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Der Theologiebegriff ist in jener Zeit allerdings noch nicht fixiert und wird kaum verwendet. Frühchristliche Denker wie Justin der MärtyrerJustin der Märtyrer (100–165) oder Clemens von AlexandrienClemens von Alexandrien (150–215) verstehen sich als Philosophen. Für sie ist das Christentum die wahre Philosophie. Dieser Grundzug wird bereits bei den sogenannten ApologetenApologetenApologeten sichtbar. Sie versuchen, im 2. und 3. Jahrhundert die christliche Überlieferung mit der antiken Philosophie zu verbinden, um den Christusglauben gegenüber Einwänden der heidnischen Philosophie sowie des Judentums zu verteidigen. Wichtige Vertreter sind neben Justin Aristides von AthenAristides von Athen (erste Hälfte 2. Jh.) und AthenagorasAthenagoras (133–190). Justin greift hierzu auf die philosophische Logoslehre des mittleren Platonismus sowie der StoaStoa zurück und verbindet sie mit dem Prolog des Johannesevangeliums. Platonismus und Christentum stehen nicht im Widerspruch zueinander, sie stimmen überein, da beiden derselbe LogosLogosLogos zugrunde liegt. Christus ist für Justin der Logos bezie[30]hungsweise die Weltvernunft (griechisch: logos spermatikos, Vernunftkeim), die zunächst bei Gott ist und sich in der SchöpfungSchöpfung in die Welt entäußert. Der Gedanke des Logos erklärt, warum sich auch im Denken der Heiden, zum Beispiel bei SokratesSokrates und Platon, WahrheitWahrheit findet. Sie alle haben Anteil an dem sich in die Welt entäußernden Logos. Freilich ist dieser in Jesus Christus Mensch geworden. In ihm ist folglich der ganze Logos offenbart, in dem Denken der Philosophen hingegen nur Bruchstücke. Die Logoslehre erlaubt es, sowohl die Wahrheit des Christentums mit den Mitteln der Philosophie zu begründen als auch an einer – wenn auch abgestuften – Wahrheit der Philosophie festzuhalten.

      Bei den ApologetenApologeten tritt die *KosmologieKosmologie in den Vordergrund des Interesses. PlatonPlaton habe, wie Justin betont, die von ihm in seinem DialogDialogTimaios ausgeführte Schöpfungslehre direkt von MosesMose aus dem ersten Buch der Bibel übernommen. Der KosmosKosmos ist für die frühchristlichen Denker ein geordnetes Ganzes, von Gott geschaffen und von seiner Weltvernunft durchwaltet. Das Urteil Adolf von HarnacksHarnack, Adolf von (1851–1930), die Dogmenbildung der Alten KircheKircheAlte stelle eine verfremdende und überformende *Hellenisierung des Christentums dar, hat an den kosmologischen Spekulationen der Apologeten seinen Anhalt.

      Wichtige Zentren der frühchristlichen KulturKulturfrühchristliche waren das ägyptische Alexandria und Nordafrika. In der Metropole am Nildelta formierte sich das Denken des griechisch sprechenden christlichen Ostens, in Nordafrika das des lateinischen Westens. Clemens von AlexandrienClemens von Alexandrien sowie OrigenesOrigenesOrigenes (185–254) markieren den Höhepunkt der apologetischen Strömung im Osten. Auch sie verstehen sich noch als Philosophen. Das Christentum ist ihnen die wahre Philosophie. Origenes führte nicht nur die Logoslehre zu ihrem Höhepunkt, er schuf mit seinem Werk Vier Bücher von den Prinzipien (lateinisch: De principiis) die erste umfassende Darstellung der Inhalte des christlichen Glaubens. Allerdings ist dieses Werk lediglich in einer lateinischen Übersetzung aus dem vierten Jahrhundert von Rufinius von AquileiaRufinius von Aquileia (ca. 345–411/412) überliefert. Origenes, der ein hochgebildeter Schriftsteller war – er studierte vermutlich bei dem neuplatonischen Philosophen Ammonius SakkasAmmonius Sakkas (gest. 241/42), dem Lehrer PlotinsPlotin (205–270) –, verfasste neben seinem systematischen Werk zahlreiche exegetische Abhandlungen, die für die Herausbildung der HermeneutikHermeneutik eine zentrale Rolle spielen. In den Vier Büchern von den Prinzipien[31]entwickelt er auf der Grundlage der platonischen Philosophie ein umfassendes theologisches System. Es nimmt seinen Ausgang bei der Trinitätslehre und geht dann weiter zur SchöpfungSchöpfung, deren AbfallAbfall von Gott und der durch Christus vermittelten Rückkehr der abgefallenen Welt zu Gott. Die sichtbare Welt ist für Origenes nicht das Werk des göttlichen Schöpferwillens. Sie verdankt sich dem Fall des Menschen.

