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      Sentenza sah zu DiMersi.

      Als sie seinen Blick registrierte, grinste sie. Ob ihre kleinen Differenzen damit beiseitegelegt waren, wusste er nicht. Aber sie hatte recht. In der letzten Woche hatten sie mehr als ein halbes Dutzend Hyperraumflüge durchgeführt, ohne eine Wartungsstation anlaufen zu können. Die Überlichtantriebe galten als unzuverlässig und relativ reparaturanfällig. Es war ein Wunder, dass bisher noch alles reibungslos funktionierte. Arbeitete Neue Welten wirklich so gut oder verdankten sie den Umstand ebenfalls dem von ihm in den Bordrechner eingesetzten KI-Plasma?

       Was, wenn die KI nicht nur auf die Steuerung reagiert, sondern Einfluss auf sämtliche Bordfunktionen nehmen kann?

      Der Gedanke schnürte ihm die Kehle zu. War die Crew dann der Ikarus auf Gedeih und Verderb ausgeliefert? War er überhaupt noch Kommandant dieses Schiffes?

      Sentenza entspannte sich und vertraute auf seine innere Eingebung, als er seinerzeit das Plasma an sich brachte und in den Bordcomputer der neuen Ikarus einsetzte. Inzwischen war die Zuflucht auf dem Hauptschirm wieder ein gutes Stück größer geworden. Deutlich hob sich die von innen beleuchtete Kuppel vom restlichen, eher dunklen Rumpf ab. Eine beeindruckende Konstruktion. Man erzählte sich, dass die alten Kolonialschiffe vor der Großen Stille Biosphären besaßen, in denen die Kolonisten während des langen Flugs zu bewohnbaren Welten Gärten bebauten und Felder bestellten. Roderick Sentenza fragte sich, welchen Zweck die Sphäre auf dem Missionsschiff erfüllte. Heutzutage wurden Sprungtore benutzt, um ohne Zeitverlust von einem Sonnensystem zum nächsten zu gelangen. Der Unterhalt dieser Biosphäre musste Unmengen an Energie verschlingen.

      »Sie sind nicht schnell genug.« Trooids Stimme riss Sentenza aus den Überlegungen. Eine schematische Anzeige auf den kleineren Bildschirmen verdeutlichte, was der Droid zum Ausdruck brachte. Das Kuppelschiff hatte eine viel zu geringe Fluchtgeschwindigkeit, um der Ikarus mit Unterlichtantrieb davonfliegen zu können. Sie holten es spielend ein.

      »Weenderveen, versuchen Sie weiterhin, Kontakt herzustellen.«

      »Bin am Ball, Captain, aber ich befürchte fast, die haben absichtlich ihre Empfangsanlage abgeschaltet. Ich bekomme keine Bestätigung, dass unsere Signale zu ihnen durchdringen.«

      Keine zwei Minuten darauf war die Ikarus in Waffenreichweite. Nicht, dass Sentenza ernsthaft mit dem Gedanken gespielt hätte, das Feuer auf das Sektenschiff zu eröffnen. Der Marinebegriff kennzeichnete lediglich die Entfernung zweier Schiffe zueinander, ohne sich auf Maßeinheiten festzulegen. Noch immer antwortete niemand, obwohl deren Empfangsantennen sprichwörtlich längst glühen mussten.

      Sonja stellte fest, dass das Schiff keine nennenswerte Bewaffnung besaß. Abwehrschilde und leichte Strahlgeschütze, die kleinere Meteoriten pulverisieren konnten.

      »Hoffentlich sprengen die sich nicht selbst in die Luft«, murmelte Weenderveen.

      Sentenza lief es eiskalt den Rücken herunter. Wer Fluchtkapseln mit Detonationssätzen ausstattete, verfügte sicherlich auch über eine Selbstzerstörungseinheit für das Mutterschiff.

      Blieb zu hoffen, dass der selbst ernannte Erlöser mehr am eigenen Leben hing als an dem seiner Jünger.

      »Da tut sich was!«, rief Thorpa erregt aus.

      Trooid vergrößerte die Bildansicht. Im unteren Ringwulst öffnete sich ein Schott und entließ eine der sternförmigen Rettungskapseln. Wie eine leuchtende Sonne raste das kleine Fluchtgerät der Ikarus entgegen.

      »Korrigiere Kurs«, sagte Trooid.

      Die Sternkapsel verschwand kurz aus ihrem Sichtbereich, war jedoch wenige Lidschläge später wieder zu sehen.

      »Was war das?«, wunderte sich Weenderveen.

      »Die Kapsel hat unsere Kurskorrektur ausgeglichen und fliegt weiter auf uns zu«, erklärte Sonja bedrückt. »Rod, ich hab ein ungutes Gefühl bei der Sache.«

      Sentenza nickte. Die Zuflucht besaß nicht die notwendige Bewaffnung, um der Ikarus zu schaden. Das Explosionspotenzial der Fluchtkapseln allerdings schon.

