihe glücklich verlebter Jahre wandte

       sich das Herz der Verbundenen mehr und mehr dem

       Himmel zu. Michlinstadt schenkten sie dem berühmten

       Kloster Lorsch, von dem überkamen es die Schenke

       von Erbach, die später Reichsgrafen wurden. Beide

       lebten fortan geistlich, nur noch als Bruder und

       Schwester verbunden; Eginhart ließ sich die Priesterweihen

       erteilen und erbaute eine Kirche mit Klosterzellen

       zu Obermühlheim, ließ dorthin heilige Leiber

       aus Rom kommen, und als seine Imma verstorben

       war, ließ er sie in seinem Kloster beisetzen, dessen erster

       Abt er wurde. Selig sei die Statt, wo du ruhest,

       sprach er an der Asche der Treugeliebten, und wo wir

       in Liebe Selige gewesen – und fortan wurde der Ort

       Seligenstadt genannt.

       Andere sagen, Karl der Große habe die Liebenden

       von seinen Augen verbannt und verstoßen, und sie

       haben lange dort um Seligenstadt in einer Waldeinöde

       beisammengewohnt, bis der Kaiser auf einer Jagd sie

       einst unvermutet wiedergefunden und aus Freude jene

       Stätte selbst Seligenstatt genannt habe. Da auch Abt

       Eginhart verstorben war, wurden seine Gebeine neben

       denen seiner Imma beigesetzt und ihnen dann ein

       kostbarer Sarkophag, darinnen sie ruhten, errichtet,

       und da nun die erlauchten Grafen von Erbach zu Erbach

       ihren Stamm von diesem edlen Paare ableiten,

       so ist durch Geschenk von hoher Fürstenhand ihnen

       dieser alte Sarkophag verehret worden und wird als

       das kostbarste Altertum zu Erbach noch bewahrt.

       Nicht minder aber ward zu Seligenstadt ein herrlicher

       andrer Marmorsarkophag mit den Gebeinen der Gründer

       der dortigen Kirche in derselben aufgestellt, und

       so ist es gekommen, daß Eginharts und Emmas Sarg

       an zwei verschiedenen Orten gezeigt wird und doch

       jeder von beiden der wahrhaftige ist.

       55. Die Windecker

       Über der Stadt Weinheim an der Bergstraße erhebt

       sich die Burgtrümmer Windeck, von welcher manche

       Sagen gehen. Einst jagte ein freisamer Rittersmann,

       als Windeck schon verfallen war, einen flüchtigen

       Hirsch, der flüchtete sich geradezu mitten in die Ruinen

       der alten Burg und entschwand seinen Augen, der

       Ritter aber sah sich einsam in stiller Öde. Der Tag

       war heiß, und ihn dürstete sehr, er gedachte wohl der

       Sage, daß in den verschütteten Kellern der Windeck

       noch manch ein gutes Trünklein liege. Siehe, da stand

       vor ihm ein Jungfräulein im schloßenweißen Gewande,

       die hielt ein köstlich Trinkhorn, das bis zum

       Rande gefüllt war, und bot es ihm zum Tranke. Der

       Ritter trank und konnte kein Auge mehr von der schönen

       Jungfrau wenden; sie aber nahm ihr Trinkhorn

       zurück und verschwand. Seitdem blieb der Ritter fort

       und fort an die Trümmer von Windeck gebannt,

       immer hoffend, daß die Herrliche, die ihn bezaubert

       mit ihren Augen, wie mit dem Tranke, ihm einmal

       wieder erscheine; niemand aber kann sagen, ob der

       Ritter sie noch einmal gesehen, denn auch als er endlich

       verstorben war, wandelte sein Geist noch ruhelos

       durch die Trümmer.

       Auch der Geist eines der letzten Windeckers soll

       zuzeiten auf dem Turme der alten Windeck erblickt

       werden, die Arme sehnend hinüberstreckend in der

       Richtung nach Straßburg. Eine Straßburgerin war

       sein Weib, Heimatliebe zog sie aus seinen Armen, im

       hohen Münster dort betete sie, im Münster starb sie,

       im Münster ist ihr Grab. Sehnend nach ihr brach im

       Tode des Gatten Herz.

       Anders als dieses Ritters Herz beschaffen waren

       die Herzen der allerletzten Sprossen des edlen Geschlechtes

       derer von Windeck. Unsaglicher Geiz war

       ihr alleiniges Glück. Einsam hausten und als Junggesellen

       die Brüder in der verfallenen Feste; diese baulich

       zu erhalten, hätte Geld gekostet, und solches hatten

       die Brüder viel zu lieb, um es hinauszustoßen aus

       ihrem Kasten in die feindliche böse Welt. Aller Dienerschaft

       taten sie sich ab, denn Diener kosten etwas,

       nämlich Kost und nebenbei doch noch Geld. Selbst

       Hund und Katze fraßen den Brüdern endlich doch gar

       zu viel, und sie fanden daß es ein kostspieliges Ding

       sei, vierbeiniges Vieh zu halten, zumal wenn es nicht

       zum wenigsten Milch oder Wolle gebe. Dennoch hielten

       sie beide gemeinschaftlich noch ein Tierchen, und

       das war eine Meise – die brauchte nicht viel – sie

       gaben ihr täglich eine Nuß. Da hatte einstmals einer

       der Brüder eine schlaflose Nacht, und in schlaflosen

       Nächten pflegen die Geizigen zu rechnen. Und da

       rechnete der Herr von Windeck und brachte heraus,

       daß das Jahr 365 Tage, auch manchesmal 366 Tage

       habe, und daß ebenso viele Nüsse sechs Schock und

       einige darüber machten, und daß ein Schock Nüsse,

       wenn sie billig, wie an der Bergstraße – anderwärts

       kosten sie mehr – drei Kreuzer kosteten, und daß dieses

       alljährlich die Summe von achtzehn Kreuzern und

       mehr betrage, sechsmal so viel, als eine Meise wert

       sei. – Am andern Tage teilte der Windecker seinem

       Bruder die angestellte Rechnung mit, worüber dieser

       erschrak und eine Zeitlang ganz tiefsinnend wurde.

      

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