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Diese Erkenntnis, die wir Niels Bohr, Erwin Schrödinger, Werner Heisenberg und Albert Einstein zu verdanken haben, als sie das Wesen der Atome, der kleinsten Teile unserer Materie, beschrieben und vorhersagten, ist rund 100 Jahre alt. Darüber hinaus sind die Eigenschaften der Teilchen auch nicht eindeutig festgelegt. Diesen Umstand werden sich in Zukunft „Quantencomputer“ zunutze machen, die wie klassische Computer Algorithmen ausführen und mit Zahlen rechnen, aber auch imstande sein werden, die schwierigsten Aufgaben – wie beispielsweise chemische Berechnungen – zu lösen.

      Sind bei klassischen Computern Bits die kleinste Informationseinheit, kommen beim Quantencomputer Qubits zur Anwendung, deren klar definierte Zustände von „0“ und „1“ nicht mehr nur „entweder-oder“ bedeuten, sondern durch die Möglichkeit der Überlagerung von zwei Zuständen außerdem „sowohl als auch“ heißen können.

      Der österreichische Quantenphysik-Professor Peter Zoller spielt mit seinem Innsbrucker Universitäts-Spin-off „Alpine Quantum Technologies“ in der ersten Liga der Forschung und will bis 2022 einen Quantencomputer zur Marktreife bringen. „Quantencomputing wird aber zunächst weniger der Verkauf von Hardware sein, sondern Computer über eine Quanten-Cloud zur Verfügung zu stellen. Von außen wählt man sich in eine Quantenmaschine ein, die rechnet. Das ist der Markt, der entstehen wird.“12

      Google, IBM, Microsoft, China, die EU, zahlreiche Geheimdienste und wohl noch einige andere arbeiten seit 20 Jahren fieberhaft an der Entwicklung von Quantencomputern. „Ein Quantencomputer, der eine Aufgabe bewältigt, die selbst für die größten herkömmlichen Supercomputer praktisch unlösbar ist“, wie der Physiker John Preskill 2012 das Kriterium der Quantenüberlegenheit definierte. Wenn Quantencomputer dennoch nicht imstande sein werden, alle digitalen Probleme dieser Welt zu lösen, können sie mit Sicherheit ein großes Problem verursachen: durch die enorme Zahl von Qubits können sie fast alle heute gängigen Verschlüsselungsalgorithmen knacken, die eine relativ sichere Kommunikation im Internet garantieren.

      Algorithmen geben uns den Takt vor

      Algorithmen sind allgegenwärtig. Sie haben sich so gut wie in alle Bereiche unseres modernen Alltags eingenistet, meist sogar, ohne dass wir davon Kenntnis nehmen. Ihre Bedeutung wächst täglich, dennoch weiß fast die Hälfte der Europäer nicht, was Algorithmen sind. So hat eine repräsentative Studie der Bertelsmann-Stiftung herausgefunden, dass rund 48 Prozent gar nicht wissen, worum es sich bei Algorithmen handelt. 15 Prozent der Befragten haben den Begriff überhaupt noch nie gehört, und 33 Prozent haben ihn zwar einmal vernommen, wissen jedoch nicht, was er bedeutet. Lediglich 8 Prozent meinen, gut über Algorithmen Bescheid zu wissen.13

      Regelbasierte algorithmische Systeme sind Berechnungsverfahren, um rechnerische Probleme zu lösen. Sie werden von Menschen programmiert und daher können wir diese Entwicklung auch selbst steuern. Ihre vielfältigen Einsatzmöglichkeiten und ihre Auswirkungen sind somit absehbar. Weil Algorithmen berechenbar sind, stehen wir auch keineswegs vor einer unbewältigbaren Herausforderung, wie manchmal behauptet wird. Laut Bertelsmann-Studie sehen 46 Prozent der EU-Bürger im Einsatz von Algorithmen Vorteile, für rund 20 Prozent überwiegen die Nachteile. Ganz gleich, welche Einstellung wir pflegen, der Algorithmen-Kompetenz wird in Zukunft in unserer Gesellschaft immense Bedeutung zukommen, die in frühester Kindheit vermittelt und erlernt und das ganze Leben lang erweitert und vertieft werden wird.

      Programmierer im digitalen Zeitalter sind gefordert, nicht nur technische Probleme in den Griff zu bekommen, sondern auch juristische, gesellschaftliche, ethische und wirtschaftliche Aspekte bei ihrer Problemlösung miteinzubeziehen. Geisteswissenschaftler werden nicht umhinkommen, sich der Technik und den Naturwissenschaften anzunähern, und in der Medizin ist die Entwicklung bereits dermaßen fortgeschritten, dass sich das Berufsbild in einigen Bereichen schon grundlegend verändert hat.

      Namensgeber des Algorithmus war der Autor eines Mathematiklehrbuchs, der iranische Universalgelehrte, Mathematiker, Astronom und Geograf Abu Dscha’far Muhammad ibn Musa al-Chwarizmi, latinisiert „Algorismi“, der im 9. Jahrhundert n. Chr. wirkte. Doch was steht hinter dem abstrakten Begriff des Algorithmus?