      Der aus Karthago stammende TertullianTertullianTertullian (150–nach 220), der sich in späteren Jahren der rigorosen asketischen Bewegung der *Montanisten anschloss, prägte das theologische Denken im lateinischen Westen des römischen Reiches. Ausgebildet in Jurisprudenz und Rhetorik schärfte er vor allem die lateinische theologische Begriffssprache. Die Grundbegriffe der Trinitätslehre sowie der ChristologieChristologie wurden von ihm geschaffen. Wichtige Charakteristika des westlichen theologischen Denkens begegnen bereits bei ihm: die ethische Zuspitzung des christlichen Glaubens sowie das Interesse an hierarchischen kirchlichen Ordnungsstrukturen. Von Bedeutung wird die sogenannte Glaubensregel (lateinisch: regula fidei). Sie gilt als Zusammenfassung der auf die ApostelApostel zurückgehenden christlichen Überlieferung, der autoritative Geltung zukommt. Deren Träger sind der zweiteilige biblische Kanon sowie die Kirche.

      Der römische Kaiser KonstantinKonstantin (zwischen 277 und 288–337) machte das bislang verfolgte und später tolerierte Christentum zur Staatsreligion. Es fungierte von nun an als Integrationsmedium in dem kulturell und religiös heterogenen römischen Reich. Die neue Bedeutung der christlichen ReligionReligionchristliche bildet auch den Hintergrund der dogmatischen Entscheidungen der Alten KircheKircheAlte über das trinitarische und christologische Dogmadas trinitarische und christologische Dogmachristologisches Dogma im 4. und 5. Jahrhundert. Im Jahre 325 berief der römische Kaiser das KonzilKonzil (in Anlehnung an Apg 15 eine Versammlung von kirchlichen Amtsträgern) von Nicäa ein, um die theologischen Streitereien über die Gottheit Christi und dessen Verhältnis zu Gott dem Vater zu schlichten. Im Neuen Testament finden sich sehr unterschiedliche Aussagen über den Christus. Im Johannesevangelium sagt Jesus zum Beispiel, „Ich und der Vater sind eins.“ (Joh 10,30). Wenig später heißt es jedoch im selben Evangelium, „der Vater ist größer als ich“ (Joh 14,28). Wie sind solche divergierenden BekenntnisseBekenntnis des GottessohnGottessohnes zu interpretieren? Im sogenannten arianischen Streit kam der Konflikt der Interpretationen zum [32]Austrag. Der alexandrinische Diakon und PresbyterÄlteste, PresbyterAriusAriusArius (gest. 336) hatte behauptet, Christus sei zwar das höchste der Geschöpfe, aber – wie aus Stellen des vierten Evangeliums hervorgeht – Gott untergeordnet. Der Monotheismus, den der alexandrinische Denker vertrat, ließ neben dem einen Gott keinen zweiten zu. Christus wird dadurch zu einem Gott untergeordneten Mittlerwesen. Der Widerspruch gegen diese christologische Position wurde schnell laut. Auch er konnte sich auf das Neue Testament berufen. Insbesondere Athanasius von AlexandrienAthanasius von AlexandrienAthanasius von Alexandrien (um 298–373) machte gegen Arius geltend, Christus könne den Menschen nur dann erlösen, wenn er selbst ganz Mensch und ganz Gott sei. Der GottessohnGottessohn ist also nicht, wie sein alexandrinischer Widersacher behauptet, ein irgendwann geschaffenes Wesen, er gehört vielmehr von Ewigkeit an zu Gott. Auf dem Konzil von Nicäa wurde die Position des Athanasius durchgesetzt und die Anhänger des Arius exkommuniziert. Christus ist wesenseins (griechisch: homoousios, lateinisch: consubstantialis) mit Gott dem Vater. Allerdings fanden die Konzilsbestimmungen von 325, sie fixierten die dogmatischen Bestimmungen des dreieinigen Gottes, im griechisch sprechenden Osten des römischen Reiches nur wenig Zustimmung. Die Theologen der OstkirchenOstkirchen empfanden die Formulierungen als unbiblisch und häretisch. Erst die Bemühungen der sogenannten drei großen Kappadokier (*NeonizänianismusNeonizänianismus), Basilius von CaesareaBasilius von Caesarea (gest. 378), Gregor von NazianzGregor von Nazianz (gest. 390) und Gregor von NyssaGregor von Nyssa (gest. 395) führten zu einer Klärung. Während das BekenntnisBekenntnis von Nicäa lediglich die WesenseinheitHomoousie, Wesenseinheit, Wesensgleichheit von Gott dem Vater und dem Sohn formulierte, fügte das von Konstantinopel im Jahre 381 die Homoousie des Heiligen GeistesGeistHeiliger hinzu. Dem waren Streitigkeiten über das Verhältnis des Geistes zu Gott vorangegangen.

      Die wichtigsten christologische Entscheidungen der Alten Kirchechristologischen Entscheidungen der Alten KircheKircheAlte fielen im 5. Jahrhundert. Schon im Neuen Testament wird Jesus von Nazareth mit Titeln bedacht (*christologische Hoheitstitelchristologische Hoheitstitel), die ihn auf eine Ebene mit Gott stellen. An sie knüpfte die weitere Diskussion an. In den ersten Jahrhunderten sind die Bestimmungen und Aussagen, die man von Christus machte, allerdings noch sehr im Fluss.

      Infobox

       Entwicklung der ChristologieChristologie in der Alten KircheKircheAlte:

      Die frühchristlichen Denker arbeiteten sehr unterschiedliche Modelle und Konzeptionen aus, um die religiöse Bedeutung Jesu zu fassen. Die wichtigsten Modelle sind:

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