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du weißt, und zufällig verstehe ich mich ein wenig darauf. Es ist ein Spiel der Taktik und Strategie, falls du die Begriffe unterscheiden kannst, und wenn man schnell genug ist, so wie ich, und den Dampf des Rauschkrautes nicht bis in die Lunge dringen läßt, dann kann man ein« – er legte eine kleine nachdenkliche Pause ein – »Geschicklichkeitsspiel daraus machen.«

      »Beim Falschspiel ergaunert also, und jetzt muß sie möglichst schnell aus Methumis verschwinden«, faßte Fuxfell den Bericht zusammen. »Was soll sie kosten? Viel Geld habe ich nicht.« Wie zum Beweis ließ er die Rechte in die Tasche seiner Jacke gleiten und klimperte mit ein paar Münzen.

      »Wer redet von Geld, wer redet von Dukaten?« Die Ratte riß erstaunt die Äuglein auf. »Glaubst du, ich würde mein Kleinod für schnödes Gold verschachern?« Nachdenklich betrachtete er sein Gegenüber, ließ den Blick zur Theke wandern, von dort zur Tür, durch die eben ein paar betrunkene Schauerfrauen grölend in den Gastraum stolperten. »Dein Ring gefällt mir«, sagte er unvermittelt.

      »Der Ring ist unverkäuflich!« Fuxfell ballte die Rechte in der Tasche zur Faust. »Er ist ein Erbstück …«

      »Ein Erbstück, ja ich weiß«, erwiderte Ratzo nickend, »von deiner Mutter Suleibeth Fuxfell, Boron hab sie selig – seltsamer Name für eine Tulamidin übrigens –, aber ich wollte ihn auch nicht kaufen, mein Lieber, ich will ihn eintauschen, und zwar gegen das zweitbeste Pferdchen der Welt, samt Sattel, Zaumzeug und …«

      »Du scheinst es sehr eilig zu haben, Ratte. Sind sie schon hinter dir her?« Fuxfell griff lachend zum Becher, stellte fest, daß dieser leer war, und wollte ihn von neuem füllen. Aber auch der zweite Krug war schon fast bis zur Neige geleert, wie er überrascht bemerkte. »Wie heißt die knochige Person noch gleich? Aischa? He, Aischa, noch einen Krug!« Er schwenkte den leeren Krug, um die Aufmerksamkeit der Schankmagd zu erregen, und als das Mädchen den Wein brachte, zählte er sorgsam sechs Heller auf den Tisch. »Zurück zu meinem Ring.« Fuxfell betrachtete ihn kurz, dann langte er nach dem Krug.

      Doch bevor er den Henkel erreichte, schloß sich Ratzos Linke um sein Handgelenk. »Du trinkst zuviel, mein Lieber, das ist nicht gut für dich, es raubt dir …«

      »Den Saft, ich weiß, die Kraft, so kümmerlich sie auch sein mag«, fiel Fuxfell ihm ins Wort. »Das wolltest du doch sagen, nicht wahr?«

      Ratzo nickte mit unbewegtem Gesicht. »Ja, darauf wollte ich zu sprechen kommen.«

      »Dann laß dir sagen«, fuhr Fuxfell fort, »daß dich erstens meine Kraft einen Haufen Dämonendung angeht und daß sie zweitens in der Tat so kümmerlich bemessen wurde, daß es kaum einen Unterschied macht, ob sie wächst oder schrumpft. Viel ist da leider nicht.« Gedankenverloren griff er nach dem Krug, und diesmal ließ ihn Ratzo gewähren. »Das hat meine Mutter und Lehrmeisterin früher schon behauptet, und später hab ich’s dann mal von den Hesindepfaffen überprüfen und bestätigen lassen. Worauf willst du eigentlich hinaus?« Mißtrauisch beobachtete er die Ratte.

      »Daß zum Beispiel so ein Boltan-Spiel, wie du es eben diesem blonden Prachtweib verweigert hast, jederzeit für ein paar Silberstücke gut ist. Was schaust du so verwirrt? Ich hab dich beobachtet, als du in den Drillfisch kamst – schließlich warte ich hier schon seit der zwölften Stunde auf dich.« Er lachte und glich mehr denn je einer Ratte, wie Fuxfell befand. »Das Geschäft lautet folgendermaßen«, sagte er, unvermittelt ernst geworden. »Dein Ring gegen das Pferd samt Sattel und so weiter, dazu ein wenig Kraft, die dir für immer gehören wird, wenn du sorgsam damit umgehst.«

      »Welcher Magier sollte dir oder mir etwas von seiner Kraft abtreten?«

      »Ein Scharlatan, über den ich mehr weiß, als gut für ihn ist. Aber du hast bei diesem Geschäft keine Fragen zu stellen.« Die kleinen Rattenaugen bohrten sich in Fuxfells Blick. »Du mußt dich nur entscheiden, und zwar schnell: ja oder nein?«

      »Woher weiß ich, daß du mich nicht betrügst?« Fuxfell fühlte sich plötzlich sehr unwohl in seiner Haut. Ich hätte nicht soviel trinken sollen, dachte er. Wie kann ich jetzt die richtige Entscheidung treffen? Ein gutes Pferd und etwas Kraft, das klingt verlockend – aber der Ring …

