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an den Dolmetscher die Worte:

       »Ich wollte ihn hier vom Felsen hinunterwerfen, und sein Widerstand wäre gegen die Kraft meiner Arme nichts

       gewesen; aber ich bin Sejjid Omar und will mich nicht durch die Berührung mit einem so großen Schmutz besudeln. Jeder

       Heide hat mehr Verstand als dieser Nasrani (* Christ.); sage ihm das. Wehe jedem, der zu dem Glauben und zu den

       Sitten eines so rücksichtslosen Verächters und Störers des Gebetes übertritt! Ich habe nichts mehr mit ihm zu schaffen.

       Das Geld für meinen Esel schenke ich ihm. Ich mag es nicht berühren!«

       Er hob den Teppichgürtel auf, schwang sich auf sein Grautier und ritt im Trabe davon, indem er den Gürtel in

       vielsagender Weise hinter sich her ausschüttelte. Dem Levantiner war es ein Vergnügen, die Worte Omars in einer

       Weise zu übersetzen, welche an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig ließ. Als die Tochter, welche von ihrem Platze

       aufgestanden war, das hörte, rief sie dem Vater vorwurfsvoll zu:

       »Was hast du getan! Ich wollte dich zurückhalten; du warst mir aber zu schnell. Dieser Araber gefiel mir so sehr! Er

       war so ernst, so still und so bescheiden. Sein Gebet rührte mich. Hieltest du dich wirklich für verpflichtet, es zu

       unterbrechen?«

       »Natürlich!« antwortete er. »Du sollst keine andern Götter haben neben mir, gebietet die heilige Schrift. Elias hat die

       Pfaffen Baals geschlachtet. Sein Eifer soll ein Vorbild sein für jeden, der als Glaubensbote zu den Heiden geht!«

       »Meinst du nicht, daß unser Gott und Allah ganz derselbe sei?«

       »Wer einen anderen Glauben hat, hat auch einen andern Gott! Und andere Götter zu haben ist verboten; das hast du

       ja gehört!«

       »Aber die Liebe, von welcher ihr predigen sollt, macht es euch doch - - -«

       »Sei still mit dieser Liebe, von der du nichts verstehst!« unterbrach er sie schnarrend. »Erst glaube ich; dann liebe ich.

       Wir haben hinaus in alle Welt zu gehen und alle Völker zu belehren. Von dem Worte aber, welches wir verkünden, sagt die

       Bibel, daß es ein Hammer sei, der Felsen zerschmettert. Nur dadurch, daß wir diese Macht des Wortes zeigen, können

       wir den Heiden imponieren. Und dann, wenn sie die Unseren geworden sind, werden wir ihnen unsere Liebe schenken.

       Wir haben endlich eingesehen, wie weit man mit der Liebe allein kommt. Es ist erwiesen, daß in neuerer Zeit der Islam

       mehr Fortschritte macht als das Christentum. Das Heidentum wird dem gehören, der es zum Gehorsam zwingt!«

       Das klang so entschieden und so hart, daß sie es vorzog, still zu sein. Sie setzte sich wieder nieder, schien sich aber

       vergeblich zu bemühen, die frühere Stimmung zurückzurufen. Das, was sie vorher begeistert hatte, war ihr gleichgültig

       geworden, und da der Vater sich übel gelaunt und wortkarg zeigte, so bat sie ihn schließlich, aufzubrechen.

       »Sehr gern!« stimmte er ihr bei. »Es ist eine drückende Hitze hier oben, und wie du es neben der qualmenden Zigarre

       dieses ungebildeten, rücksichtslosen Menschen aushalten konntest, habe ich mir nicht erklären können.«

       »Es ist freilich nichts so widerwärtig wie der Tabaksgeruch; für ihn aber scheint es ein Genuß zu sein; ich habe nicht

       darauf geachtet.«

       Dieser Ausdruck der Herzensgüte und Selbstüberwindung ließ es mich bereuen, daß ich mich nicht so verhalten hatte,

       wie ich nun wünschte, es getan zu haben. Später fand ich eine erfreuliche Veranlassung, mich an diese ihre jetzigen

       Worte lebhaft zu erinnern.