      Vereinfacht gesagt, ist ein Algorithmus eine Abfolge logischer Anweisungen, die vorgeben, wie eine Aufgabe ausgeführt werden soll. Übersetzt in unsere analoge Lebenswelt bedeutet das: Nicht einmal eine Verkehrsampel funktioniert ohne Algorithmus, da dieser das exakte Schaltverhalten lenkt. Die Automatik in Fahrzeugen, das Online-Shopping oder jede Geldüberweisung werden von Algorithmen geregelt. Auch eine IKEA-Bauanleitung, YouTube-Videos mit Problemlösungsinstruktionen, die Wegbeschreibung für Ortsunkundige und nicht zuletzt Kuchenrezepte sind Algorithmen.

      Rezepte der Computerwissenschaft

      Computeralgorithmen benötigen jedoch exaktere Angaben als Backrezepte. So muss die Beschreibung jedes einzelnen Schritts eindeutig sein. Anweisungen in Kochrezepten sind nie eindeutig definiert und könnten von einem unerfahrenen Anwender falsch verstanden werden. Wann ist Butter schaumig? Wann ist der Eischnee steif?

      Algorithmen sind obendrein begrenzt. Sie müssen als endlicher Text festgehalten sein und nach klar definierten Schritten zur Lösung führen. In Algorithmen kann es zum Beispiel auch Anweisungen für Wiederholungen geben, die nacheinander – aber nicht nebeneinander, wie beispielsweise beim Kuchenbacken – zu befolgen sind. Ein mathematischer Algorithmus sollte außerdem für jeden einzelnen Problemfall das richtige Ergebnis liefern.14

      Es gibt unzählige verschiedene Methoden, Algorithmen zu klassifizieren. Eine einmalige oder einheitliche Einteilung gibt es nicht, da die Ziele, die es zu erreichen gilt, unterschiedlich sind. Maßgeblich ist, die Aufgaben der realen Welt, für die der Algorithmus herangezogen wird, zu erfüllen.

      Wie Algorithmen ticken

      Ein algorithmisches Sortierverfahren stellt z. B. die Priorisierung dar, die eine Rangliste von Suchergebnissen schafft. Google Search verwendet sie, um die Suche nach einer bestimmten Seite zu prognostizieren. Navigationssysteme arbeiten ebenfalls nach diesem Prinzip, wenn sie die schnellste Route ermitteln, und Netflix schlägt jene Filme vor, die man als nächste anschauen könnte. Auch der von IBM entwickelte Schachcomputer Deep Blue bestand grundsätzlich aus einem Priorisierungsmodus, der berechnete, welcher Zug die größten Siegeschancen brachte, als er 1996 den amtierenden Schachweltmeister Garri Kasparow in einer Partie und 1997 in einem vollständigen Wettkampf aus sechs Partien bezwang.

      Ein Verfahren zur Einteilung von Objekten oder Situationen in einzelne Klassen beherrschen – wie der Name bereits verrät – Klassifizierungsalgorithmen. Diese Algorithmen erkennen und entfernen unangemessene Inhalte auf YouTube, beschriften Urlaubsfotos und sind auch imstande, handschriftliche Notizen einzuscannen und jedes Zeichen als einen eigenen Buchstaben zuzuordnen. Klassifizierungsalgorithmen sind auch für die Werbeanzeigen im Internet verantwortlich. Wenn die Timeline auf Facebook laufend Fotos von Traumreisezielen zeigt, steht mit höchster Wahrscheinlichkeit der Urlaub vor der Tür, ist die Reifeprüfung geschafft oder man hat einfach nur viele Urlaubsfotos von Freunden geliked. Auch Werbeanzeigen können durch solche Algorithmen jederzeit im Internet aufpoppen. Nachdem dieser Algorithmus Alter, Familie, Wohnort, Beruf, Vorlieben und Abneigungen sowie Freundschaften und soziales Umfeld kennt, ist seine Trefferquote hoch. Da solche Klassifikationsalgorithmen permanent im Hintergrund laufen, kennen sie den Nutzer in- und auswendig.

      Anders der Kombinationsalgorithmus, der nach Beziehungen zwischen Einzelheiten, die er markiert, sucht. Das können Dinge, Persönlichkeitsmerkmale oder Einstellungen ebenso sein wie Interessen im Fall von Amazon. Dessen automatisierte Empfehlungen basieren auf einer ähnlichen Grundlage. Dabei kombiniert der Algorithmus die Interessen des Kunden mit jenen von früheren Käufern. Auch Dating-Algorithmen arbeiten nach diesem Prinzip und suchen nach Verbindungspunkten zwischen ihren Mitgliedern, um im Fall wie von Parship und anderen Agenturen passende Partner vorzuschlagen.

      Für Spracherkennungsassistenten werden Filteralgorithmen, wie sie auch in sozialen Medien herangezogen werden, verwendet, die sich auf das Wesentliche fokussieren. Ihre Aufgabe ist es, das Signal von der Geräuschkulisse zu unterscheiden. So werden Spracherkennungsalgorithmen wie Alexa, Siri, Cortana und Co. trainiert, die die Stimme aus den Hintergrundgeräuschen herausfiltern, bevor sie entziffern,

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