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anderthalb Jahren war es ja fast schon so weit. Da kam noch Hilfe. Aber einmal wird sie nicht kommen – und was geschieht dann mit uns? Rudi wird nach Rotterdam gehen in die Bank. Aber ich? – Habe ich alles? Fertig zum Essen? – Was tue ich aber eine Stunde lang, wenn ich Dorsday nicht treffe? Vielleicht ist gerade ein Milliardär angekommen. – Sie oder keine. – Ich nehme den weißen Schal, der steht mir gut. Ganz ungezwungen lege ich ihn um meine herrlichen Schultern. Für wen habe ich sie denn, die herrlichen Schultern? Ich könnte einen Mann sehr glücklich machen. Wäre nur der rechte Mann da. Aber ein Kind will ich nicht haben. – Noch etwas Puder auf den Nacken und Hals, einen Tropfen Parfüm ins Taschentuch, Schrank zusperren, Fenster wieder auf, ah, wie wunderbar! Ich bin nervös. Ach, soll man nicht unter solchen Umständen nervös sein. Die Schachtel mit dem Veronal hab' ich bei den Hemden. Auch neue Hemden brauche ich.

      Unheimlich, riesig der Cimone, als wenn er auf mich herunterfallen wollte! Noch kein Stern am Himmel. Der Duft von den Wiesen! Ich werde auf dem Land leben. Einen Gutsbesitzer werde ich heiraten und Kinder werde ich haben. So, das Fenster bleibt offen. Wenn's auch kühl wird. Licht ausdrehen. So. – Ja richtig, den Brief. Ich muss ihn zu mir nehmen für alle Fälle. – Leer ist das ganze Treppenhaus! Immer um diese Zeit. Meine Schritte hallen. – Wer sitzt denn dort an dem kleinen Tisch? Nein, Dorsday ist es nicht. Gott sei Dank. Jetzt vor dem Essen wäre es doch unmöglich, ihm etwas zu sagen. – Warum schaut mich der Portier so merkwürdig an? Hat er am Ende den Expressbrief von der Mama gelesen? Mir scheint, ich bin verrückt. Ich muss ihm demnächst wieder ein Trinkgeld geben. – Die Blonde da ist auch schon zum Essen angezogen. Wie kann man so dick sein! – Ich werde noch vors Hotel hinaus und ein bisschen auf und ab gehen. Oder ins Musikzimmer? Spielt da nicht wer? Ich vernachlässige mein Klavierspiel. In Wien werde ich wieder regelmäßig üben. Überhaupt ein anderes Leben anfangen. Das müssen wir alle. So darf es nicht weitergehen. Ich werde einmal ernsthaft mit Papa sprechen – wenn noch Zeit dazu sein sollte. Es wird, es wird. Warum habe ich es noch nie getan? Alles in unserem Haus wird mit Scherzen erledigt, und keinem ist scherzhaft zu Mut. Jeder hat eigentlich Angst vor dem Andern, jeder ist allein. – Da kommen Cissy und Paul. Ja, sie muss sich endlich umkleiden zum Essen, sonst hätten sie noch im Dunkeln weiter Tennis gespielt. – Sie sehen mich nicht. Was sagt er ihr denn? Warum lacht sie so dumm? Wär' lustig, ihrem Gatten einen anonymen Brief nach Wien zu schreiben. Wäre ich so was imstande? Nie. Wer weiß? Jetzt haben sie mich gesehen. Ich nicke ihnen zu. Sie ärgert sich, dass ich so hübsch aussehe. Wie verlegen sie ist.

      „Wie, Else, Sie sind schon fertig zum Essen?” – „Wie Sie sehen, Frau Cissy.” – „Du siehst wirklich entzückend aus, Else, ich hätte große Lust, dir den Hof zu machen.”– „Erspar' dir die Mühe, Paul, gib mir lieber eine Zigarette.” – „Aber mit Vergnügen.” – „Dank schön. Wie ist das Spiel ausgefallen?” – „Frau Cissy hat mich dreimal hintereinander geschlagen.” – „Er war nämlich zerstreut.” O Gott, – Dorsday mit Frau Winawer! Sie grüßen. Sie gehen weiter. Ich habe zu höflich zurückgegrüßt. Ja, ganz anders als sonst. O, was bin ich für eine Person. – „Also, bis später, Else, bis später, Paul.” – „Küss' die Hand, gnädige Frau.” „Bis später, Frau Cissy.” – „Also, mach’s gut, Else.” – Gott sei Dank. Paul küsst mir die Hand. Das tut er sonst nie. „Mach’s gut, Paul.” Wo hab' ich die schmelzende Stimme her? Er geht. Ich ziehe den Schal um meine Schulter und stehe auf und geh' vors Hotel hinaus. Ich fühle den Blick von Dorsday auf meinem Nacken, durch den Schal. Frau Winawer geht jetzt hinauf in ihr Zimmer. „Ich bitte Sie, Herr Portier –” „Fräulein wünschen den Mantel?” – „Ja, bitte.” – „Schon etwas kühl die Abende, Fräulein. Das kommt bei uns so plötzlich.” – „Danke.” Soll ich wirklich vors Hotel? Gewiss, was denn sonst? Jedenfalls zur Tür hin.

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