       Sie ritten fort, wie sie gekommen waren: ohne mir irgendeine Beachtung zu schenken. Der Levantiner mußte laufen,

       da nun nur noch die beiden Esel da waren, die er besorgt hatte. Es tat mir um der Dame willen leid, daß sie nicht länger

       blieben, denn die Sonne stand bereits dem Horizonte nahe, und ich hätte den Anblick ihres heutigen Unterganges dem

       lieben, freundlichen Wesen herzlich gern gegönnt.

       Ich war seinetwegen hierher gekommen, hatte mich auf ihn gefreut und machte aber dann, als er eintrat, die

       Bemerkung, daß ich heut nicht fähig sei, ihn so, wie früher stets, auf mich wirken zu lassen. Die häßliche Szene, deren

       Zuschauer ich gewesen war, hatte mein Inneres auch überschattet. Das Vorgefallene machte es mir unmöglich, mich dem

       Eindrucke des herrlichen Naturschauspieles frei und gänzlich hinzugeben. Der Amerikaner hatte einige Aeußerungen

       getan, welche geistig unterzubringen oder zu überwinden ich mir erfolglos Mühe gab.

       So oft ich mich hier auf dieser Höhe befand, sah ich zwei Welten vor mir liegen, die aber in ihrem Zusammenhang

       doch nur eine einzige waren, und ebenso sah ich zwei Zeiten, welche durch Jahrtausende getrennt zu sein scheinen, im

       jetzigen Augenblick zu einer wunderbaren, ergreifenden Vereinigung zusammenfließen. Die Gegenwart ist unsere

       Vergangenheit gewesen und wird auch unsere Zukunft sein. Wer das begreift, der hat nicht nötig, das Innere der

       Pyramiden zu durchforschen, und braucht auch nicht vor den Rätseln der Sphinx zu bangen, deren Lösung er klar und

       deutlich in seinem

       Herzen trägt. Die Menschheit gleicht der Zeit. Beide schreiten unaufhaltsam vorwärts, und wie keiner einzelnen Stunde

       ein besonderer Vorzug gegeben worden ist, so kann auch kein Mensch, kein Stand, kein Volk sich rühmen, von Gott mit

       irgend einer speziellen Auszeichnung begnadet worden zu sein. Eine hervorragende Periode ist nur das Produkt

       vorangegangener Zeiten, und es gibt in der Entwicklung des Menschengeschlechtes keine Geistesrichtung oder

       Geistestat, welche aus sich selbst heraus entstanden wäre und der Vergangenheit nicht Dank zu zollen hätte. Die

       Weltgeschichte, welche wir ja das Weltgericht nennen, hat bisher noch jedes Kapitel der Selbstüberhebung mit einem

       bestrafenden Schluß versehen und diesen Akt der Gerechtigkeit zur Warnung für spätere Generationen in der ernsten,

       eindringlichen Sprache der Ruinen aufbewahrt. Und diese sprechenden, ja predigenden Ruinen haben uns die Lehre zu

       erteilen, daß, was im Oriente für uns gestorben ist, im Abendlande für ihn wieder auferstehen soll.

       Das war ganz derselbe Gedanke, dem die Tochter des Amerikaners nur einen andern Ausdruck gegeben hatte, als

       sie von dem schlafenden Prinzen sprach, welchen eine abendländische Jungfrau aufzuwecken habe. Und wie

       einverstanden war ich mit ihrer Frage: »Was bringe ich mit?« Wollen wir ehrlich sein, so müssen wir zugestehen: Wer

       nach dem Morgenlande kommt, der will ihm nicht etwa dankbar sein, sondern noch mehr, immer mehr von ihm haben, als

       er schon von ihm bekommen hat. Der Osten hat gegeben, so lange und so viel er geben konnte. Wir haben uns an ihm

       bereichert fort und fort; er ist der Vater, der für und an uns arm geworden ist. Denken wir doch endlich nun an unsere

       Pflicht!

       Wir ahnen gar nicht, welche geistigen Summen wir ihm schuldig sind. Wir werden sie ihm, und zwar mit Zinsen,

       zurückzahlen müssen, gleichviel, ob wir wollen oder nicht. Die Vorsehung ist gerecht. Sie gibt Kredit, doch nicht für

       ungezählte Generationen oder gar

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