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gedämpft und der Wind fuhr leise säuselnd durch das Geäst der Bäume.

      Inzwischen hatte Frija die Stelle erreicht, an der sie wendete, und verlangsamte das Tempo. Etwas glitzerte am Wegesrand und sie bückte sich, um es aufzuheben. War das nicht Saras Kette, die sie zu ihrem sechsten Geburtstag geschenkt bekommen hatte?

      Frija ließ spielerisch die Kette durch ihre Finger gleiten und betrachtete stirnrunzelnd den Anhänger – ein galoppierendes Pferd mit wehender Mähne. Wie die meisten Mädchen in diesem Alter war auch ihre Tochter verrückt nach Pferden gewesen und hatte unbedingt Reitunterricht nehmen wollen. Aber das gehörte schon eine Weile der Vergangenheit an. Nachdem das Schulpferd krankheitsbedingt ausgemustert und eingeschläfert wurde musste, wollte sich Sara nicht mehr diesem Hobby widmen.

      Frija riss sich vom Anblick der Kette los und zog fröstelnd die Schultern hoch. Sie fühlte sich plötzlich beobachtet und gar nicht mehr wohl in ihrer Haut. Suchend schaute sie sich um, und als sie versehentlich auf einen trockenen Ast trat, erhob sich ein Schwarm Krähen lautstark protestierend in die Lüfte.

      Das war für sie das Startzeichen. So schnell ihre Beine sie tragen konnten, lief sie zurück zum Haus. Unterwegs sammelte sie noch Smilla ein und öffnete hektisch die Tür. Endlich in Sicherheit.

      Sie setzte die Katze auf dem Boden ab und suchte sofort Saras Zimmer auf, wo sie die Schmuckschatulle ihrer Tochter auf dem Bett ausschüttete. Nachdem sie den Schmuck vor sich ausgebreitet hatte, entdeckte sie die Kette und erst jetzt fiel ihr auf, dass die Anhänger keineswegs identisch waren.

      „Ich werde noch wahnsinnig“, murmelte sie und ließ sich mit einem Seufzer auf den Bürostuhl fallen. Sie legte den Kopf in den Nacken und starrte an die Decke. Warum war sie in letzter Zeit nur so schreckhaft?

      Das Motorengeräusch eines sich nähernden Wagens riss Frija aus ihrer Grübelei und sie eilte zur Tür.

      „Hej, was machst du denn hier?“, rief sie erstaunt.

      „Dein Auftritt gestern hat mir keine Ruhe gelassen“, antwortete Matilda.

      „Jetzt übertreibst du aber maßlos“, legte Frija ihr Veto ein.

      „Na, da bin ich aber anderer Meinung.“

      Matilda zwängte sich an ihr vorbei in den Flur und lief direkt ins Wohnzimmer. Erst jetzt bemerkte Frija das kleine Päckchen in Matildas Händen.

      „Jetzt sieh mich nicht so vorwurfsvoll an, ich habe Kuchen mit dabei.“

      „Da hätte ich mir das Joggen ja sparen können“, lachte Frija und verschwand in der Küche, um Kaffee zu kochen. Nur wenige Minuten später saßen sie zusammen auf der Couch und machten sich über den Kuchen her.

      „So, und jetzt raus mit der Sprache: Warum bist du wirklich zu spät gekommen?“

      „Matilda …“, seufzte Frija.

      „Ein Mann, nicht wahr? Das sehe ich dir doch an der Nasenspitze an.“

      „Ach, sag bloß.“ Frija rang mit sich, aber ihrer Freundin konnte sie nichts vormachen. „Ja, ich hatte ein Date“, gestand sie kleinlaut.

      „Wusste ich’s doch.“ Zufrieden lehnte sich Matilda zurück. „Tatsächlich nur ein Date?“ Sie zog fragend eine Braue hoch.

      „Okay, ich habe mit ihm geschlafen, falls du darauf anspielst. Und am Tag darauf haben wir uns noch einmal getroffen.“

      „Das ist doch wunderbar“, freute sich Matilda. „Ich hatte schon befürchtet, dass mit dir etwas nicht stimmen könnte. Kein Mensch kann über Jahre hinweg wie ein Eremit dahinvegetieren.“

      „Also wirklich, ich lebe doch nicht wie eine Einsiedlerin“, widersprach Frija.

