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       Frithjof Bergmann

       Die Freiheit leben

       Aus dem Amerikanischen übersetzt von Michael Schäfer

      Für Jandy und Lukas

      © 2005 Frithjof Bergmann

      Alle Rechte vorbehalten

      Lektorat: Eva Bachmann

      Titelfoto: ©plainpicture/Thöt, P., 2005

      Umschlaggestaltung und Satz: Rosalie Schnell – blauburg

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       www.arbor-verlag.de

      ISBN E-Book: 978-3-86781-364-8

      Wichtiger Hinweis

      Die Ratschläge und Übungen in diesem Buch sind von der Autorin sowie dem Verlag sorgfältig geprüft worden. Dennoch kann eine Garantie nicht übernommen werden. Bei Beschwerden sollten Sie auf jeden Fall eine Ärztin, Psychotherapeutin, Psychologin oder Heilpraktikerin Ihres Vertrauens zu Rate ziehen. Eine Haftung der Autorin oder des Verlages für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist ausgeschlossen.

      Im Bemühen um einen Beitrag zu achtsamer Gendergerechtigkeit wechseln generisches Maskulinum und generisches Femininum im folgenden Text ab, stets beginnend mit dem Femininum. Ist dies sprachlich nicht möglich oder inhaltlich nicht präzise, werden auch bloßes Femininum, Alternativauszeichnungen oder ein Binnen-I verwendet. Ist nicht inhaltlich explizit auf eine Geschlechtsidentität hingewiesen, stehen beide Formen stets für Personen beliebiger, im jeweiligen Kontext irrelevanter Geschlechtsidentität.

      Inhalt

       Vorwort zur deutschen Ausgabe

       1 Den Widerspruch bloßlegen

       2 Eine Theorie der Freiheit

       3 Freiheit und absolute Unabhängigkeit

       4 Wählen können – frei sein?

       5 Freiheit und das Selbst

       6 Freiheit und Erziehung

       7 Freiheit und Gesellschaft

       Anhang

      Vorwort zur deutschen Ausgabe

      Der Kern dieses Buches ist ein einziger Kontrast. Die beste Formel, die ich dafür gefunden habe, ist der Unterschied zwischen einem Gott und der Verunstaltung dieses Gottes zu einem Götzen. Die Freiheit ist zum Götzen verhunzt worden. Am aktuellsten erleben wir diesen Götzendienst gerade im Irak. Götzendienst war schon immer mit Menschenopfern, mit dem Verbrennen von Menschen verbunden, und das ist jetzt auch bei George W. Bush so: Seine Vorstellung, dass die Art von Wahl, die man jetzt im Irak erzwungen hat, Freiheit bedeutet, ist Götzendienst. Diese Wahl hat ebensowenig mit wirklicher Freiheit zu tun wie die Anbetung eines Zahns, der angeblich einmal im Kiefer eines Heiligen gesteckt hat, mit echter Religiosität.

      Die Verfälschung der Freiheit zum Götzen entstand im 18. Jahrhundert. Damals entwickelte sich die Idee, Freiheit sei die Abwesenheit aller Grenzen. Das war das Zeitalter, in dem das symbolische Bild für die Freiheit der „leere Raum“ wurde, ein Raum, in dem man von nichts eingeschränkt oder behindert wird. Dies ist der völlig leere Raum, in dem ein Astronaut taumelt, wenn seine Sauerstoffschläuche durchgeschnitten worden sind. Freiheit als die Idee, dass „alles möglich“, dass „alles erlaubt“ ist; dass wir frei sind, wenn es keine Zäune mehr gibt (die amerikanische, die Cowboy-Idee der Freiheit: „Don’t fence me in“). Das ist die Quintessenz der Götzen-Idee der Freiheit.

