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Sinneswahrnehmungen enden.

      Dabei vergessen wir gerne, dass wir Teil eines größeren Ganzen sind, das zu durchschauen unser Gehirn nicht in der Lage ist. Das richtige Maß bedeutet also auch, das uns nicht Zugängliche zu akzeptieren und mit ihm zu rechnen. Wenn wir das verweigern, verlassen wir das richtige Maß ebenfalls, genau wie wir es verlassen, wenn wir umgekehrt nur noch mit dem Kopf im Himmel leben und dabei den Boden unter den Füßen verlieren.

       Der wertvolle Blick von außen

      Der namenlose Astronaut in Star Maker wusste jedenfalls mehr, als wir wissen, und er machte weitreichendere Bekanntschaften als unsereins. Denn unsere Versuche, mit außerirdischem Leben Kontakt aufzunehmen, waren bisher erfolglos. Sonst wäre ein Vertreter oder eine Vertreterin einer galaktischen Spezies schon in einer der großen Talkshows gesessen.

      Sollte es fremde Intelligenzen geben, scheinen sie nicht besonders kommunikativ zu sein. Mit uns zumindest kommunizieren sie nicht. Ist es trotzdem möglich, dass uns von irgendwo aus dem All Wesen bei dem, was wir tun, wie wir uns entwickeln und was wir gerade mit unserem Planeten machen, beobachten?

      Es ist eine Frage, die nie an Faszination verliert. Die NASA befasste sich 2018 mit möglichen Hinweisen auf die Existenz von Aliens und veranstaltete dazu sogar ein Symposium. 2020 fand eine weitere Tagung zu diesem Thema statt, deren Ergebnisse in der Fachzeitschrift Acta Astronautica nachzulesen waren. Es ging nicht darum, ob sich außerirdisches Leben direkt aufspüren lässt, sondern ob es Planeten oder Sterne gibt, auf denen sich so etwas wie Umweltverschmutzung feststellen lässt. Sprich, ob sich in der Weite des Weltraums kontaminierte Areale finden, die sich nicht evolutionär erklären lassen.4

      Die Antworten darauf sind nach wie vor irgendwo da draußen. Doch wer eine Leidenschaft für freundliche oder feindliche Bewohner anderer Galaxien hat, darf weiter an ihre Existenz glauben, und das durchaus auf rationaler Basis.

      Mitte April des Jahres 2021 bestätigte das Pentagon die Echtheit eines Videos, das dreieckige Flugobjekte am Himmel zeigt, die sich ungewöhnlich schnell bewegen. Sie heißen nicht mehr UFOs, sondern UAPs, auf Deutsch »Unidentifizierte Luft-Phänomene«, oder AAVs, das steht für »Anomale Luftfahrzeuge«. Eines der Videos ist auf YouTube zu sehen und hat ausnahmsweise nichts mit Verschwörungstheorien zu tun. Die Aufnahme entstand im Juli 2019 an der Küste von San Diego. Das keilförmige Objekt flog rund 200 Meter über einem Schiff der Navy.

      Ein ähnliches, unbekanntes Flugzeug tauchte schon zuvor in der Nähe der Naval Air Station Oceana im US-Bundesstaat Virginia auf. Der Filmemacher Jeremy Corbell und der Reporter George Knapp stellten eine Aufnahme davon online. Eine Taskforce, die sich mit UAPs beschäftigt, habe »das Material in die Akten aufgenommen«, heißt es aus dem Pentagon. Das US-Verteidigungsministerium will keine weiteren Untersuchungsergebnisse präsentieren. »Das wird nicht öffentlich diskutiert«, sagte ein Sprecher und bedankte sich für die Aufmerksamkeit.

      Im Mai 2021 überraschte der Sender CNN mit einer Dokumentation über diverse UAP-Sichtungen inklusive Videomaterial. Sean Cahill, Offizier der US Navy, und Christopher Mellon, ehemals stellvertretender Verteidigungsminister für Geheimdienste, teilten im Interview ihr Wissen mit der Welt. Cahill berichtete als Augenzeuge: 2004 war er Oberstabsbootsmann an Bord der USS Princeton und sah ein Flugobjekt mit einer Technologie, die unser Wissen »um 102.000 Jahre übertraf«, wie er sagte. Das Objekt hatte keine Steuerflächen. »Es bewegte sich in Überschallgeschwindigkeit, und es schien immer schon im Vorhinein zu wissen, was unsere Piloten vorhatten.« Ex-Vizeverteidigungsminister Mellon betonte, dass es »keine Feindseligkeit gab«. Dennoch wurde die Begegnung als »besorgniserregend« eingestuft.