      „Wenn ich ehrlich bin, dann hatte es manchmal schon den Anschein“, legte Matilda nach. „Und jetzt erzähl mir alles. Wie ist er so?“ Ihre Augen glänzten.

      „Er ist um einiges älter als ich, mindestens zehn Jahre. Aber immer noch fit und gut gebaut.“

      Matilda nickte anerkennend. „Hat der gute Mann auch einen Namen?“

      „Leif.“

      „Nun lass dir doch nicht jedes Wort aus der Nase ziehen. Verheiratet oder Single?“

      „Er hat gesagt, dass er seit Jahren allein lebt, und da er keinen Ehering trägt, wird das wohl der Wahrheit entsprechen.“

      „Was macht er beruflich?“, hakte Matilda nach.

      „Soll das ein Verhör werden?“, beschwerte sich Frija.

      „Nun komm schon. Es ist das erste Mal, dass ich dich so aufgelöst erlebe und ich gönne dir das Glück von Herzen. Als ob du das nicht wüsstest.“

      „Wenn doch alles nur so einfach wäre. Allein der Gedanke, Sara mit meinem Liebesleben zu konfrontieren, bereitet mir Bauchschmerzen.“

      „Sie wird es verstehen, da bin ich mir sicher. Es macht doch keinen Sinn, die Gefühle zu unterdrücken.“

      Ach Matilda, dachte Frija betrübt. Sie hatte bisher niemandem von ihrer Vergangenheit erzählt, zum Schutz aller. Ein Mann in ihrem Leben würde die Sache nur noch verkomplizieren – und damit war die Entscheidung auch getroffen. Sie würde Leif nicht wiedersehen.

      „Matilda, wir brauchen im Prinzip nicht weiter darüber zu sprechen, das Thema ist erledigt“, sagte sie, um weiteren Fragen aus dem Weg zu gehen.

      „Warum willst du dieser Beziehung keine Chance geben? Sara wird nicht ewig bei dir wohnen, dann bist du ganz allein.“

      „Ich habe immerhin noch Smilla“, scherzte Frija.

      „Hör auf mit dem Quatsch, es ist mir ernst. Du ganz allein hier draußen … allein dieser Gedanke schnürt mir die Kehle zu.“

      „Jetzt mach mal einen Punkt, es ist doch noch eine Weile bis dahin. Du führst dich ja auf, als wäre das ein Weltuntergangsszenario.“

      Matilda schüttelte ungläubig ihren Kopf. „Frija, irgendetwas stimmt doch da nicht.“

      „Pass auf, ich werde ein Kreuzchen in den Kalender machen und diese kurze Liaison abhaken. Es war nur eine Nacht, und noch mehr hineinzuinterpretieren bringt rein gar nichts. Außerdem ist Leif beruflich viel unterwegs, er führt ein eher unstetes Leben. Keine Ahnung, ob ich dem auf Dauer gewachsen wäre.“

      „Was macht er denn nun beruflich?“

      „Consultant.“

      „Alle Achtung, da verdient er nicht schlecht.“

      „Ich habe mein Auskommen“, antwortete Frija nüchtern.

      „Könnte es sein, dass du dich heute ständig auf den Schlips getreten fühlst?“, Matilda musterte sie von der Seite.

      „Ich bin nach dieser Nacht ziemlich durcheinander und muss mich erst einmal sammeln. Leif ist ein ungewöhnlicher Mann, das muss ich schon zugeben. Im Bett war er einmalig, so etwas habe ich noch nie erlebt.“

      „Und den willst du laufen lassen?“

      „Es war doch nur eine Nacht“, erwiderte Frija gequält.

      „Wer weiß, wer weiß“, lachte Matilda. „Irgendwann in nächster Zeit wird auch Sara mit einem Freund nach Hause kommen, ob dir das nun passt oder nicht.“

      „Oh nein, erinnere mich bloß nicht daran“, stöhnte Frija. „Ich bin wirklich froh darüber, dass sie es so langsam angeht.“

      Insgeheim musste sie Matilda allerdings recht geben, ihre heimelige Zweisamkeit mit Sara war nicht für die Ewigkeit bestimmt. Sie würde über kurz oder lang ihre eigenen Wege gehen.

      „Matilda, ich muss Sara von der Schule abholen, danke für deinen Besuch.“

      Sie brachte ihre Freundin zur Tür und umarmte sie zum Abschied.

      „Ich wünsche dir trotzdem alles Glück

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