      »Ausweichmanöver!«, bellte Sentenza. »Schilde hoch!«

      Trooid reagierte sofort. Thorpa, Sonja und Weenderveen sicherten sich mit Gurten. Plötzlich brach Hektik auf der Brücke aus. Der Alarm gellte durch die Decks des Corpsraumers. Anande meldete sich über Interkom, wurde aber von Sentenza an Weenderveen verwiesen. Die Anfrage aus An’tas Quartier ignorierte der Captain. Er beorderte einen ihrer Kampfroboter zum Wohndeck, um Priester Lemore im Auge zu behalten. Am wenigsten konnten sie jetzt Zivilisten inmitten eines Angriffs auf der Brücke gebrauchen.

      Die Ikarus flog einen Zickzackkurs und hielt dabei weiterhin auf die Zuflucht zu. Doch die Fluchtkapsel zog jedes von Trooid initiierte Manöver mit wenigen Sekunden Zeitdifferenz nach und näherte sich wie ein abgefeuerter Torpedo dem Ambulanzraumer.

      »Ich habe den Scheitelpunkt berechnet, an dem wir auf jeden Fall mit der Kapsel zusammentreffen«, rief Trooid.

      »Sie können sie nicht abschütteln?«, wunderte sich Sentenza.

      »Waffensysteme aktivieren?«, fragte Weenderveen und ließ schon seine Finger über die Tasten gleiten, weil er meinte, den Befehl des Captains im Voraus zu erahnen. Entsprechend überrumpelt wirkte er denn auch, als Sentenza Gegenteiliges anordnete.

      »Schrauben Sie den Dirty Darius ein wenig zurück, Weenderveen. Wir schießen nicht. Sonja, gibt es Lebenszeichen an Bord der Kapsel?«

      Sentenza traute dem sogenannten Erlöser durchaus zu, dass er seine Leute diesen Kamikazeangriff fliegen ließ und dadurch vielleicht gewährleistete, dass das Rettungsschiff aus humanen Gründen nicht feuerte.

      »Negativ, aber ich orte ein schwaches Funkfeuer, das die Kapsel mit der Zuflucht verbindet. Sie wird ferngesteuert.«

      »Haben wir eine Möglichkeit, das Signal zu unterbrechen?«

      Sonja schüttelte den Kopf. »Sender und Empfänger sind abgeschirmt und arbeiten nur auf einer Frequenz. Scheint, als machen die so etwas nicht zum ersten Mal.«

      »Zeit bis zum Auftreffen?«

      Trooid warf einen kurzen Blick auf die Instrumente, korrigierte zum wiederholten Mal den Kurs. »Zwei Minuten.«

      Sentenza merkte, wie ihm der Schweiß über die Stirn perlte. Er wollte unnötige Aggressionen vermeiden, doch angesichts der Situation spielte er tatsächlich mit dem Gedanken, die Fluchtkapsel aus dem Universum zu pusten.

      »Hyperraumsprung vorbereiten!«, befahl er und erntete entsetzte Gesichter und panisches Nachfragen.

      »Was?«, riefen Thorpa und Sonja gleichzeitig.

      »Sir, wir befinden uns zu dicht an den Gravitationsfeldern von Albira II und der Zuflucht«, räumte Trooid ohne eine Spur von Nervosität ein. »Wenn wir jetzt in den Hyperraum springen, wird die gravimetrische Verzerrung …«

      »Trooid!«, fiel Sentenza dem Droiden ins Wort. »Ich habe in der Raummarine des Multimperiums gedient und kenne mich mit galaktischer Navigation aus. Aktivieren Sie den Hyperantrieb und schalten ihn sofort wieder aus. Wir wollen nicht wirklich in den Hyperraum eintauchen, sondern ihn nur so weit berühren, dass wir uns aus der Schusslinie katapul…«

      Weiter kam er nicht. Trooid schrie etwas. Die Ikarus kippte seitwärts weg, so abrupt, dass die Trägheitsdämpfer versagten und die Mannschaft heftig in ihre Gurte gepresst wurde. Schraubenförmig bohrte sich der Kreuzer in den schwarzen Samt des Alls hinein und beschleunigte auf knapp zwanzig Prozent der Lichtgeschwindigkeit.

      Sentenza sah Trooids Reaktion. Der Droid hatte die Schalter nicht einmal angerührt und streckte die Hände jetzt demonstrativ von sich.

      Die KI hat übernommen, dachte der Captain.

      Auf dem Bildschirm und der taktischen Anzeige konnten sie das Manöver ihres Schiffs mitverfolgen. Es kreiselte unablässig um die eigene Achse, flog

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