      Vielleicht stehen wir also unter Beobachtung wie Labormäuse. Durch jemanden, der uns gerade dabei zusieht, wie wir unseren Planeten an die Wand fahren, und der darüber vielleicht in den Medien einer Gesellschaft, die uns 102.000 Jahre voraus ist, nüchtern und objektiv berichtet. Der eins und eins zusammenzählt und sagt: Wenn die so weitermachen, dann war‘s das bald für sie.

      Wie dem auch sei, wir wären selbst als Spezies dafür ausgestattet, uns von außen zu beobachten. Wir könnten uns die Entwicklungen und den Kurs des Raumschiffes Erde nüchtern ansehen. Wir könnten die Scheuklappen ablegen, Fragen stellen, Schlüsse ziehen, selbst eins und eins zusammenzählen und dabei für die Zukunft lernen. Es fehlt uns dazu bloß an ernsthafter Selbstreflexion. Das ist genau der Mangel, der in Star Maker das Schicksal aller hoch entwickelten Kulturen besiegelte.

       Die Eleganz des Weglassens

      Wie der Astronaut aus Star Maker uns wohl sehen würde, genau heute? Wie würde er den Kurs des Raumschiffes Erde einschätzen? Sähe er eine Chance, unser Harakiri mit Anlauf, unsere kollektive Selbstausrottung, noch abzuwenden?

      Der britische Science-Fiction-Autor Stapledon könnte darüber wahrscheinlich einen eigenen Roman schreiben, wäre er nicht im Jahr 1950 verstorben. Der Plot wäre spannend. Er würde von einer Gesellschaft handeln, die dem Übermaß, das sie lange als Lebensstil propagiert und etabliert hat, mit dem Geist der Moderne begegnen muss, um sich selbst zu retten.

      Mit der Eleganz des Weglassens.

      Mit der Entdeckung des richtigen Maßes.

      Dann bestünde die zentrale Frage vielleicht darin: Schafft sie das? Oder geht sie unter wie so viele Gesellschaften vor ihr?

       Der Verlust des richtigen Maßes

      Der Schriftsteller Ezra Pound sagte einmal weise Worte5:

      Der Untergang jeder Hochkultur beginnt mit dem Niedergang der Sprache.

      Stimmt das, dann sieht es schlecht aus. Denn der Wortschatz der Schulanfänger sinkt Jahr für Jahr und bei der Grammatik schleicht sich selbst im vermeintlich Hochdeutschen ein gewisser Schlendrian ein.

      Pounds apodiktischer Behauptung lässt sich immerhin einiges entgegensetzen. Nicht jede SMS muss gleich ein Stück Literatur sein, nicht jede Meinung ein geschliffen formulierter Gedanke, nicht jeder Dialog ein Anwärter für den Drehbuch-Oscar. Sprache unterliegt einem steten Wandel, der vor allem ältere Menschen schon immer gestört hat.

      Doch es gibt viel drastischere Hinweise auf den Untergang unserer Kultur, sei es das Schreckgespenst des Klimawandels oder sei es dieses kleine Virus, das die ganze Welt auf den Kopf stellte, und dem vielleicht andere, gefährlichere Viren folgen werden. Es scheint jedenfalls, als würden wir sechsspännig in den Untergang fahren, die Peitsche schwingend und den Fahrtwind in den Haaren, hüa!

      Was die Bibel in Genesis 11, dem Turmbau zu Babel, erzählt, scheint sich gerade zu wiederholen. Der Mensch möchte nach oben, immer weiter, immer höher, von der Erde weg, alle Grenzen durchstoßen, hinauf in den Himmel, das richtige Maß verlierend. Er möchte sein wie Gott, allwissend, allmächtig. Dumm nur, dass es dabei zum Sündenfall kommt und die Sache böse endet. Schon Homer, der früheste Dichter des Abendlandes, wusste das. Vor rund 2.800 Jahren notierte er:

      Erheb sich nimmer ein Mann zu frevlem Hochmut, sondern still empfang er ein jedes Geschenk von den Göttern.

       Worum es geht

      In diesem Buch, in dem ich Sie hiermit herzlich begrüße, hinterfragen wir, was die Suche nach dem richtigen Maß bedeutet. Welche innere Einstellung sie uns abverlangt. Es geht um die Kunst großzügiger Zurückhaltung und um die lebensverändernde Macht, die in ihr steckt.

      Diese Suche ist nicht nur ein Gebot der Stunde, um das Raumschiff Erde zurück auf eine moderate Flugbahn zu bringen. Auf eine, auf der es noch 102.000 Jahre lang und darüber hinaus durch das Weltall cruisen kann. Es geht auch darum, dass wir nur in Ausübung dieser Kunst den eigentlichen Sinn unseres Lebens als Menschen auf diesem Raumschiff entdecken und erfüllen können. Denn diese Kunst befähigt uns, das zu werden, was wir sein können.

      Das

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