      »Du kannst es nicht wissen«, unterbrach Ratzos Stimme den Lauf seiner Gedanken, »ebensowenig, wie ich wissen kann, ob du mir nicht dein spitzes Eisen zwischen die Rippen stichst, sobald du das Pferdchen siehst. Du sehnst dich nach Macht, bist aber nur ein kleines Tempellicht.« Ratzos sprach jetzt leise und klar. »Nun ja, das wirst du auch bleiben, eine Koryphäe kann mein Mann nicht aus dir machen. Aber ein bißchen besser und mächtiger kannst du werden, wenn du willst. Und du brauchst ein Pferd und hast kein Geld. So ist deine Lage.« Er lachte. »Und ich muß für eine Weile unsichtbar werden und will deinen Ring. Ich will ihn schon immer. Also, entscheide dich, und zwar schnell, ich habe noch mehr Interessenten für Fatima.«

      »Wieviel Kraft?« fragte Fuxfell.

      »Du hast doch früher gelegentlich und wenig erfolgreich mit diesem Freundschaftszauber herumexperimentiert. Nun, in Zukunft könnte er dir etwas zuverlässiger gelingen. Vielleicht kann mein Mann dir auch eines von seinen Gauklerstückchen beibringen – bunte Flämmchen und dergleichen, du weißt schon …«

      »Also gut«, stimmte Fuxfell nach einer Weile zu, »der Handel soll gelten. Führ mich zuerst zu dem Pferd und dann zu deinem Scharlatan.«

      Ratzo erhob sich und nahm seinen Hut vom Haken. »Dann komm«, sagte er, »und achte darauf, daß du dein spitzes Eisen auch recht gut festhältst, damit kein Räuber dir etwas zuleide tun kann.« Er kicherte, während er sich einen Weg zur Tür bahnte.

      Kühl und sternenklar hatte die Nacht ihren Mantel über Methumis gebreitet. Aus dem Drillfisch und den anderen Hafenschenken erklangen Gelächter und Gesang, sonst war es still. Vom fernen Hesindetempel ertönte ein Gongschlag.

      Als Zordan Fuxfell der Ratte Ratzo Nattel durch die dunklen, verlassenen Gassen folgte, hielt seine Rechte den Griff des Rapiers fest umklammert. Aber in dieser Nacht drohte seinem Leben keine Gefahr.

      3. Kapitel

      Klein-Thalionmel weinte laut und zornig. Sie schätzte es gar nicht, gewindelt und gewickelt zu werden. Viel lieber wollte sie mit ihren rundlichen kleinen Beinen im Sonnenlicht strampeln, das als heller schräger Balken durch das Fenster in die Kinderstube und auf das Wickeltischchen fiel. Aber die Kinderfrau hatte kein Erbarmen; mit einem energischen Griff packte sie die kleinen rosigen Füße und hatte trotz heftiger Gegenwehr des Säuglings die Beine bald in die Stellung gebracht, die sie benötigte, um die weichen Wickeltücher ordnungsgemäß darumzuwinden. »Bist ein kräftiges kleines Persönchen«, sagte sie lachend, »aber es hilft dir nichts, noch bin ich stärker als du. Und nun hör auf zu weinen – was soll denn die Herrin von uns beiden denken, wenn sie die nassen Wangen und das triefende Näschen sieht?« Vorsichtig tupfte Witwe Westfahr das Gesicht des Kindes trocken. Bei den der Reinlichkeit und Pflege dienenden Verrichtungen hatte sich ihr Haarknoten allmählich gelöst, und nun fiel eine dicke Strähne in Reichweite der winzigen Säuglingshände. »Au!« entfuhr es der Kinderfrau, als die Fingerchen sich in ihrem Haar verkrallten und energisch zogen. »Hast wirklich Bärenkräfte, mein Liebling, aber nun laß los!« Doch das Kind hörte nicht auf sie und zog immer fester, wobei allmählich die Tränen versiegten und das kleine Gesicht vor Freude erstrahlte.

      Die Tür wurde aufgerissen, und Kusmine, erhitzt und ein wenig außer Atem, stürmte ins Zimmer. Sie hatte soeben ihre Fechtstunde absolviert, zu der regelmäßig seit ihrer Eheschließung einmal im Mond ein Fechtlehrer aus Neetha anreiste und dann für einige Tage als Gast, Lehrmeister und Übungspartner der Herrin im Gutshause weilte. Auch Durenald hatte in den ersten Jahren fleißig am Unterricht teilgenommen, später, als die Zeit und die gute Verpflegung durch Küchenmeisterin Titina ihm ein wenig von seiner Beweglichkeit genommen hatten, beschränkte sich die Teilnahme mehr und mehr aufs Zuschauen, wobei er es sich niemals versagen konnte, Kusmine nach der Lektion zuzuflüstern, daß es eigentlich an dem Fechtlehrer sei, sie, Kusmine, zu bezahlen, anstatt umgekehrt. An diesem Morgen jedoch war er schon früh ausgeritten, da er seinem Weib für den nächsten Praiostag einen saftigen Wildschweinbraten versprochen hatte.

      »Thalionmel, kleine Kriegerin,

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