      Man muss das Perfide, das Alles-auf-den-Kopf-Stellende, das in der Tat Reaktionäre an dieser Verfälschung in seiner lachhaft transparenten Klarheit sehen. Jede Mutter und jeder Vater und jeder Lehrer weiß, dass es ohne Grenzen „einfach nicht geht“, dass „keine Grenzen“ das Chaos, den Untergang im Durcheinander, in der Wüstenei bedeuten. Und das war und ist die plumpe, bauernschlaue, unterdrückerische Logik hinter dieser Verhunzung und Verunstaltung der Freiheit. Leichter konnte und kann man sich das Irreführen kaum machen. Mit einem einzigen taschenspielerhaften Falschmünzertrick konnte und kann man eine Unzahl von Menschen an der Nase wegführen von der Freiheit. Wenn man Freiheit so definiert, wenn man ihr diese Bedeutung in die Schuhe schiebt – oder um den Hals hängt –, dann erkennen ja die meisten Menschen sofort, sozusagen auf den allerersten Blick, dass Freiheit auf gar keinen Fall realisierbar oder praktikabel ist. Der innere Drang bleibt vielleicht abgeschwächt noch bestehen, aber alle „vernünftigen“ Menschen sind sich jetzt einig, dass es in ein ganz fürchterliches Pandämonium hineinführen würde, wenn man die Freiheit ernst nähme, sie „leben“ würde. Und deshalb ist der selbstverständliche nächste Schritt in dieser Logik: Wenn die Freiheit so aussieht, dann versteht man jetzt, aus ganz eigener innerer Überzeugung, die Notwendigkeit der Autorität, der Grenzen, der Polizei, der Gefängnisse, ja der Staatsgewalt. Auf Deutsch: Man erkennt jetzt, durch diese Falsch-Definition, die absolute Notwendigkeit der Unfreiheit – und welch ein Triumph, was für ein lachendes Fest für die Herren der Erde: Ein Wortspiel hat genügt! Eine kleine Gaukelei! Man musste der Freiheit nur eine plumpe, fratzenhafte Maske aufsetzen, und Simsalabim: Schon waren die Menschen dazu bereit – jetzt auch noch freiwillig! –, weiter die Galeeren zu rudern.

      Weil diese Karikatur der Freiheit sofort zum Chaos führ­ten, würde man sie im Ernst verwirklichen, geschieht das also nicht. Man wird sich im Vorfeld darüber klar, dass die Freiheit eine Unmöglichkeit ist. Deshalb wird man, wie sehr viele heute, zynisch, oder was vielleicht noch schlimmer ist: Man wird „realistisch“, „pragmatisch“, mit anderen Worten: klein – und kleinkariert. Ein bisschen Freiheit, aber bitte nur in genau abgesteckten Grenzen. Freiheit ja, aber nur in einem Käfig, dessen Gitterstäbe „Verantwortung“ heißen. Dieses Beschneiden der Freiheit, diese unendlich vielfältigen Arten der Kastration: Auch sie wurden durch die Bedeutungs-Verfälschung der Freiheit vorbereitet – mehr noch, sie werden durch diese Verfälschung gerechtfertigt und zu etwas Selbstverständlichem gemacht.

      Aber das Thema dieses Buches ist ein Gegensatz. Die ursprüngliche, eigentliche, authentische Idee der Freiheit war nämlich völlig und von Grund auf anders! So anders, aus so ganz anderem Holz geschnitzt, dass man sich wundern muss, wie es überhaupt dazu kam, dass zwei so grundverschiedene Dinge denselben Namen bekamen. Freiheit im eigentlichen und wahren Sinne drückt sich in ganz anderen Bildern aus: nicht im Bild des grenzenlosen leeren Raums, sondern im Urbild eines Menschen, der nicht Sklave ist, der nicht auf den Knien liegt, der sich nicht artig verbeugt; im Bild einer Frau, die ihren eigenen Willen hat, die selber entscheidet; im Bild eines Menschen, der Kraft hat, der sich selbst achtet und eben deshalb nicht die Stiefel eines anderen küsst – auch wenn dieser andere Macht und Titel besitzt.

      Dass die Götzen-Idee der Freiheit grauenvolles, zum Himmel schreiendes Unheil angerichtet hat, ist am Ende sogar leichter zu begreifen und auch leichter anzuklagen und zu beschreiben als die Kehrseite: Wie lebt man das, was Freiheit eigentlich ist? Wie hilft man anderen Menschen, seinen eigenen Kindern, Schülern oder Studenten, freie Menschen, das heißt: kraftvolle, wirklich und tatsächlich lebendige, lebende Menschen zu werden, Menschen, die sich selbst nicht hassen, sondern sich an sich selbst freuen? Mit welcher vielleicht ganz anders

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